Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2014 - IX ZR 50/12

published on 10/07/2014 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2014 - IX ZR 50/12
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Previous court decisions
Landgericht Hannover, 20 O 67/10, 27/09/2010
Oberlandesgericht Celle, 13 U 166/10, 02/02/2012

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR50/12
Verkündet am:
10. Juli 2014
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der vorsätzlichen Benachteiligung bei einem Rechtsgeschäft unter
Angehörigen.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 50/12 - OLG Celle
LG Hannover
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter
Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Februar 2012 und das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 27. September 2010 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, wegen der vollstreckbaren Forderun- gen des Klägers in Höhe von 15.711,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 10.785,24 € seit dem 21. Februar 2008 sowie weiteren 899,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Februar 2008 aufgrund des Urteils des Landgerichts Hannover vom 12. Juni 2009 (Aktenzeichen 16 O 66/08), in Höhe von 1.730,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. September 2009 aufgrund des Kostenfestsetzungs -beschlusses des Landgerichts Hannover vom 11. Dezember 2009 (Aktenzeichen 16 O 66/08) und in Höhe von 4.539,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. September 2009 aufgrund des Kostenfestsetzungs -beschlusses (Vorverfahren 16 O 3528/01) des Landgerichts Hannover vom 11. Dezember 2009 (Aktenzeichen 16 O 66/08) die Zwangsvollstreckung in den 1.242/10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück H. , Flurstück Nr. Gemarkung H. , eingetragen im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Ha. , Grundbuch von H. , Blatt , zu dulden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Am 22. August 2001 erwirkte der Kläger gegen den Sohn der Beklagten (fortan: Schuldner) in einem Vorprozess ein Versäumnisurteil, durch welches der Schuldner zur Zahlung von 28.250 DM verurteilt wurde. Das Versäumnisurteil wurde im Einspruchsverfahren nach Durchführung einer Beweisaufnahme mit Urteil vom 25. Juli 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen. In dem nachfolgenden Restitutionsverfahren erreichte der Kläger eine Aufhebung des klageabweisenden Urteils, weil es durch eine von dem Schuldner veranlasste Falschaussage erwirkt worden war; der Schuldner wurde mit Urteil des Landgerichts Hannover vom 12. Juni 2009 zur Zahlung von 15.711,44 € sowie 899,40 € zuzüglich Zinsen und Kosten an den Kläger ver-urteilt. Daneben stehen dem Kläger weitere vollstreckbare Forderungen aufgrund von zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen zu. Die Vollstreckung in das Vermögen des Schuldners , der am 3. März 2010 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, verlief erfolglos.

2
Die verfahrensgegenständliche Eigentumswohnung gehörte zunächst dem Schuldner. Mit notariellem Vertrag vom 27. März 2003 übertrug er das Wohnungseigentum auf die Beklagte, welche die noch valutierenden Grundpfandrechte übernahm und dem Schuldner ein lebenslanges, unentgeltliches Wohnrecht einräumte. Ferner war die Belastung der Immobilie an die vorherige Zustimmung des Schuldners geknüpft.
3
Im März 2010 hat der Kläger die Duldung der Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum der Beklagten beantragt. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist begründet.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei wertender Betrachtung der maßgeblichen Indizien könne weder der nach § 3 Abs. 1 AnfG erforderliche Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners noch eine Kenntnis der Beklagten hiervon festgestellt werden. Es liege kein inkongruentes Deckungsgeschäft vor, weil die Übertragung des Eigentums aufgrund der notariellen Vereinbarung geschuldet gewesen sei. Der Grundstücksübertragungsvertrag selbst sei nicht ohne Gegenleistung erfolgt und belege damit ebenso wenig die Benach- teiligungsabsicht des Schuldners. Die Kenntnis des Schuldners von der Zahlungsklage und das gegen ihn erlassene Versäumnisurteil könnten zwar auf seinen Benachteiligungsvorsatz hindeuten. Allerdings fehle der erforderliche zeitliche Zusammenhang, weil der Grundstücksübertragungsvertrag erst im Jahre 2003, nach der für den Schuldner günstig verlaufenen Beweisaufnahme, abgeschlossen worden sei. Auch die Beweisanzeichen der Zahlungsunfähigkeit oder drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung schieden aus. Trotz seiner seit 1999 bestehenden Arbeitslosigkeit habe der Schuldner die Kreditraten bis zur Übertragung des Wohnungseigentums gezahlt, auch wenn er mit Beginn des Studiums im Jahre 2003 von den Eltern habe unterstützt werden müssen. Fällige, aber nicht gezahlte Verbindlichkeiten des Schuldners seien weder ersichtlich noch vorgetragen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Beklagte subjektiv überzeugt gewesen sei, nach jahrelanger finanzieller Unterstützung des Sohnes und ihrer Hilfe bei der Finanzierung des Wohnungskaufpreises einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums gehabt zu haben. Zudem sei der von ihr geltend gemachte Beweggrund nach einer weiteren Alterssicherung nachvollziehbar.

