Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2011 - IX ZR 73/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Rechtsstreit ist insoweit in der Hauptsache erledigt, als die Klägerin die Herausgabe der Bürgschaft der V. AG in H. vom 25. Januar 2006, BürgscheinNr. , lautend über 3.331,35 € zugunsten der Insolvenzschuldnerin P. GmbH in Ü. , verlangt hat.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Zinsen in Höhe von 1,75 v.H. aus 3.331,35 € vom 8. August 2007 bis 3. Februar 2011 zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 302,10 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit 10. Februar 2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Beklagte ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der P. GmbH (Schuldnerin). Die Klägerin ist ein Bauunternehmen , das für die Schuldnerin Arbeiten an einem Bauprojekt ausgeführt hatte. Von dem Restwerklohn hatte die Schuldnerin 3.331,35 € als Gewährleistungssicherheit einbehalten.
- 2
- Mit Schreiben vom 27. Januar 2006 übermittelte die Klägerin zur Ablösung dieses Gewährleistungseinbehaltes eine Gewährleistungsbürgschaft der V. über 3.331,35 € vom 25. Januar 2006. Gleichzeitig forderte sie die Schuldnerin zur Ausbezahlung des einbehaltenen Betrages auf.
- 3
- Die Schuldnerin zahlte den einbehaltenen Betrag nicht aus und gab auch die Bürgschaft nicht heraus. Auf ihren Antrag vom 30. März 2007 wurde am 31. Mai 2007 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 30. Mai 2007 und danach mehrfach erfolglos zur Herausgabe der Bürgschaft auf. Sie meldete die einbehaltene Restforderung zur Tabelle an. Der Beklagte erkannte diese Forderung an.
- 4
- Die Klägerin hat zunächst Herausgabe der Gewährleistungsbürgschaft, hilfsweise die Erklärung begehrt, dass Ansprüche aus der Bürgschaft nicht bestehen. Sie begehrt außerdem Erstattung der Avalkosten in Höhe von 1,75 v.H. aus der Bürgschaftssumme seit dem 31. Mai 2007 bis zur Herausgabe oder Abgabe der Enthaftungserklärung. Schließlich begehrt sie Erstattung der ihr außergerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 302,10 € nebst Zinsen.
- 5
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist mit der Maßgabe ohne Erfolg geblieben, dass die Klage derzeit unbegründet sei. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Klageansprüche in vollem Umfang weiter. Am 3. Februar 2011 hat der Beklagte die Bürgschaftsurkunde an die Klägerin herausgegeben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin insoweit die Hauptsache einseitig für erledigt erklärt.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg. Sie führt - bis auf einen geringen Teil der Zinsen - zur antragsgemäßen Verurteilung des Beklagten. Hinsichtlich der begehrten Herausgabe der Bürgschaftsurkunde hat sich allerdings die Klage im Revisionsverfahren in der Hauptsache erledigt. Dies ist auf entsprechenden Antrag der Klägerin festzustellen.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat gemeint, die Gestellung einer Bürgschaft als Austauschsicherheit sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dahin auszulegen, dass sie unter der auflösenden Bedingung stehe, dass der Auftraggeber seiner Verpflichtung zur effektiven Auszahlung des Bareinbehaltes alsbald nachkomme. Bei einer vertragswidrigen Verweigerung der alsbaldigen Barauszahlung trete die auflösende Bedingung ein mit der Folge, dass die gestellte Bürgschaft herauszugeben sei. Der Forderung aus der Bürgschaft stehe die Einrede entgegen, dass der Sicherungseinbehalt vom Schuldner nicht ausbezahlt worden sei. Diese Einrede werde mit dem Insolvenzverfahren zur endgültigen Einrede und mache die Bürgschaft wertlos. Deshalb müsse sie der Insolvenzverwalter aufgeben und die Urkunde zurückgeben.
