Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2004 - VII ZR 190/03
published on 14/10/2004 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2004 - VII ZR 190/03
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Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 190/03 Verkündet am:
14. Oktober 2004
H e i n z e l m a n n,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
AGBG § 3
Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers in einem Einheitspreisvertrag
„Auch bei einem Einheitspreisvertrag ist die Auftragssumme limitiert“
ist überraschend und wird daher nicht Vertragsbestandteil.
AGBG § 9 Bf
Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers "Zusätzliche
Leistungen werden nur nach schriftlich erteiltem Auftrag bezahlt" benachteiligt den
Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen und ist daher unwirksam
(Bestätigung von BGH, Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 53/03).
Die Prüfung und Abzeichnung der Schlußrechnung durch den Architekten bindet den
Auftraggeber auch dann nicht als kausales Schuldanerkenntnis, wenn er selbst die
Rechnung an den Auftragnehmer weitergeleitet hat.
BGH, Urt. v. 14. Oktober 2004 - VII ZR 190/03 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Juni 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von den Beklagten restlichen Werklohn. Die Beklagten beauftragten die Klägerin mit Bauarbeiten an einem Bauvorhaben in W. unter Vereinbarung der VOB/B. Der Bauvertrag vom 3. März 1998, der auf ein Leistungsverzeichnis mit Einheitspreisen Bezug nimmt, weist eine Auftragssumme von brutto 320.000 DM aus. Der Beklagte ist der Auffassung , damit sei ein Höchstpreis vereinbart. Im Vertrag findet sich die hand-schriftliche Bezeichnung "Einheitspreisvertrag". Nr. 3.5. der von den Beklagten gestellten Vertragsklauseln lautet: "Auch bei einem Einheitspreisvertrag ist die Auftragssumme limitiert. Zusätzliche Leistungen werden nur nach schriftlich erteiltem Auftrag bezahlt." Die Klägerin rechnete die erbrachten Leistungen in ihrer Schlußrechnung vom 27. November 2000 mit 410.245,02 DM ab. Unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen und Kürzungen verlangt sie noch 91.011,60 DM. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 20.406,75 € uneingeschränkt und in Höhe von weiteren 9.884,39 € Zug um Zug gegen Stellen einer Gewährleistungsbürgschaft stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Zurückweisung der Berufung weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 EGBGB).I.
1. Das Landgericht ist nach Beweisaufnahme zur Ansicht gelangt, die Parteien hätten einen Einheitspreisvertrag geschlossen. Die Vertragsklausel Nr. 3.5 sei dahin zu verstehen, daß die der Klägerin zustehende Vergütung ohne Skonto und Nebenkosten auf 320.000 DM begrenzt sei. Das Berufungsgericht ist der Meinung, der Bauvertrag stelle nicht einen Einheitspreisvertrag mit Höchstpreisklausel, sondern einen gewöhnlichen Einheitspreisvertrag dar. Eine solche Höchstpreisklausel wäre zwar individualrechtlich möglich. Eine so verstandene Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wäre jedoch eine ungewöhnliche und seltene Form der Vergabe von Bauleistungen. Zu deren Wirksamkeit wäre deshalb eine eindeutige und unmißverständliche Formulierung erforderlich gewesen. Daran fehle es hier. Der Wortlaut müsse nicht notwendig im Sinne einer Vergütung der Summe als Höchstbetrag verstanden werden. Die Bedenken gegen die Eindeutigkeit der Klausel seien auch nicht durch das Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz ausgeräumt. Da keine Preisdeckelung vereinbart worden sei, sei nach den ermittelten Massen abzurechnen. 2. Dagegen wenden sich die Beklagten im Ergebnis ohne Erfolg.a) Die Verfahrensrüge der Beklagten, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft die in erster Instanz erhobenen Beweise anders als das Landgericht gewürdigt, hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 564 ZPO).
b) Die Beklagten beanstanden im Ergebnis ohne Erfolg, daß das Berufungsgericht die Klägerin nicht an die Auftragssumme von 320.000 DM für gebunden hält.
aa) Satz 1 der Klausel ist als Höchstpreisklausel zu verstehen. Sie begrenzt die Vergütung auf einen bestimmten Betrag, auch wenn sich bei einer Abrechnung nach Massen und Einheitspreisen ein höherer Betrag ergibt. Diese Klausel ist nicht Vertragsbestandteil geworden (§ 3 AGBG). Die Parteien haben in Nr. 1 unter „Vertragsgegenstand - Vertragsart“ den Vertrag als „Einheitspreisvertrag“ bezeichnet. Diese Bezeichnung ist handschriftlich eingetragen. Dem Vertrag liegt ein Leistungsverzeichnis zugrunde, das mit Einheitspreisen versehen ist. Bei der Vergütung der Bauleistungen wird die Auftragssumme als „Einheitspreissumme“ bezeichnet. Damit ist dem Vertrag das Gepräge eines Einheitspreisvertrages gegeben. Dieser zeichnet sich dadurch aus, daß nach tatsächlichen Massen und Einheitspreisen abgerechnet wird. Eine Klausel, die im weiteren Vertragstext diesen Abrechnungsmodus dadurch verändern will, daß sie eine Limitierung vorsieht, ist überraschend. Ein Auftragnehmer, der einen Einheitspreisvertrag geschlossen hat, muß nicht damit rechnen, daß durch das Klauselwerk des Auftraggebers der Charakter des Einheitspreisvertrages dahin verändert wird, daß die dem Einheitspreisvertrag innewohnende Möglichkeit eine von der Menge abhängige Vergütung zu verlangen ab einem bestimmten Höchstpreis ausgeschlossen ist. bb) Satz 2 der Vertragsklausel, wonach zusätzliche Leistungen nur nach "schriftlichem Auftrag" bezahlt werden, ist unwirksam (BGH, Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 53/03, BauR 2004, 488 = ZfBR 2004, 258 = NZBau 2004, 146). Ein Ausschluß aller Ansprüche aus vertraglich nicht vorgesehenen Leistungen benachteiligt den Auftraggeber unangemessen.
