Bundesgerichtshof Urteil, 25. Sept. 2009 - V ZR 33/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen.
Tatbestand:
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- Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft R. straße 87 - 121 in K. . In § 7 Abs. 3 der Teilungserklärung heißt es: "Die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile, Anlagen und Einrichtungen der Wohnanlage sind auf gemeinsame Kosten dauernd in gutem Zustand zu erhalten. Schäden an den nach außen weisenden Fenstern und Türen der Wohnung sind jedoch von den Wohnungseigentümern auf ihre Kosten zu beseitigen."
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- In der Eigentümerversammlung vom 5. Juli 2007 beschlossen die Eigentümer mehrheitlich diese Regelung "wie folgt … (zu behandeln): Neben den (in § 7 Abs. 3 der Teilungserklärung) … aufgeführten Schäden sind sämtliche Instandhaltungsmaßnahmen an den Terrassenfenstern und Terrassentüren von den jeweiligen Eigentümern auf seinen Namen und seine Rechnung zu tragen."
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- Der Kläger hat beantragt, den Beschluss für ungültig zu erklären und festzustellen, dass der Beschluss nichtig sei. Das Amtsgericht hat den Anfechtungsantrag als unzulässig und das Feststellungsverlangen als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht den Beschluss der Wohnungseigentümer für ungültig erklärt. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts. Mit der Anschlussrevision erstrebt der Kläger, die Nichtigkeit des Beschlusses vom 5. Juli 2007 festzustellen.
Entscheidungsgründe:
I.
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- Das Berufungsgericht meint, die Teilungserklärung ändere in zulässiger Weise die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WEG, indem sie die einzelnen Wohnungseigentümer dazu verpflichte, die Kosten der Beseitigung von Schäden auf der Außenseite der Türen und Fenster ihrer Wohnungen zu tragen. Hiervon weiche der Beschluss vom 5. Juli 2007 nicht ab, sondern gebe die Auslegung der Teilungserklärung durch die Wohnungseigentümer klarstellend wieder, nach der die Kosten der Beseitigung von Schäden an den Außenseiten der Fenster und Türen die Kosten von deren laufender Instandhaltung umfassten. Das führe zwar nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, wohl aber zu dessen Anfechtbarkeit, weil Beschlüsse, die Regelungen der Teilungserklärung wiederholten , überflüssig und allenfalls geeignet seien, zu Unsicherheiten zu führen.
II.
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- 1. Die Revision ist nicht begründet. Der Beschluss vom 5.Juli 2007 ist wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig.
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- Nach § 3 Abs. 2, Abs. 3 der Teilungserklärung sind die Terrassenfenster und -türen Bestandteil des gemeinschaftlichen Eigentums. Als solche sind sie gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 der Teilungserklärung "auf gemeinsame Kosten dauernd in gutem Zustand zu erhalten." An die Stelle dieser Regelung soll nach dem Beschluss vom 5. Juli 2007 eine Regelung treten, nach der jeder Wohnungseigentümer nicht nur die Kosten der Beseitigung von Schäden, sondern auch die Kosten der laufenden Instandhaltung tragen soll.
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- Den Wohnungseigentümern fehlt die Kompetenz, eine solche Regelung im Wege eines Beschlusses zu treffen. Die Wohnungseigentümer sind zu einer Änderung der Teilungserklärung durch eine Mehrheitsentscheidung grundsätzlich nicht in der Lage. Anders verhält es sich nur, wenn die Teilungserklärung eine Öffnungsklausel aufweist, wenn Gegenstand der Beschlussfassung die Verteilung von Betriebskosten nach Verursachung ist, § 16 Abs. 3 WEG, oder wenn über die Kostenverteilung in einem Einzelfall entschieden werden soll, § 16 Abs. 4 WEG. So liegt es hier nicht. Die Teilungserklärung vom 18. November 1971 ermächtigt die Wohnungseigentümer weder, die Gemeinschaftsordnung durch Beschluss zu ändern, noch können die Kosten der Instandhaltung der Außenfenster- und Türen des Gebäudes nach Verbrauch oder Verursachung erfasst werden. Ebenso wenig handelt es sich bei dem Beschluss vom 5. Juli 2007 um eine Regelung der Kostenverteilung im Einzelfall.
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- Zur Feststellung des Inhalts der Teilungserklärung kommt es nicht auf deren Verständnis durch den teilenden Eigentümer des Grundstücks oder die Miteigentümer, sondern auf den Wortlaut und den Sinn der Erklärung an, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergibt (Senat, BGHZ 139, 288, 291 f.; 156, 192, 197). Das schließt eine Auslegung von § 7 Abs. 3 Satz 1 der Teilungserklärung aus, nach der die die Kosten der laufenden Instandhaltung der zu den einzelnen Wohnungen der Anlage gehörenden Terrassentüren und Fenster von deren jeweiligen Eigentümern zu tragen seien.
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- Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur gemeinschaftlichen Kostentragung gilt nach § 7 Abs. 3 Satz 2 vielmehr nur für die Behebung von Schäden. Anders als in dem Fall, der dem Beschluss des Senats vom 22. April 1999, BGHZ 141, 224, zugrunde liegt, unterscheidet die Gemeinschaftsordnung zwischen den Kosten der Instandhaltung einerseits und den Kosten der Instandsetzung andererseits (vgl. KG ZMR 2009, 625). Hiervon weicht der Beschluss vom 5. Juli 2007 insoweit ab, als nach diesem "neben den … (in § 7 Abs. 3 Satz 2 der Gemeinschaftsordnung) aufgeführten Schäden … sämtliche In- standhaltungsmaßnahmen an den Terrassenfenstern und den Terrassentüren von den jeweiligen Eigentümern auf seinen Namen und seine Rechnung zu tragen" sein sollen. Damit werden die Kosten der Instandhaltung auf die einzelnen Wohnungseigentümer verlagert. Eine derartige Regelung kann nicht im Wege des Beschlusses von den Eigentümern der Anlage getroffen werden.
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- 2. Die Nichtigkeit des Beschlusses ist auf die Anschlussrevision des Klägers festzustellen.
III.
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- Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 ZPO.
Vorinstanzen:
AG Konstanz, Entscheidung vom 15.11.2007 - 12 C 7/07 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 03.02.2009 - 11 S 12/07 -
Annotations
(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.
(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.
(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.