Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2017 - IX ZR 238/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. März 2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der den Streithelfern entstandenen Kosten fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Die m. oHG, deren persönlich haftende Gesellschafter die Streithelfer zu 2 und 3 (nachfolgend: Streithelfer) sind, machte vor dem Landgericht Köln eine Forderung gegen die K. GmbH geltend. Diese Forderung trat die m. oHG an die Klägerin, die Schwiegermutter des Streithelfers zu 2 und Mutter der Streithelferin zu 3, ab. In der Abtretungsurkunde ist wörtlich ausgeführt: ECLI:DE:BGH:2017:110517UIXZR238.15.0 "Die Firma m. oHG … und deren persönlich haftende Gesellschafter S. … und M. … treten hiermit folgende Forderungen ab: 1. Alle gegen die Firma K. GmbH … in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln … geltend gemachten und ihnen zustehenden Ansprüche… an Frau K. … in Höhe ihrer fortlaufenden Forderungen …"
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- Nachdem die m. oHG vor dem Landgericht Köln ein der Klage teilweise stattgebendes Urteil erwirkt hatte, zahlte die K. GmbH auf Verlangen der Streithelfer den Verurteilungsbetrag in Höhe von 50.000 € nebst Zinsen, insgesamt 73.032,30 €, auf ein Konto der Rechtsanwaltskanzlei L. . Die durch die Streithelfer vertretene m. oHG beauftragte die beklagten Rechtsanwälte (nachfolgend: die Beklagten ) namens der Klägerin, von der Rechtsanwaltskanzlei L. die Auskehr des eingezogenen Betrages zu erwirken. Entsprechend einer Zahlungsaufforderung der Beklagten entrichtete die Rechtsanwaltskanzlei L. den Zahlungsbetrag von 73.032,30 € auf ein Konto der Beklagten. Auf Verlangen der Streithelferin zu 3 überwiesen die Beklagten den Betrag auf ein Konto der R. GmbH, deren Gesellschafter die Streithelfer sind.
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- Mit vorliegender Klage nimmt die Klägerin die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil sie die ihr zustehende Forderung pflichtwidrig an die R. GmbH ausgezahlt hätten. Das Oberlandesgericht hat der erstinstanzlich abgewiesenen Klage teilweise stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
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- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des die Klage vollständig abweisenden Ersturteils.
I.
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- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
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- Die Beklagten hätten gegenüber der Klägerin eine Pflichtverletzung begangen , weil sie den von der Rechtsanwaltskanzlei L. erhaltenen Betrag nicht an die Klägerin, sondern an die R. GmbH weitergeleitet hätten. Es könne offen bleiben, wer den Beklagten das Mandat erteilt habe. Jedenfalls seien diese gehalten gewesen, die Interessen der Klägerin zu wahren und das erhaltene Geld ausschließlich an sie abzuführen. Die von der Klägerin der m. oHG erteilte Inkassovollmacht habe diese im Außenverhältnis berechtigt, die Forderung einzuziehen. Im Innenverhältnis sei jedoch ohne weiteres erkennbar gewesen, dass der Betrag materiell-rechtlich der Klägerin zustehe und auf ihr Konto zu bezahlen sei. Zudem hätten die Beklagten die der m. oHG erteilte Vollmacht ausdrücklich im Anforderungsschreiben gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei L. widerrufen. Mit- hin habe die m. oHG keine die Klägerin bindende Weisung erteilen können, die Zahlung an die R. GmbH auszukehren.
- 7
- An der Wirksamkeit der Abtretung zugunsten der Klägerin bestünden keine Bedenken. Zwar müsse die Höhe der Forderung auch für den Drittschuldner ohne besondere Nachforschungen feststellbar sein. Hier sei zwischen Zedentin und Zessionarin feststellbar, wie hoch die den Umfang der Abtretung bestimmenden Forderungen der Klägerin gegenüber der m. oHG seien. Zudem sei die K. GmbH durch die Gestaltung der Vereinbarung insoweit geschützt, als sie auf jeden Fall befreiend an die m. oHG habe leisten können. Die Abtretung sei nicht deswegen als unbestimmt unwirksam, weil eine Mehrzahl von Einzelforderungen zur Sicherung eines niedrigeren als des Gesamtbetrages abgetreten worden sei. Die K. GmbH sei nämlich durch das Landgericht Köln zur Zahlung einer einheitlichen Verbindlichkeit von 50.000 € und nicht zur Zahlung von mehreren Einzelforderungen verurteilt worden. Die Abtretung sei in Höhe von 38.250 € wirksam geworden, weil sich die Forderung der Klägerin lediglich auf diesen Betrag belaufe.
II.
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- Diese Ausführungen halten in wesentlichen Punkten rechtlicher Prüfung nicht stand.
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- 1. Entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts tragen seine bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht die Annahme, dass den Beklagten eine Pflichtverletzung anzulasten ist, weil sie den von der Rechtsanwaltskanzlei L. eingezogenen Geldbetrag entsprechend der Weisung der Streithelfer an die R. GmbH weitergeleitet haben. Beruhte diese Weisung, wie das Berufungsgericht unterstellt, auf einer den Streithelfern von der Klägerin wirksam erteilten Vollmacht, scheidet mangels durchgreifender Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Vertretungsmacht eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten aus.
- 10
- a) Das Mandatsverhältnis ist nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt zwischen der durch die m. oHG vertretenen Klägerin und den Beklagten zustande gekommen. Die m. oHG war von der Klägerin bevollmächtigt, in ihrem Namen mit den Beklagten einen Anwaltsdienstvertrag zu schließen.
