Bundesgerichtshof Urteil, 28. Feb. 2002 - VII ZR 455/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus abgetretenem Recht Schadensersatz wegen Behinderung der Bauausführung nach § 6 Nr. 6 VOB/B. Die Beklagte hatte die Firma F. am 24. März 1994 mit Bauarbeiten an ihrer Gesamtschule beauftragt. Die Geltung der VOB/B war vereinbart. Nach Ziff. 32.2 der ZVB wirkt eine Abtretung von Forderungen des Auftragnehmers dem Auftraggeber gegenüber unter anderem erst dann, wenn sie diesem vom alten Gläubiger (Auftragnehmer) und vom neuen Gläubiger schriftlich angezeigt worden ist.Die Arbeiten wurden im Jahre 1995 fertiggestellt und abgenommen. Die Schlußrechnung der Firma F. vom 23. Januar 1996 belief sich auf einen Betrag von rund 7,7 Mio. DM brutto. Zusätzlich lastete die Firma F. der Beklagten "Mehrkosten aus Bauzeitverlängerung" und "Zusatzkosten aus Störfaktoren" in Höhe von insgesamt 865.170,77 DM brutto an. Ein Verfahren vor der VOBSchiedsstelle des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein verlief insoweit ergebnislos. Im März 1998 trat die Firma F. diese Forderung an die Klägerin ab. Die Klägerin hat einen Mahnbescheid erwirkt, der der Beklagten am 7. April 1998 zugestellt worden ist. Nach Widerspruch ist die Anspruchsbegründung am 11. Dezember 1998 bei Gericht eingegangen und der Beklagten zusammen mit der Abtretungsvereinbarung und einer Mitteilung über die Abtretung am 18. Januar 1999 zugestellt worden. Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt , das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.I.
Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in NJW-RR 2001, 819 veröffentlicht ist, hält die Klageforderung für verjährt. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. 1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, für die Forderung der Klägerin gelte die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Diese habe mit Ablauf des Jahres 1996 gemäß § 201 Satz 1 BGB begonnen. Das läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Verjährungsfrist endete somit bei regelrechtem Verlauf am 31. Dezember 1998. 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Ansicht des Berufungsgerichts , eine Unterbrechung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids bzw. der Anspruchsbegründung setze voraus, daß die Klägerin im Zeitpunkt der Zustellung berechtigt gewesen sei, die Forderung geltend zu machen (vgl. Urteile vom 3. Juli 1980 - IVa ZR 38/80, BGHZ 78, 1, 3, 4 und vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, BGHR BGB § 209 Abs. 1, Berechtigter 1 = NJW 1999, 2110, 2111). 3. Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin sei erst am 18. Januar 1999 nach Ablauf der Verjährungsfrist Berechtigte hinsichtlich der Klageforderung geworden. Erst an diesem Tag sei der Beklagten entsprechend Ziff. 32.2 ZVB die Mitteilung über die Abtretung zugegangen. Das in dieser Vertragsbestimmung enthaltene eingeschränkte Abtretungsverbot sei wirksam vereinbart worden. Die Abtretung sei auch nicht gemäß § 354 a HGB von Anfang an wirk-sam gewesen. Denn diese Norm erfasse den vorliegenden Fall weder tatbestandlich noch zeitlich. 4. Für die Entscheidung kommt es nicht darauf an, ob § 354 a HGB anwendbar ist, denn die Verjährung war aufgrund eines zwischen der Firma F. und der Beklagten getroffenen Stillhalteabkommens (pactum de non petendo) gemäû § 202 Abs. 1 BGB gehemmt. Hierauf weist die Revision zu Recht hin. Den entsprechenden unstreitigen Vortrag der Parteien hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt.
a) Ein die Verjährung nach § 202 Abs. 1 BGB hemmendes Stillhalteabkommen , das auch stillschweigend getroffen werden kann, ist dann anzunehmen , wenn der Schuldner aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung berechtigt sein soll, vorübergehend die Leistung zu verweigern und der Gläubiger sich umgekehrt der Möglichkeit begeben hat, seine Ansprüche jederzeit weiterzuverfolgen (BGH, Urteil vom 6. Juli 2000 - IX ZR 134/99, NJW 2000, 2661, 2662). Ein Ziel des Stillhalteabkommens ist es, eine gerichtliche Auseinandersetzung über eine strittige Forderung einstweilen zu verhindern (MünchKomm-BGB/Grothe, 4. Aufl., § 202 Rdn. 6).
b) Die Vereinbarung der Firma F. und der Beklagten über die Anrufung der Schiedsstelle beim Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein ist ein Stillhalteabkommen. Am 11. November 1996 fand eine Besprechung statt, die dazu dienen sollte, hinsichtlich der strittigen Positionen der Schluûrechnung "einen Konsens zu finden, um langjährige und kostenträchtige gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden". Es wurde beschlossen, die Möglichkeit einer Vorlage zur VOB-Schiedsstelle des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein ab-
zuklären. Auch wenn sich keine Partei dem Bescheid unterwerfen müsse, sei zumindest "dann die Berechtigung der Ansprüche beziehungsweise Standpunkte geklärt". Dementsprechend wandte sich die Firma F. mit Schreiben vom 19. Dezember 1996 an die genannte Stelle "als Nachprüfstelle im Sinne des VOB/B § 18 Nr. 2". Am 18. April 1997 fand ein Erörterungstermin mit allen Beteiligten statt. Mit Schreiben vom 7. Mai 1997 unterbreitete der Vorsitzende einen Schlichtungsvorschlag. Dieser wurde zum Teil akzeptiert. Hinsichtlich der der Klageforderung zugrundeliegenden Positionen erhob die Firma F. Einspruch. Nach Erörterung mit der Beklagten und mit deren Einverständnis wandte sie sich insoweit nochmals an die Schiedsstelle und bat um einen erneuten Erörterungstermin. Dies wurde mit Schreiben des Vorsitzenden vom 5. September 1997, eingegangen bei der Firma F. am 10. September 1997, abgelehnt. Diese Absprachen der Firma F. und der Beklagten über die Anrufung der Schiedsstelle enthalten bei interessengerechter Auslegung Stillhalteabkommen für die Zeit vom 11. November 1996 bis zum 10. September 1997. Die strittigen Positionen sollten, um möglichst Zeit und Geld zu sparen, für beide Seiten verbindlich bis zum Abschluû des Schlichtungsverfahrens einer gerichtlichen Auseinandersetzung entzogen werden. Die Verjährung war für diesen Zeitraum gehemmt (§§ 202 Abs. 1, 205 BGB). Im Zeitpunkt der Zustellung der Abtretungsanzeige war damit die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen. Dies kommt der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Firma F. zugute (BGH, Urteil vom 2. März 1982 - VI ZR 245/79, NJW 1982, 1761, 1762).
II.
Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben , die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird nunmehr den geltend gemachten Anspruch dem Grunde nach zu prüfen haben.Ullmann Thode Kuffer Kniffka Bauner
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Die Verjährung ist gehemmt, solange der Schuldner auf Grund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist.
Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung verjähren in zehn Jahren.
Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des Anspruchs. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.