II.


6
Den gegen diese Würdigung gerichteten Rügen der Revision kann der Erfolg nicht versagt werden. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden Anfechtungstatbestandes der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung nach § 3 Abs. 1 AnfG, der eine Anfechtungsfrist von zehn Jahren vorsieht, sind erfüllt. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den streitgegenständlichen Grundbesitz nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG zu (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - IX ZR 245/06, ZIP 2008, 2136 Rn. 8, 12).
7
1. An der Anfechtungsberechtigung des Klägers nach § 2 AnfG bestehen keine Zweifel. Aufgrund des Urteils des Landgerichts Hannover vom 12. Juni 2009 und der Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 11. Dezember 2009 ist er Gläubiger mehrerer vollstreckbarer Schuldtitel und fälliger Forderungen gegen den Schuldner. Die Zwangsvollstreckung in das Vermögen blieb nach Abgabe der am 3. März 2010 geleisteten eidesstattlichen Versicherung des Schuldners erfolglos.
8
2. Die Beklagte bestreitet darüber hinaus selbst nicht, dass der Grundstücksübertragungsvertrag zu einer objektiven Benachteiligung von Gläubigern des Schuldners gemäß § 1 AnfG führte. Der Kläger hätte ohne die angefochtene Rechtshandlung die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz des Schuldners wegen seiner Forderungen betreiben können. Es ist nicht ersichtlich, dass der im Rahmen einer Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz erzielbare Erlös nicht zu einer Befriedigung des Klägers hätte führen können (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 - IX ZR 276/02, ZIP 2006, 387 Rn. 7). Die Gegenleistungen der Beklagten verschafften den Gläubigern zudem keinen Aus-gleich an haftendem Vermögen, auch nicht die Einräumung eines unentgeltlichen Wohnrechts auf Lebenszeit zugunsten des Schuldners. Die Überlassung des Wohnrechts an Dritte wurde nicht gestattet, so dass die Zwangsvollstreckung in das Wohnungsrecht gemäß § 857 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1995 - IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314, 318; vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 79/07, NZI 2009, 239 Rn. 11).

9
3. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts handelte der Schuldner zum Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung mit dem erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz.
10
a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG ist eine vorsätzliche Benachteiligung erforderlich. Hierfür genügt ein bedingter Vorsatz des Schuldners. Dass der Schuldner mit dem Ziel gehandelt hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, ist nicht geboten. Vielmehr liegt ein Benachteiligungsvorsatz schon dann vor, wenn der Schuldner bei einem auf einen anderen Zweck gerichteten Handeln die Benachteiligung als mögliche Folge seines Handelns erkennt und billigend in Kauf nimmt (BGH, Urteil vom 13. Juli 1995, aaO S. 319; vom 17. Dezember 1998 - IX ZR 196/97, NJW 1999, 1395, 1397; vom 20. Oktober 2005, aaO Rn. 16; MünchKomm-AnfG/Kirchhof, § 3 Rn. 14 ff; Huber, AnfG, 10. Aufl., § 3 Rn. 21; Paulus in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 1998, § 3 AnfG Rn. 6). Für dieses Bewusstsein reicht es aus, dass der Schuldner den Ausfall weiterer Gläubiger für möglich hält und er sich trotz dieser Kenntnis nicht von seinem Handeln abhalten lässt (MünchKomm-AnfG/Kirchhof, aaO Rn. 16).
11
Die Beweislast für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners liegt beim anfechtenden Gläubiger (Huber, aaO Rn. 30). Allerdings kann dieses subjektive Tatbestandsmerkmal - weil es sich um eine innere, dem Beweis nur schwer zugängliche Tatsache handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, NZI 2009, 768 Rn. 8; vom 7. November 2013 - IX ZR 248/12, WM 2013, 2233 Rn. 7 mwN; MünchKomm-AnfG/Kirchhof, aaO Rn. 47; Huber, aaO Rn. 24). Im Rahmen einer Gesamtwürdigung nach § 286 ZPO sind die maßgeblichen Umstände des Einzelfalles zu prüfen, welche als Erfahrungswerte für und gegen den Benachteili- gungsvorsatz des Schuldners sprechen. Indizielle Bedeutung können neben der Inkongruenz des Deckungsgeschäfts bei gleichzeitig beengten finanziellen Verhältnissen (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2013, aaO Rn. 11 ff) der Eintritt einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung und das besondere Ausmaß der Beeinträchtigung haben (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561, 1563 zu § 31 KO). Gewichtiger Anhaltspunkt kann sein, dass der Schuldner sein letztes werthaltiges Grundstück auf einen Dritten überträgt (MünchKomm-AnfG/Kirchhof, aaO). Dieses Beweisanzeichen wird durch ein Näheverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Begünstigten noch verstärkt (MünchKomm-AnfG/Kirchhof, aaO Rn. 60; vgl. auch MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 27).
12
b) Diesen Maßstäben wird die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht gerecht.
13
aa) Das Beweisanzeichen der Inkongruenz kommt in der vorliegenden Fallgestaltung tatsächlich nicht in Betracht. Die Übertragung des Eigentums kann nicht als inkongruentes Deckungsgeschäft angesehen werden, weil die Beklagte hierdurch nur das erlangt hat, was aufgrund der notariellen Vereinbarung geschuldet war (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997, aaO S. 1562; vom 6. Dezember 2001 - IX ZR 158/00, NJW-RR 2002, 478, 480). Der Grundstücksübertragungsvertrag selbst hat nur den Anspruch auf Übertragung des Eigentums geschaffen, weshalb das Kriterium der kongruenten oder inkongruenten Deckung nicht greift.
14
bb) Die übrigen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen die Annahme eines Benachteiligungsvorsatzes jedoch selbst dann, wenn von einer kongruenten Deckung der Eigentumsübertragung auszugehen sein sollte. Der erforderliche Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners hat schon bei Eingehung der später erfüllten Verpflichtung vorgelegen (vgl. MünchKomm-AnfG/ Kirchhof, aaO Rn. 88).
15
Bei der gebotenen Betrachtung des gesamten rechtsgeschäftlichen Vorgangs , der sich aus dem schuldrechtlichen Verpflichtungs- und dinglichen Erfüllungsgeschäft zusammensetzt (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1994 - IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184, 187), ergibt sich eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung zugunsten einer nahen Angehörigen des Schuldners. Die Aufgabe seines Eigentums an der Wohnung zugunsten seiner Mutter wurde nicht durch gleichwertige Gegenleistungen ausgeglichen, so dass die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger durch die vereinbarte Vermögensverschiebung objektiv verschlechtert wurden. Dies lässt darauf schließen, dass der Schuldner diese Folge bei Abschluss des Vertrages erkannt und zumindest billigend in Kauf genommen hat. Die von den Parteien gewählte Vertragsgestaltung zeigt, dass der Schuldner seinen Grundbesitz nicht endgültig aufgeben wollte, sondern nur rechtlich den Vermögenswert verschieben wollte, ohne die Vorteile der weiteren Immobiliennutzung zu verlieren. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz wird nicht dadurch ausgeschlossen , dass der Schuldner in erster Linie sich selbst oder ihm nahestehende Personen begünstigen will (MünchKomm-AnfG/Kirchhof, aaO Rn. 19 f).
16
Hinzu kommt das besondere Ausmaß der Gläubigerbenachteiligung. Andere bedeutsame Vermögenswerte besaß der Schuldner zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht. Ebenso wenig verfügte er zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung über ein pfändbares Einkommen. Er war arbeitslos und beabsichtigte , ein Studium aufzunehmen. Es war somit bereits absehbar, dass er noch über mehrere Jahre von staatlicher oder elterlicher Unterstützung abhängig sein würde. Mit der Übertragung des Grundstücks veräußerte er seinen einzigen werthal- tigen Vermögenswert, so dass den Gläubigern ein Zugriff auf pfändbares Vermögen oder Einkommen des Schuldners unmöglich gemacht wurde.
17
