Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2007 - VIII ZR 269/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte zu 1 mietete von den Klägern ab dem 1. August 2004 ein Hausgrundstück in S. , das sie zusammen mit dem Beklagten zu 2 bewohnt. Die Kläger kündigten im Lauf des Jahres 2005 das Mietverhältnis mit Schreiben ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mehrmals fristlos und nehmen die Beklagten auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts sowie auf Zahlung von rückständiger Miete und Nutzungsentschädigung in Anspruch ; die Beklagten berufen sich auf ein Recht zur Minderung der Miete we- gen Mängeln der Mietsache und auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen unterbliebener Mangelbeseitigung.
- 2
- Das Amtsgericht hat die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs für gerechtfertigt gehalten und der Räumungs- und Herausgabeklage durch ein Teilurteil stattgegeben; zugleich hat das Amtsgericht sich die Anordnung von Beweiserhebungen zur Feststellung der konkreten Höhe des der Beklagten zu 1 zustehenden Mietminderungsbetrages und des geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts vorbehalten. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der diese ihr Begehren auf Abweisung der Räumungsund Herausgabeklage weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
- 5
- Die Beklagten seien zur Räumung und Herausgabe des Mietobjekts verpflichtet. Zwar habe bei der Beklagten zu 1 ein die fristlose Kündigung rechtfertigender Zahlungsverzug entgegen der Auffassung des Amtsgerichts weder bei der Kündigung vom 6. Juli 2006 noch bei den weiteren fristlosen Kündigungen vorgelegen. Die Kläger hätten jedoch mit ihrer Kündigung vom 6. Juli 2006 das Mietverhältnis aus einem anderen wichtigen Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB wirksam fristlos gekündigt. Die Beklagten hätten die Vertragsgrundlage zerrüt- tet, indem sie einen Wanddurchbruch zwischen Küche und Wohn-/Esszimmer vorgenommen und das Schwimmbad trotz Abmahnung nicht ordnungsgemäß betrieben und nicht ordnungsgemäß stillgelegt hätten; angesichts dieses Verhaltens sei den Klägern die weitere Durchführung des Vertrages unzumutbar.
II.
- 6
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in prozessualer Hinsicht nicht stand. Die Revision rügt - ebenso wie schon die Berufung der Beklagten - zu Recht, dass dem Räumungs- und Herausgabeanspruch der Kläger durch ein Teilurteil stattgegeben worden ist.
- 7
- Ein Teilurteil ist unzulässig, wenn es eine Frage entscheidet, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche noch einmal stellt, weil dann die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht. Ein Teilurteil gemäß § 301 ZPO darf daher nur ergehen, wenn die Beurteilung des durch das Teilurteil entschiedenen Anspruchs, auch unter Berücksichtigung einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht, vom Ausgang des Streits über die weiteren Ansprüche unabhängig ist (st.Rspr.; Senatsurteil vom 22. Juni 2005 - VIII ZR 378/04, MietPrax-AK, § 301 ZPO Nr. 1, unter II; Senatsurteil vom 18. Juli 2007 – VIII ZR 236/05, WM 2007, 1901, Tz. 25). Diese Grundsätze haben das Amtsgericht und das Berufungsgericht nicht beachtet. Das Berufungsgericht hätte das unzulässige Teilurteil des Amtsgerichts nicht bestätigen dürfen, sondern hätte das Teilurteil aufheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverweisen müssen.
- 8
- 1. Das mit einem Zahlungsverzug der Beklagten zu 1 (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BGB) begründete Teilurteil des Amtsgerichts über die Verurteilung der Beklagten zur Räumung und Herausgabe des Mietobjekts ist unzulässig. Es birgt die Gefahr widersprechender Entscheidungen in sich, weil das Amtsgericht bei der späteren Entscheidung über den Zahlungsanspruch an sein Teilurteil über den Räumungsanspruch und die hierzu getroffenen Feststellungen zum Zahlungsverzug der Beklagten nicht gebunden ist (Senatsurteil vom 22. Juni 2005, aaO). Deshalb könnte das weitere Verfahren über den Zahlungsanspruch , wenn das Teilurteil inzwischen rechtskräftig geworden ist, zu dem Ergebnis führen, dass die von der Beklagten zu 1 geltend gemachte Mietminderung und das Zurückbehaltungsrecht in solcher Höhe begründet sind, dass Mietrückstände, die eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB gerechtfertigt hätten, nicht bestanden; das widerspräche dem auf Mietrückstände gestützten Teilurteil über die Räumung.
- 9
- Ebenso könnte im Rechtsmittelverfahren über das vom Amtsgericht erlassene Teilurteil ein die fristlose Kündigung rechtfertigender Zahlungsverzug der Beklagten zu 1 mit Mietrückständen entgegen der Auffassung des Amtsgerichts verneint und die Räumungsklage dementsprechend abgewiesen werden; auch daran wäre das Amtsgericht bei seiner späteren Entscheidung über das Zahlungsbegehren der Kläger nicht gebunden, so dass es das Vorliegen von Mietrückständen, die eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten, wiederum bejahen könnte; dies widerspräche einer im Rechtsmittelverfahren erfolgten Abweisung der Räumungsklage.
- 10
- 2. An der Unzulässigkeit des vom Amtsgericht erlassenen und vom Berufungsgericht bestätigten Teilurteils ändert sich nichts dadurch, dass das Berufungsgericht das Recht der Kläger zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses nicht auf einen Zahlungsverzug der Beklagten zu 1 mit Mietrückständen, sondern auf einen anderen wichtigen Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB (Zerrüttung der Vertragsgrundlage) gestützt hat. Die Gefahr widersprechender Entscheidungen ist dadurch nicht beseitigt worden. Hätte nämlich die Begrün- dung des Berufungsgerichts im Rechtsmittelverfahren keinen Bestand, so käme es darauf an, ob die Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs begründet ist; vom Standpunkt des Berufungsgerichts müsste die Räumungsklage dann abgewiesen werden. An diese Entscheidung wären jedoch das Amtsgericht und auch das Berufungsgericht im nachfolgenden Zahlungsprozess - wie ausgeführt (unter 1) - nicht gebunden (Senatsurteil vom 22. Juni 2005, aaO). Es könnte also im Zahlungsprozess über die Mietrückstände zu einem Urteil kommen, nach dem die (abgewiesene) Räumungsklage doch begründet gewesen wäre. Das soll vermieden werden.
III.
- 11
- Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann über die Unzulässigkeit des Teilurteils selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Er hebt auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Amtsgerichts auf und verweist die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 3 ZPO an das Amtsgericht zurück (vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 2007, aaO, Tz. 27). Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
AG Starnberg, Entscheidung vom 11.01.2006 - 1 C 2028/05 -
LG München II, Entscheidung vom 25.07.2006 - 12 S 651/06 -
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(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.
(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.
(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird, - 2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder - 3.
der Mieter - a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder - b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht, - 2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder - 3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.
(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.
(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.
(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.
(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird, - 2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder - 3.
der Mieter - a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder - b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht, - 2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder - 3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.
(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
- 1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist