Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2001 - VII ZR 480/00

published on 08/11/2001 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2001 - VII ZR 480/00
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 480/00 Verkündet am:
8. November 2001
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VOB/B § 14 Nr. 4

a) Erstellt der Auftraggeber gemäß § 14 Nr. 4 VOB/B selbst eine Schlußrechnung,
müssen darin die Leistungen auf der Grundlage des abgeschlossenen Vertrages
abgerechnet werden.

b) Liegt für die Abrechnung eines Einheitspreisvertrages ein Aufmaß noch nicht vor
und ist es zur Ermittlung der Positionspreise notwendig, muß der Auftraggeber es
selbst nehmen und seiner Berechnung zugrunde legen. Die Kosten für Aufmaß
und Abrechnung trägt der Auftragnehmer unter den Voraussetzungen des § 14
Nr. 4 VOB/B.

c) Die durch den Auftraggeber abgerechnete Forderung wird in dem Zeitpunkt fällig,
in dem die Rechnung dem Auftragnehmer zugeht.
BGH, Urteil vom 8. November 2001 - VII ZR 480/00 - OLG Jena
LG Mühlhausen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 16. November 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht Werklohn geltend. Der Beklagte erhebt unter anderem die Einrede der Verjährung. Allein darum geht es in der Revision. Der Beklagte beauftragte die Klägerin am 19. Oktober 1995 auf der Grundlage von zwei Einheitspreisangeboten mit Bauleistungen. Die Parteien streiten darüber, ob ein Einheitspreis- oder ein Pauschalvertrag geschlossen wurde. Die VOB/B war vereinbart. Nach Abnahme der Leistungen forderte der Beklagte die Klägerin zur Erstellung der Schluûrechnung auf. Nachdem er diese angemahnt hatte, erstellte er am 20. Dezember 1996 eine eigene Schluûabrechnung , in der er lediglich die Endpreise aus den Vertragsangeboten sowie die Vergütung für zwei anerkannte Nachträge addierte. Auûerdem nahm er
verschiedene Abzüge für Baustrom, Bauwasser, Skonto und Sicherheitseinbehalt vor. Die Klägerin hat am 30. Dezember 1996 sodann eine eigene Rechnung erstellt. Aus dieser Rechnung nach Aufmaû und Einheitspreisen verlangt sie mit der im Februar 1999 zugestellten Klage Restwerklohn. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch in Höhe von 84.340,60 DM weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält die Werklohnforderung für verjährt. Die Forderung sei zum 20. Dezember 1996 fällig geworden. Der Beklagte habe zu diesem Tage eine prüfbare Schluûrechnung erstellt. Darin seien die Endsummen aus den Angeboten unverändert übernommen worden. Die Klägerin sei in der Lage gewesen, durch Abrechnung der von ihr behaupteten Mehr- und Minderleistungen die Richtigkeit dieser Aufstellung zu überprüfen und ihre Gegenrechnung aufzumachen. Ob die vorgenommenen Abzüge vom Werklohn gerechtfertigt seien, spiele für die Prüfbarkeit keine Rolle. Die Verjährung habe in dem Zeitpunkt begonnen, in dem die Rechnung von dem Beklagten erstellt worden sei. Daû die Klägerin diesen Zeitpunkt nicht
gekannt habe, sei Folge ihrer Vertragsuntreue und müsse sie hinnehmen. Ein Prüfungszeitraum von zwei Monaten sei der Klägerin nicht zuzubilligen. Die zweijährige Verjährungsfrist sei Ende 1998 abgelaufen, ohne daû sie durch die Klage unterbrochen worden sei. Die Klage sei zwar 1998 erhoben , jedoch erst am 26. Februar 1999 zugestellt worden. Diese Zustellung wirke nicht zurück, weil die Klägerin einen erheblichen Zeitraum der Verzögerung zu vertreten habe, so daû sie nicht mehr "demnächst" erfolgt sei.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Das Berufungsgericht befaût sich nicht damit, ob die Parteien einen Einheitspreisvertrag oder einen Pauschalvertrag geschlossen haben. In der Revision ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, daû die Parteien einen Einheitspreisvertrag geschlossen haben. Die Forderung aus diesem Vertragstyp ist nicht verjährt. 1. Das Berufungsgericht geht von der zweijährigen Verjährungsfrist für die Werklohnforderung aus. Zutreffend nimmt es an, daû die Verjährung mit Schluû des Jahres beginnt, in dem die Forderung fällig wird und die Fälligkeit von der Abnahme, der Erteilung der prüfbaren Schluûrechung sowie dem Ablauf der Prüfungsfrist abhängt. Das Berufungsgericht sieht auch richtig, daû der Auftraggeber seinerseits die Verjährungsfrist in Gang setzen kann, wenn der Auftragnehmer die alsbaldige Erstellung der Schluûrechnung unterläût. Der Auftraggeber darf in einem solchen Fall nach erfolgloser Fristsetzung selbst die prüfbare Schluûrechnung aufstellen, § 14 Nr. 4 VOB/B, und damit den für den Verjährungsbeginn maûgeblichen Zeitpunkt bestimmen, in dem die Schluû-
zahlung verlangt werden kann (BGH, Urteil vom 22. Dezember 1983 - VII ZR 213/82, BauR 1984, 182, 183 = ZfBR 1984, 74; Urteil vom 10. Mai 1990 - VII ZR 257/89, BauR 1990, 605, 607 = ZfBR 1990, 226). 2. Das Berufungsgericht verkennt jedoch die Anforderungen an die vom Auftraggeber aufzustellende Schluûrechnung, mit der diese Wirkungen herbeigeführt werden können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muû der Auftraggeber in der Schluûrechnung die Leistungen des Auftragnehmers berechnen und dabei alle ihm zugänglichen Leistungen einstellen. Es ist dann Sache des Auftragnehmers, nach Prüfung der vom Auftraggeber aufgestellten Schluûrechnung deren Berichtigung zu verlangen (BGH, Urteil vom 22. Dezember 1983 - VII ZR 213/82, BauR 1984, 182, 184). Daraus folgt, daû der Auftraggeber eine Abrechnung der erbrachten Leistungen auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung vornehmen muû, soweit ihm das möglich ist. Ein Einheitspreisvertrag ist deshalb grundsätzlich nach § 14 Nr. 1 VOB/B abzurechnen. Danach ist der Werklohn auf der Grundlage der tatsächlichen Mengen nach Einheitspreisen positionsbezogen zu berechnen. Liegt ein Aufmaû noch nicht vor und ist es zur Ermittlung der Positionspreise notwendig, muû der Auftraggeber es nehmen und seiner Berechnung zugrunde legen. Nur auf diese Weise ist in der Regel gewährleistet, daû die Schluûrechnung des Auftraggebers zu einer abschlieûenden und sachgerechten Klärung des Werklohnanspruchs aus dem Einheitspreisvertrag führen kann. Die Kosten für Aufmaû und Abrechnung hat nach § 14 Nr. 4 VOB/B der Auftragnehmer zu tragen. 3. Diesen Anforderungen entspricht die Abrechnung des Beklagten nicht. Er hat aus den dem Vertrag zugrundeliegenden Angeboten und Nachträgen lediglich die Gesamtendpreise addiert. Eine den Anforderungen entsprechende Abrechnung erfolgte erst am 30. Dezember 1996 durch die Klägerin
auf der Grundlage des Aufmaûes. Diese Rechnung der Klägerin ist dem Beklagten 1997 zugegangen, so daû die Verjährung nicht vor Ablauf des Jahres 1999 eintreten konnte. Die im Februar 1999 zugestellte Klage hat unter der Voraussetzung, daû ein Einheitspreisvertrag geschlossen worden ist, die Verjährung rechtzeitig unterbrochen.

III.

Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für die erneute Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin: Sollte ein Pauschalvertrag geschlossen worden sein, ist die Forderung verjährt.
a) Auch für den Fall, daû die Parteien einen Pauschalvertrag geschlossen haben, setzt die Fälligkeit des Werklohnanspruchs grundsätzlich die Erteilung einer prüfbaren Schluûrechnung voraus (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1988 - VII ZR 302/87, BGHZ 105, 290, 293). Legt der Auftragnehmer eine Rechnung nicht vor, kann der Auftraggeber sie ebenso wie beim Einheitspreisvertrag selbst erstellen und damit unter den Voraussetzungen des § 14 Nr. 4 VOB/B die Fälligkeit begründen. Diese Schluûrechnung des Auftraggebers genügt den Anforderungen jedenfalls dann, wenn sie den vereinbarten Pauschalpreis sowie die angenommenen Nachtragsangebote in die Abrechnung einstellt und die Abschlagszahlungen berücksichtigt (vgl. BGH, aaO). Dem entspricht die Rechnung des Beklagten. Diejenigen Nachträge, die der Beklagte von vornherein als nicht geschuldet ablehnte, muûte er nicht berücksichtigen. Das Berufungsgericht weist ferner zutreffend darauf hin, daû es nicht darauf an-
kommt, ob die Abzüge von dem vertraglich vereinbarten Werklohn berechtigt waren.
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, wird die Werklohnforderung nicht bereits in dem Zeitpunkt fällig wird, in dem der Auftraggeber die Schluûrechnung erstellt (so aber Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., B § 14 Rdn. 65), sondern erst mit dem Zugang der Rechnung (Beck´scher VOB-Komm/Cuypers, § 14 Nr. 4 Rdn. 26). Die Klägerin hat die Rechnung des Beklagten noch im Jahre 1996 erhalten. Das ergibt sich aus ihrem Vortrag, sie habe die Rechnung des Beklagten zum Anlaû genommen, am 30. Dezember 1996 eine eigene Rechnung aufzustellen.
c) Die Fälligkeit der vom Auftraggeber gestellten Forderung hängt nicht davon ab, daû noch eine weitere Frist von zwei Monaten abgelaufen ist. Nach § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B ist die Schluûzahlung spätestens zwei Monate nach Zugang der vom Auftragnehmer vorgelegten Schluûrechnung zu leisten. Diese Regelung schützt den Auftraggeber, der Gelegenheit haben soll, die Rechnung zu prüfen. Sie ist nicht anwendbar, wenn die Schluûrechnung nicht vom Auftragnehmer , sondern vom Auftraggeber erstellt wird.
d) Zu Unrecht rügt die Revision, aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergebe sich nicht, daû der Beklagte eine angemessene Frist zur Erstellung der Schluûrechnung gesetzt habe. Aus dem vom Berufungsgericht erwähnten Schreiben des Beklagten vom 20. Dezember 1996 geht hervor, daû dieser mit Schreiben vom 28. November 1996 eine Nachfrist gesetzt hatte. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, daû eine bis zum 20. Dezember 1996 verlängerte Frist unangemessen kurz gewesen sei. Dafür ist auch nichts ersichtlich.
Ullmann Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka
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published on 14/02/2017 00:00

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Vorbehaltsurteil des Landgerichts Stuttgart vom 29. Juli 2016, Az. 20 O 482/15, wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
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