Für einen wenigstens bedingten Benachteiligungsvorsatz spricht zudem, dass der Schuldner bei Abschluss des Grundstücksübertragungsvertrages von der Forderung des Klägers und seiner jederzeit drohenden Zahlungsunfähigkeit Kenntnis hatte. Gegen ihn war bereits ein Versäumnisurteil ergangen, durch welches er zur Zahlung von 28.250 DM an den Kläger verurteilt worden war. Selbst wenn er hiergegen Einspruch erhoben hatte, ist der Prozessausgang noch ungewiss gewesen. Er musste mit einer Bestätigung der Versäumnis-entscheidung rechnen und damit - mangels innerhalb von drei Wochen verfügbarer liquider Mittel und sonstiger kurzfristig verwertbarer Vermögensbestandteile (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, WM 2006, 2312 Rn. 27 f; Kadenbach in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 18 Rn. 11) - auch mit einer möglichen Zahlungsunfähigkeit. Selbst wenn er seine Wohnung nur vorsorglich - für den Fall einer Titulierung der Forderung - auf die Beklagte übertragen haben sollte, läge darin eine zumindest billigende Inkaufnahme der Benachteiligung des Klägers. Dies gilt im besonderen Maße auch angesichts der Umstände, die zu der für den Schuldner positiven Zeugenaussage geführt hatten: Nach den im Restitutionsurteil getroffenen Feststellungen hatte der Schuldner die Aussage des Zeugen durch Nötigung und Körperverletzung erzwungen. Dass der Schuldner zu derartigen Mitteln gegriffen hat, um die Titulierung der Forderung gegen sich abzuwenden, ist ein er-hebliches Indiz für seinen damaligen Willen, die Durchsetzung der Forderung des Klägers um jeden Preis zu vereiteln.
18
cc) Angesichts dieser eindeutigen Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sind mögliche andere Zwecke, die der Schuldner mit der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung außerdem verfolgt haben könnte, ohne Belang. So mag die Grundstücksübertragung auch deshalb erfolgt sein, weil der Schuldner der Beklagten eine Alterssicherung zukommen lassen und für sich die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen schaffen wollte. Solche zusätzlichen Beweggründe schließen den Benachteiligungsvorsatz nicht aus. Wenn der Schuldner bei Abschluss der Vereinbarung wusste, dass er damit den Kläger und andere Gläubiger benachteiligte und sich trotz der Vorstellung dieser Möglichkeit nicht von seinem Handeln abhalten ließ, ist die Schlussfolgerung auf einen zumindest bedingten Vorsatz des Schuldners gerechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, ZIP 2003, 1506, 1509).
19
4. Die objektiven Umstände lassen zudem darauf schließen, dass die Beklagte Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners hatte.
20
a) Die Kenntnis vom Vorsatz des Schuldners im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG hat der Anfechtungsgegner, wenn er hiervon sicher wusste, also sowohl die Gläubigerbenachteiligung als auch den darauf gerichteten Willen des Schuldners erkannt hat (MünchKomm-AnfG/Kirchhof, aaO Rn. 29). Bloßes Annehmen oder Kennenmüssen genügt ebenso wenig wie eine grob fahrlässige Unkenntnis des Anfechtungsgegners (Huber, aaO Rn. 27). Auch insoweit obliegt dem anfechtenden Gläubiger die Beweislast, wobei er sich auch hier auf Beweisanzeichen stützen kann (Huber, aaO Rn. 30 ff). Zudem wird nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG die Kenntnis des Anfechtungsgegners vermutet, wenn er von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gemäß § 18 Abs. 2 InsO und der objektiven Gläubigerbenachteiligung der Handlung wusste. Kannte der Anfechtungsgegner Umstände, die zwingend auf eine mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen ließen, ist zu vermuten, dass er auch die drohende Zahlungsunfähigkeit selbst kannte (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, ZIP 2003, 1799, 1801; Huber, aaO Rn. 29). Für diesen zwingenden Schluss ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich der Anfechtungsgegner aus der Sicht eines redlich Denkenden, der vom Gedanken auf den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, angesichts der bekannten Tatsachen nicht der Einsicht verschließen konnte, dem Schuldner drohe die Zahlungsunfähigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 Rn. 14 zu § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO).
21
b) Die Kenntnis der Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ist bei den gegebenen Umständen nach § 3 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte bei Abschluss des Grundstücksübertragungsvertrags davon ausgegangen war, ihr Sohn werde die Kosten für die Wohnung nicht mehr aufbringen können. Auch waren ihr die Auseinandersetzungen zwischen ihm und dem Kläger bekannt. Bei ihrer Anhörung hat sie erklärt, Kenntnis davon erlangt zu haben, dass ihr Sohn zu einer Zahlung an den Kläger verurteilt worden war. Sie hatte demnach aufgrund der ihr bekannten Umstände angenommen, dass dem Schuldner die Zahlungsunfähigkeit drohte. Dabei wusste sie von wenigstens einem Gläubiger ihres Sohnes, dessen objektive Benachteiligung durch die Veräußerung des einzigen Vermögenswertes des Schuldners auf der Hand lag. Auch bei laienhafter Wertung kann sich die Beklagte nicht der Erkenntnis verschlossen haben , dass diesem Gläubiger das einzige mögliche Zugriffsobjekt für den Fall einer Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners entzogen wurde. Dazu, dass diese Kenntnis später entfallen ist, hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nichts vorgetragen. Genauerer rechtlicher Kenntnisse bedurfte es für diesen zwingenden Rückschluss auf die objektive Gläubigerbenachteiligung nicht.
22
Der Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe wegen ihrer langjährigen finanziellen Unterstützung des Sohnes möglicherweise gemeint, einen Anspruch auf Übertragung der Wohnung gehabt zu haben, spricht nicht gegen ihre Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners. Gleiches gilt für den Beweggrund einer zusätzlichen Alterssicherung. Es kommt nicht darauf an, was die Beklagte dazu bewogen hat, sich auf das angefochtene Rechtsgeschäft einzulassen. Maßgeblich ist vielmehr, ob sie den Beweggrund des Schuldners, seine Gläubiger benachteiligen zu wollen, erkannt hat. Dies ist angesichts ihres Wissens um die drohende Zahlungsunfähigkeit ihres Sohnes und um den unmittelbar durch das Rechtsgeschäft benachteiligten Gläubiger zu vermuten. Konkrete Kenntnisse von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Sohnes im Einzelnen sowie der genauen Höhe der Forderungen des Klägers bedurfte es hierbei nicht.