- 8
- Vorliegend bestehe gleichwohl keine Rückgabepflicht. Zum einen sei nicht geklärt, ob die gesicherte Forderung (Gewährleistungseinbehalt) nicht oder nicht mehr bestehe. Zum anderen habe die Klägerin mit der Anmeldung ihrer Zahlungsforderung zur Tabelle konkludent ein neues Angebot auf Abschluss eines neuen Sicherungsvertrages abgegeben des Inhalts, dass Sicherungsmittel nicht das einbehaltene Geld sein solle, sondern dass dieses Sicherungsmittel durch die Bürgschaft abgelöst werden solle. Dieses Angebot habe der Beklagte konkludent durch Anerkennung der angemeldeten Forderung angenommen.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
- 10
- Die 1. Klägerin war gemäß Nr. 9.2 des Besprechungsprotokolls vom 31. August 2005/1. September 2005 berechtigt, die von der Schuldnerin gemäß Nr. 9.1 nach Maßgabe des § 17 VOB/B einbehaltene Sicherheit von 5 v.H. der Endabrechnungssumme durch eine andere Sicherheit im Sinne des § 17 VOB/B, insbesondere eine Bürgschaft, abzulösen. Von ihrem Ablösungsrecht hat die Klägerin mit Übersendung der Bürgschaft und gleichzeitiger Aufforderung zur Auszahlung des Einbehalts Gebrauch gemacht.
- 11
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Gestellung einer Gewährleistungsbürgschaft zum Austausch für einen Sicherungseinbehalt durch den hierzu berechtigten Auftragnehmer dahin auszulegen, dass sie unter der auflösenden Bedingung steht, der Auftraggeber werde seiner Verpflichtung zur effektiven Auszahlung des Bareinbehalts alsbald nachkommen. Nur unter dieser Voraussetzung ist es für den Auftragnehmer sinnvoll, sein Austauschrecht in Anspruch zu nehmen. Es ist nicht der Sinn des Austauschrechts, den Auftragnehmer auf einen Rechtsstreit über die Pflicht zur Barauszahlung oder die Berechtigung einer Aufrechnung zu verweisen. Die ihn bereits belastenden Avalzinsen kann er vernünftigerweise nur für den Fall aufwenden wollen, dass er zur Verstärkung der Liquidität sofort Bargeld erhält. Darüber ist sich auch der Auftraggeber im Klaren. Er akzeptiert diese Bedingung mit der Vereinbarung des Austauschrechts.
- 12
- Weigert sich der Auftraggeber unter Verletzung seiner vertraglichen Pflicht, die Barsicherheit alsbald auszuzahlen, tritt die auflösende Bedingung ein, unter der die Bürgschaft gestellt worden ist. Der Rechtsgrund für die Gestellung entfällt. Der Auftragnehmer kann die Bürgschaftsurkunde herausverlangen (BGH, Urteil vom 3. Juli 1997 - VII ZR 115/95, BGHZ 136, 195, 197 f). Gegenüber dem Herausgabeanspruch steht dem Auftraggeber kein Zurückbehaltungsrecht zu (BGH, Urteil vom 18. Mai 2000 - VII ZR 178/99, ZIP 2000, 1624, 1625). Der Auftraggeber muss alle Rechte aus der Bürgschaft aufgeben, das Erlöschen der Bürgschaftsverpflichtung herbeiführen und die Bürgschaftsurkunde an den Auftragnehmer - nicht etwa den Bürgen - zurückgeben (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 - VII ZR 227/07, WM 2008, 2246 Rn. 9 ff).
- 13
- 2. Das Austauschrecht ist ein vertragliches Gestaltungsrecht des Auftragnehmers. Es dient dazu, diesem die Möglichkeit zu eröffnen, die Auszahlung des einbehaltenen Restwerklohns vor Ablauf der Gewährleistungsfrist herbeizuführen (BGH, Urteil vom 13. September 2001 - VII ZR 467/00, BGHZ 148, 151, 154; vom 25. November 2010 - VII ZR 16/10, WM 2011, 213 Rn. 20).
- 14
- a) Entgegen der Ansicht des Beklagten stand es deshalb nicht im Belieben der Schuldnerin, ob sie die Bürgschaft annehmen oder den Einbehalt verwerten wollte, weil der Sicherungsfall bereits eingetreten gewesen sei.