II.
1. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, daß eine Begrenzung der Vergütung der Klägerin für die im Vertrag vorgesehenen Leistungen auf 320.000 DM nicht wirksam vereinbart worden ist. Demnach seien die Leistungen nach den durch Aufmaß ermittelten Massen abzurechnen. Danach stehe der Klägerin eine Restforderung von 30.291,14 € zu. Der Vergütungsanspruch für zusätzliche Leistungen richte sich nach § 2 Nr. 6 VOB/B. Dabei seien bei Klageerhebung auf der Basis der vom Architekten der Beklagten geprüften Rechnung nur 12.671,73 DM im Streit gewesen. In der Klageerwiderung hätten die Beklagten sich nicht mehr an das Ergebnis der Rechnungsprüfung durch den Architekten gehalten. Sie hätten vielmehr alle Massen, die über die in der Leistungsbeschreibung enthaltenen hinausgingen, teilweise pauschal, teilweise konkret bestritten. Die Beklagten seien nach Rechnungsprüfung durch ihren Architekten und Mitteilung des Ergebnisses dieser Prüfung an die Klägerin gehindert, über die vom Architekten vorgenommenen Kürzungen hinaus die der Schlußrechnung der Kläger zugrundeliegenden Massenansätze zu bestreiten. Sie seien vielmehr an die korrigierten Massenansätze gebunden. Der Architekt habe die Rechnung geprüft und mit Häkchen versehen. Damit seien die in der Abrechnung übernommenen Rechnungsposten verbindlich festgelegt worden. Die Beklagte zu 1 habe die geprüfte Schlußrechnung der Klägerin übersandt und damit zum Ausdruck gebracht, daß sie diese Rechnungsposten akzeptiere. Dies gelte auch, soweit der Architekt vermerkt habe, die Massenansätze seien nicht mehr zu kontrollieren. Die gerichtliche Prüfung sei demnach darauf zu beschränken , inwieweit die noch streitigen Kürzungen, die der Architekt vorgenommen habe, berechtigt seien.2. Dagegen wenden sich die Beklagten mit Erfolg. Der Prüfvermerk eines Architekten ist eine Wissenserklärung dem Auftraggeber gegenüber, daß die Rechnung fachlich und rechnerisch richtig ist. Eine Wissenserklärung ist keine rechtsgeschäftliche Erklärung des Architekten namens seines Auftraggebers gegenüber dem Unternehmer und damit kein Angebot zum Abschluß eines kausalen Schuldanerkenntnisses (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - VII ZR 241/00, BauR 2002, 613 = ZfBR 2002, 345 = NZBau 2002, 345). Nichts anderes gilt, wenn der Architekt die Schlußrechnung prüft und mit Häkchen versieht. Daran ändert auch nichts, daß die Beklagte zu 1 die Rechnung an die Klägerin gesandt hat (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - VII ZR 241/00 aaO). Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen eines kausalen Schuldanerkenntnisses fehlen. Dieses setzt voraus, daß die Parteien mit der Vereinbarung das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewißheit entziehen wollten (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - VII ZR 215/93, NJW 1995, 960 = BauR 1995, 232 = ZfBR 1995, 82).
III.
Das Urteil hat demnach keinen Bestand, weil das Berufungsgericht den Beklagten versagt, sich gegen die Schlußrechnung auch hinsichtlich der Positionen zu verteidigen, die vom Architekten der Beklagten zu 1 geprüft sind. Die weitere Verhandlung gibt dem Berufungsgericht auch die Möglichkeit , sich mit den Einwendungen der Beklagten hinsichtlich der abgerechneten Böschungswinkelstützen zu befassen.Dressler Thode Wiebel Kuffer Kniffka
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Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.
Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist
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Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.
Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist
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published on 06/12/2001 00:00
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 241/00 Verkündet am: 6. Dezember 2001 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei
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published on 07/10/2016 00:00
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 12. Februar 2016 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg - Az.: 22 O 74/15 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das angefochten
published on 04/11/2014 00:00
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.02.2014 verkündete Urteil der7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an
published on 03/05/2007 00:00
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. Dezember 2004 - 18 O 346/02 - wird zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtss
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Annotations
Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.
Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.