III.


23
Die Revision erweist sich als begründet, so dass die Entscheidungen der Vorinstanzen gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben sind. Da die Aufhebung der Urteile nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentschei- dung reif ist, hat der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden und der Klage insgesamt stattgegeben.
Kayser Gehrlein Lohmann
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 27.09.2010 - 20 O 67/10 -
OLG Celle, Entscheidung vom 02.02.2012 - 13 U 166/10 -
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Annotations

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, soweit es zu dessen Befriedigung erforderlich ist. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zur Verfügung zu stellen, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 6a hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die Zwangsvollstreckung in sein Vermögen bis zur Höhe des Betrags zu dulden, mit dem er als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, dem Gläubiger zur Verfügung stellt.

Zur Anfechtung ist jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, daß sie nicht dazu führen würde.

(1) Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen, können außerhalb des Insolvenzverfahrens nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen angefochten werden.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Für die Zwangsvollstreckung in andere Vermögensrechte, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen sind, gelten die vorstehenden Vorschriften entsprechend.

(2) Ist ein Drittschuldner nicht vorhanden, so ist die Pfändung mit dem Zeitpunkt als bewirkt anzusehen, in welchem dem Schuldner das Gebot, sich jeder Verfügung über das Recht zu enthalten, zugestellt ist.

(3) Ein unveräußerliches Recht ist in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung insoweit unterworfen, als die Ausübung einem anderen überlassen werden kann.

(4) Das Gericht kann bei der Zwangsvollstreckung in unveräußerliche Rechte, deren Ausübung einem anderen überlassen werden kann, besondere Anordnungen erlassen. Es kann insbesondere bei der Zwangsvollstreckung in Nutzungsrechte eine Verwaltung anordnen; in diesem Fall wird die Pfändung durch Übergabe der zu benutzenden Sache an den Verwalter bewirkt, sofern sie nicht durch Zustellung des Beschlusses bereits vorher bewirkt ist.

(5) Ist die Veräußerung des Rechts selbst zulässig, so kann auch diese Veräußerung von dem Gericht angeordnet werden.

(6) Auf die Zwangsvollstreckung in eine Reallast, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld sind die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in eine Forderung, für die eine Hypothek besteht, entsprechend anzuwenden.

(7) Die Vorschrift des § 845 Abs. 1 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund.

(2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.

(3) Wird bei einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Abwicklern gestellt, so ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der oder die Antragsteller zur Vertretung der juristischen Person oder der Gesellschaft berechtigt sind.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.

(2) Hat der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung Instrumente gemäß § 29 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes in Anspruch genommen, ist auch das Gericht örtlich zuständig, das als Restrukturierungsgericht für die Maßnahmen zuständig war.

(3) Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.