- 15
- Enthält der Bauvertrag - wie hier - keine ausdrückliche Vereinbarung über den Sicherungsfall, ist die Vereinbarung dahin auszulegen, dass ein Sicherungsfall erst vorliegt, wenn dem Auftraggeber ein auf Geldzahlung gerichteter Gewährleistungsanspruch zusteht (BGH, Urteil vom 28. September 2000 - VII ZR 460/97, BauR 2001, 109, 111; vom 7. März 2002 - VII ZR 182/01, BauR 2002, 1543, 1544). Dementsprechend durfte die Schuldnerin die Bürgschaft nicht zurückweisen, weil ihr bei Vorlage der Bürgschaft im Januar 2006 ein Anspruch auf Geldzahlung aus der Bürgschaft noch nicht zustand. Denn zum damaligen Zeitpunkt hatte die Schuldnerin noch nicht einmal Mängel geltend gemacht. Dies erfolgte erstmals im Laufe des Rechtsstreits mit Schriftsatz vom 3. April 2009. Da die Schuldnerin nach Erhalt der Bürgschaft im Januar 2006 den Sicherungseinbehalt nicht alsbald effektiv auszahlte, war sie schon lange vor Insolvenzantragstellung am 30. März 2007 zur Rückgewähr der Bürgschaft verpflichtet.
- 16
- Die b) Gründe, mit denen das Landgericht den Herausgabeanspruch gleichwohl abgelehnt hat, greifen nicht durch. Durch die Bürgschaft sollte entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht der Gewährleistungseinbehalt gesichert werden. Die Bürgschaft hätte vielmehr als Austauschsicherheit an die Stelle des Gewährleistungseinbehalts treten sollen.
- 17
- Die Annahme eines von den Parteien konkludent abgeschlossenen neuen Sicherungsvertrages findet in dem festgestellten Sachverhalt keine Grundlage. Es spricht nichts dafür, dass bei Berücksichtigung der Interessen beider Parteien, auch derjenigen der Klägerin, in deren Anmeldung ihrer restlichen Werklohnforderung zur Tabelle ein Angebot auf Abschluss eines neuen Sicherungsvertrages liegen könnte, der für die Klägerin ausschließlich erhebliche Nachteile zur Folge gehabt hätte. Mit der Anmeldung zur Tabelle verlangte sie nicht den Einbehalt im Austausch für die Bürgschaft heraus, sondern wahrte ihren anders nicht durchsetzbaren Anspruch auf Auszahlung (§ 87, § 174 Abs. 1 InsO) des einbehaltenen Restwerklohns nach Ablauf der Gewährleistungsfrist. Die Anerkennung dieser Forderung zur Tabelle hatte auch keine sofortige Auszahlungspflicht des Beklagten zur Folge, sondern lediglich die Berücksichtigung der Forderung im Rahmen der Verteilung nach §§ 187 ff InsO.
- 18
- 3. Ist der Auftraggeber eines Bauwerks verpflichtet, nach fehlgeschlagenem Sicherheitentausch eine vom Auftragnehmer als Austauschsicherheit gestellte Gewährleistungsbürgschaft zurückzugewähren, kann dieser nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Auftraggebers die Bürgschaftsurkunde aussondern.
- 19
- a) Das Aussonderungsrecht nach § 47 InsO betrifft in erster Linie dingliche Rechte. Ein schuldrechtlicher Anspruch kann jedoch ebenfalls zur Aussonderung berechtigen, wenn der Gegenstand, auf den er sich bezieht, nicht zur Insolvenzmasse gehört (§ 47 Satz 1 Fall 2 InsO). Hierfür kommt es entscheidend darauf an, welchem Vermögen der umstrittene Gegenstand nach Inhalt und Zweck der gesetzlichen Regelung haftungsrechtlich zuzuordnen ist (MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 47 Rn. 340; HK-InsO/Lohmann, 5. Aufl. § 47 Rn. 16; Berger in Festschrift Kreft, 2004 S. 191, 198 f; a.A. Jaeger/ Henckel, InsO § 47 Rn. 122, 125). Diese Zuordnung wird in der Regel nach dinglichen Gesichtspunkten vorgenommen, weil das dingliche Recht im Grundsatz ein absolutes Herrschaftsrecht bezeichnet. Schuldrechtliche Ansprüche können aber bei einer den Normzweck beachtenden Betrachtungsweise zu einer von der dinglichen Rechtslage abweichenden Vermögenszuweisung führen (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - IX ZR 75/01, BGHZ 155, 227, 233; vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350, 359 f; MünchKomm-InsO/ Ganter, aaO; HK-InsO/Lohmann, aaO). Dementsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ein Aussonderungsrecht des Treugebers in der Insolvenz des Treuhänders anerkannt, sofern der Treuhänder das dingliche Recht - vom Treugeber oder einem Dritten - sogleich in einer seine Ausübungsbefugnis im Interesse des Treugebers einschränkenden Gestalt erhalten hat (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 aaO S. 233; vom 23. Oktober 2003 aaO S. 360).
