Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2014 - VII ZR 176/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin fordert von den Beklagten restlichen Werklohn in Höhe von 38.920 € für die Anlegung eines japanischen Gartens.
- 2
- Die Beklagten sind Eigentümer einer Eigentumswohnung in L. Im Jahr 2008 beauftragten sie die Klägerin auf der Grundlage eines Angebots vom 28. Mai 2008 mit der Anlegung eines japanischen Gartens auf der zur Wohnung gehörenden Dachterrasse zu einem Pauschalpreis von 110.000 €. Gegenstand des Auftrags war ursprünglich auch die Ausführung eines Wasserfalls an der an die Dachterrasse angrenzenden Hauswand. Nachdem nach Beginn der Arbeiten im April 2009 Feuchtigkeitsprobleme an der Wand auftraten, nahmen die Beklagten von der Ausführung des Wasserfalls Abstand.
- 3
- Die Klägerin behauptet, dass als gleichwertiger Ersatz hierfür die Erstellung eines "Tsukubai", eines rituellen japanischen Waschplatzes mit Bambusrohr und Stein, sowie die Lieferung eines Meditationspodestes ("Tan") vereinbart worden sei. Das "Tsukubai" sei auch erstellt worden. Das Meditationspodest , das an der für den Wasserfall vorgesehenen Stelle errichtet werden sollte, sei dagegen auf Wunsch der Beklagten nicht ausgeführt worden.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Klage sei mangels hinreichender Darlegung der Restwerklohnforderung nicht fällig. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision, mit der sie ihre Klageforderung weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht ist der Auffassung, es liege ein gekündigter Pauschalpreisvertrag vor, weil das "Tan" als Bestandteil der Kompensationsleistung für den aus dem Auftrag herausgenommenen Wasserfall nicht gefertigt und geliefert worden sei. Soweit sich die Klägerin darauf berufe, es liege insoweit lediglich eine Kulanzleistung vor, sei dieser Vortrag neu und gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verspätet. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich vielmehr, dass der Wasserfall nicht nur durch das "Tsukubai", sondern darüber hinaus durch ein "Tan" ersetzt werden sollte. Mit Rücksicht darauf, dass die Beklagten später die Lieferung eines "Tan" nicht mehr wünschten, sei der Vertrag als teilweise gekündigter Pauschalpreisvertrag anzusehen. Die Darlegungen der Klägerin genügten jedoch nicht den Anforderungen, die an die Abrechnung teilgekündigter Pauschalpreisverträge zu stellen seien. Die Klägerin sei der Verpflichtung zu einem schlüssigen Klagevortrag auch nicht deswegen enthoben, weil ihre Behauptungen zum Vertragsinhalt von den Beklagten bestritten worden seien.
II.
- 7
- Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die ausweislich des landgerichtlichen Urteils erhobene Behauptung der Klägerin zutrifft, die Beklagten hätten anstelle des ursprünglich in Auftrag gegebenen Wasserfalls als Kompensationsleistung die Erstellung eines sogenannten "Tsukubai" und eines Meditationspodestes ("Tan") in Auftrag gegeben. Zugunsten der Klägerin ist in der Revisionsinstanz daher davon auszugehen, dass dies der Fall ist und daher Einigkeit zwischen den Parteien bestand, dass die neue Leistung zum vereinbarten Pauschalpreis von 110.000 € erbracht wird. Soweit die Klägerin gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ihr Vorbringen, es liege hinsichtlich der Lieferung des Meditationspodestes lediglich eine Kulanzleistung vor, sei gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen, Verfahrensrügen erhoben hat, sind diese unbegründet. Der Senat hat die Rügen geprüft , sie jedoch nicht für durchgreifend erachtet, § 564 ZPO.
- 9
- 2. Auf dieser Grundlage erweist sich die Auffassung des Berufungsgerichts als rechtsfehlerhaft, die Klägerin habe die nach Abzug der geleisteten Abschlagszahlungen noch offen stehende Werklohnforderung in Höhe von 38.920 € nicht schlüssig dargelegt.
- 10
- Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass ein gekündigter Pauschalpreisvertrag vorliegt, weil die Klägerin das als Teil der Kompensationsleistung in Auftrag gegebene "Tan" nicht gefertigt und geliefert hat. Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbringen der Klägerin sollte der vereinbarte Pauschalpreis auch im Hinblick auf den geänderten Vertragsinhalt unverändert bleiben. Da die Klägerin das Meditationspodest nicht fertiggestellt und geliefert hat, ist die Vergütungsforderung grundsätzlich entsprechend den an die Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrags zu stellenden Anforderungen zu ermitteln. Danach hat der Unternehmer die erbrachten Leistungen darzulegen und von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen. Die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen ist nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Der Unternehmer muss deshalb das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2002 - VII ZR 263/01, BauR 2002, 1695 f. = NZBau 2002, 613; Urteil vom 4. Mai 2000 - VII ZR 53/99, BauR 2000, 1182, 1186 = NZBau 2000, 375 - insoweit in BGHZ 144, 242 nicht abgedruckt; Urteil vom 11. Februar 1999 - VII ZR 91/98, BauR 1999, 632, 633 f. m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt.
- 11
- Das Berufungsgericht verkennt jedoch, dass für den Fall, dass lediglich noch ganz geringfügige Leistungen ausstehen, der Werklohnanspruch, sofern keine kalkulatorischen Verschiebungen zu Lasten des Auftraggebers verdeckt werden können, auch auf die Weise berechnet werden kann, dass die nicht erbrachte Leistung bewertet und von der Gesamtvergütung abgezogen wird (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2000 - VII ZR 53/99, BauR 2000, 1182, 1187 = NZBau 2000, 375 - insoweit in BGHZ 144, 242 nicht abgedruckt; Urteil vom 16. Januar 1986 - VII ZR 138/85, BGHZ 96, 392, 394). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Bei den Leistungen für die Fertigung und Lieferung des Meditationspodestes handelt es sich im Hinblick auf die von der Klägerin geschuldete Gesamtleistung um eine lediglich geringfügige Leistung. Deren Wert hat die Klägerin mit insgesamt 5.015 € beziffert. Die Klägerin hat damit den Anforderungen genügt, die im Einzelfall an die Darlegung des Werklohnanspruchs nach Teilkündigung des Pauschalpreisvertrages zu stellen sind.
- 12
- 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben. Sie ist aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um diesem die Gelegenheit zu geben, die erforderlichen Feststellungen nachzuholen. Das Berufungsgericht wird in diesem Zusammenhang insbesondere zu klären haben, ob die von den Beklagten bestrittene Behauptung der Klägerin zutrifft, die Beklagten hätten für die Herausnahme des Wasserfalls die Erstellung eines "Tsukubai" und eines Meditationspodestes in Auftrag gegeben, und ob die Par- teien darüber einig waren, dass der vereinbarte Pauschalpreis im Hinblick auf den geänderten Leistungsumfang unverändert bleiben sollte.
Vorinstanzen:
LG Aurich, Entscheidung vom 24.01.2012 - 3 O 474/11 (166) -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 29.05.2012 - 2 U 15/12 -
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(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.
(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.