- 20
- b) Die Schuldnerin hat die Bürgschaft von der Klägerin mit der genannten Treuhandbindung erhalten. Dies hatte zur Folge, dass von der Bürgschaft nur unter der Bedingung Gebrauch gemacht werden durfte, dass zuvor - und zwar effektiv und alsbald - die auszutauschende Sicherheit, nämlich der Sicherungseinbehalt , ausbezahlt worden war. Die Übersendung der Bürgschaft mit der genannten treuhänderischen Bindung für ihre Verwertung bewirkte, dass die Bürgschaft haftungsrechtlich bis zur Auszahlung des Bareinbehaltes der Klägerin zugeordnet blieb. Frühestens mit Auszahlung des Sicherungseinbehaltes sollte die Bürgschaft dem Vermögen der Schuldnerin zugeordnet werden.
- 21
- Sieht man hingegen in der Treuhandabrede eine auflösende Bedingung mit der Folge, dass mit Übersendung der Bürgschaftsurkunde diese und der sich aus ihr ergebende Anspruch haftungsrechtlich zunächst schon dem Auftraggeber zugeordnet sein könnte, wäre die Bürgschaft jedenfalls mit der lange vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretenen Bedingung - keine effektive Auszahlung des Einbehalts in kurzer Frist - wieder dem Vermögen der Klägerin zugefallen gewesen.
- 22
- c) An der haftungsrechtlichen Zuordnung der Bürgschaft zum Vermögen der Klägerin hat sich durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts geändert. Der Forderung des Beklagten aus der Bürgschaft stünde weiterhin die vor Verfahrenseröffnung begründete Einrede entgegen, dass der Sicherungseinbehalt vom Schuldner nicht ausbezahlt worden ist (§ 768 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese vorinsolvenzliche Einrede hat sich mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestätigt, weil der Beklagte in der Insolvenz an der erforderlichen vollen Auszahlung des Sicherungseinbehaltes nach den Vorschriften der Insolvenzordnung gehindert ist (§§ 187 ff InsO). Die bedingungsgemäß erforderliche als- baldige Auszahlung des Einbehalts könnte im Streitfall ohnehin wegen Fristablaufs nicht mehr erfolgen.
- 23
- War die Bürgschaft damit für die Masse von vornherein wertlos, erfordert es der Zweck des Insolvenzverfahrens nicht, die Bürgschaftsurkunde in der Masse zu belassen. Deshalb ist es interessegerecht, dem Treugeber ein Aussonderungsrecht zuzubilligen (im Ergebnis ebenso: OLG Brandenburg, BauR 2000, 280, 282; OLG München, BauR 2009, 1635 Rn. 16 ff; LG Bremen, BauR 2003, 1914, 1915; Jaeger/Henckel, aaO § 47 Rn. 58; Joussen in Ingenstau/ Korbion, VOB/B 17. Aufl. § 17 Abs. 3 Rn. 29; Schmitz EWiR 1998, 1049, 1050; Smid, DZWiR 1999, 256, 258).
- 24
- d) Dieses Ergebnis findet seine Bestätigung auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Einzelzwangsvollstreckung. § 47 InsO findet dort seine Parallele in § 771 ZPO. Ansprüche aus schuldrechtlichen Verträgen berechtigen zwar auch dort grundsätzlich nicht zur Drittwiderspruchsklage (Uhlenbruck /Brinkmann, InsO 13. Aufl. § 47 Rn. 1, 75). Auch dort sind jedoch Ausnahmen anerkannt. Der Bundesgerichtshof hat hier für maßgebend angesehen, ob und wieweit der Sicherungsnehmer im Verhältnis zum Sicherungsgeber berechtigt ist, das Sicherungsgut zu verwerten. Ein solches Recht steht dem Sicherungsnehmer so lange nicht zu, als nach dem Sicherungsvertrag das Sicherungsgut nicht verwertet werden darf. Ist danach der Sicherungsnehmer zu einer Verwertung gegenüber dem Sicherungsgeber nicht berechtigt, wird dem Sicherungsgeber das Widerspruchsrecht zugebilligt, wenn Gläubiger des Sicherungsnehmers die Einzelzwangsvollstreckung in das Sicherungsgut betreiben (BGH, Urteil vom 28. Juni 1978 - VIII ZR 60/77, BGHZ 72, 141, 144 ff; MünchKomm -ZPO/Karsten Schmidt, 3. Aufl. § 771 Rn. 28; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Februar 1987 - VIII. Zivilsenat, BGHZ 100, 95, 105 f; Raebel in Schuschke /Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl. § 721 Rn. 24).
- 25
- e) Ob die Klägerin vom Beklagten (zusätzlich zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde ) die Erklärung hätte fordern können, dass Ansprüche aus der Bürgschaft nicht bestehen - was nahe liegt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 - VII ZR 227/07, aaO Rn. 10 ff) -, ist nicht zu entscheiden, weil ein solcher Anspruch nur hilfsweise zum Herausgabeanspruch geltend gemacht worden ist. Daran hat sich durch die Erledigungserklärung nichts geändert.
- 26
- 4. Ein Anspruch gegen die Masse auf Erstattung der Aval-Zinsen bis zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde und der außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung, deren Höhe jeweils nicht bestritten ist, ergibt sich aus Verzug , § 280 Abs. 2, § 286 BGB. Der Beklagte musste dem Herausgabebegehren stattgeben. Verzug der Masse trat allerdings erst nach einer angemessenen Prüfungsfrist für den Beklagten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 31. Mai 2007 und der Mahnung vom 7. August 2007 ein, also am 8. August 2007.
- 27
- Die Masse haftet für die schuldhaft verzögerte Erfüllung geltend gemachter Aussonderungsansprüchen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (BGH, Urteil vom 21. September 1989 - IX ZR 107/88, WM 1989, 1815, 1816; MünchKommInsO /Hefermehl, aaO § 55 Rn. 33).
III.
- 28
- Die Aufhebung des Urteils der Vorinstanzen erfolgt wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt. Nach letzterem ist die Sache zur Endentscheidung reif. Das Revisionsgericht hat demgemäß in der Sache selbst zu entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO.
Vorinstanzen:
AG Saarbrücken, Entscheidung vom 07.08.2009 - 36 C 15/09 -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 09.04.2010 - 2 S 210/09 -
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Wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, daß ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört, ist kein Insolvenzgläubiger. Sein Anspruch auf Aussonderung des Gegenstands bestimmt sich nach den Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten.
Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.
(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach diesem Abschnitt sind auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes).
(2) Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde liegt.
(3) Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. Bei der Anmeldung solcher Forderungen ist auf den Nachrang hinzuweisen und die dem Gläubiger zustehende Rangstelle zu bezeichnen.
(4) Die Anmeldung kann durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen, wenn der Insolvenzverwalter der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesem Fall auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen.
Wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, daß ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört, ist kein Insolvenzgläubiger. Sein Anspruch auf Aussonderung des Gegenstands bestimmt sich nach den Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten.
(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.
(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.
Wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, daß ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört, ist kein Insolvenzgläubiger. Sein Anspruch auf Aussonderung des Gegenstands bestimmt sich nach den Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten.
(1) Behauptet ein Dritter, dass ihm an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehe, so ist der Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung im Wege der Klage bei dem Gericht geltend zu machen, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung erfolgt.
(2) Wird die Klage gegen den Gläubiger und den Schuldner gerichtet, so sind diese als Streitgenossen anzusehen.
(3) Auf die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung der bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln sind die Vorschriften der §§ 769, 770 entsprechend anzuwenden. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:
- 1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören; - 2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß; - 3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.
(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.
(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.
(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.