- 11
- aa) Ausweislich der Abtretungsurkunde wurden die Streithelfer von der Klägerin ermächtigt, die Forderungen der m. oHG gegen die K. GmbH im eigenen Namen einzuziehen und den betreffenden Rechtsstreit fortzuführen. Eine entsprechende Ermächtigung erteilte die Klägerin den Streithelfern und der m. oHG für "weitere eventuell anstehende Forderungen". Vor diesem Hintergrund war in Einklang mit der Würdigung des Vordergerichts eine umfassende Ermächtigung der m. oHG gewollt, die auch die hier geltend gemachte, ursprünglich von ihr vor dem Landgericht Köln verfolgte Forderung umfasst. Zugleich erteilte die Klägerin den Streithelfern und der m. oHG eine "Inkassovollmacht/Handlungsvollmacht". Mit dem Begriff der Handlungsvollmacht wird regelmäßig die Befugnis zur allgemeinen - umfassenden - Vertretung zum Ausdruck gebracht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - III ZR 107/10, ZInsO 2011, 1303 Rn. 25).
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- bb) Bei dieser Sachlage verbindet sich mit der Ermächtigung zum Forderungseinzug regelmäßig die Erteilung einer Vollmacht zur Einschaltung Dritter, um den Forderungseinzug sicherzustellen. Der Bevollmächtigte ist insbesondere zur Erteilung einer Untervollmacht befugt, soweit es sich um Maßnahmen handelt, die er selbst nicht im Interesse des Vertretenen wahrnehmen kann (vgl. RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., § 167 Rn. 21). Im Streitfall bedurfte es der Einholung rechtlichen Rats, um den Forderungseinzug gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei L. zu bewerkstelligen. Mithin umfasste die Hauptvollmacht auch die Erteilung einer Untervollmacht an die Beklagten. Die Untervollmacht wurde den Beklagten zum Zwecke des Forderungseinzugs im Interesse der Klägerin ersichtlich in der Weise erteilt, unmittelbar im Namen der ursprünglichen Vollmachtgeberin, der Klägerin, zu handeln (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1960 - III ZR 83/59, BGHZ 32, 250, 253). Mithin wurden die Beklagten im Rahmen der Einziehung des Verurteilungsbetrages gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei L. als wirksam bevollmächtigte Vertreter der Klägerin tätig.
- 13
- b) Die von der Klägerin erteilte umfassende Handlungsvollmacht begründet mangels entgegenstehender tatrichterlicher Feststellungen grundsätzlich die Befugnis des Vertreters, gegenüber den Beklagten eine bindende Anordnung über die Verwendung der von ihnen zugunsten der Klägerin eingezogenen Gelder zu treffen. Bei dieser Sachlage durften die Beklagten entsprechend der ihnen durch die Streithelfer erteilten Weisung den von der Rechtsanwaltskanzlei L. eingezogenen Zahlungsbetrag an die R. GmbH weiterleiten.
- 14
- aa) Die den Streithelfern und der m. oHG von der Klägerin erteilte Vollmacht war nicht im Rahmen eines von den Beklagten an die Rechtsanwaltskanzlei L. gerichteten Schreibens widerrufen worden (§ 167 Abs. 1, § 168 Abs. 1 Satz 3 BGB).
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- (1) Die Beklagten waren als Unterbevollmächtigte der m. oHG nicht berechtigt, die dieser von der Klägerin erteilte Vollmacht zu widerrufen.
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- Eine Vollmacht kann, auch wenn es sich um eine Innenvollmacht handelt , durch Erklärung gegenüber dem Geschäftsgegner widerrufen werden (MünchKomm-BGB/Schubert, 7. Aufl., § 168 Rn. 18). Der Widerruf bringt die Vollmacht ex nunc zum Erlöschen (MünchKomm-BGB/Schubert, aaO § 168 Rn. 19). Eine Untervollmacht kann einen geringeren oder gleichen, aber keinen weitergehenden Umfang als die Hauptvollmacht haben (BGH, Urteil vom 7. März 1990 - VIII ZR 25/89, ZIP 1990, 610, 613; Staudinger/Schilken, BGB, 2014, § 167 Rn. 67; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 167 Rn. 61; Erman/ Maier-Reimer, BGB, 14. Aufl., § 167 Rn. 64). Darum kann der Hauptbevollmächtigte kraft seiner umfassenderen Vertretungsbefugnis die Vollmacht des Unterbevollmächtigten widerrufen (Staudinger/Schilken, aaO § 167 Rn. 69; Soergel /Leptien, BGB, 13. Aufl., § 167 Rn. 61; Bamberger/Roth/Schäfer, 2017, § 167 Rn. 36; NK-BGB/Ackermann, 2. Aufl., § 167 Rn. 69; Frensch in Prütting /Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl., § 167 Rn. 56). Umgekehrt ist jedoch der Unterbevollmächtigte, weil der Widerruf mit der Erteilung der Vollmacht korrespondiert (Müller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschäft, 1955, S. 108), nicht befugt, die Hauptvollmacht seines Vollmachtgebers zu beenden. Bei dieser Sachlage konnte die Vollmacht der Streithelfer und der m. oHG nicht durch das Schreiben der Beklagten an die Rechtsanwaltskanzlei L. wirksam widerrufen werden.
- 17
- (2) Zudem handelt es sich um einen auf das Verhältnis zur Rechtsanwaltskanzlei L. beschränkten Vollmachtswiderruf, welcher die Befugnisse der Streithelfer und der m. oHG gegenüber den Beklagten nicht berührte.
- 18
- Ein Widerruf muss die Vollmacht nicht insgesamt beseitigen. Auch ein teilweiser Widerruf ist möglich, durch den die fortbestehende Vollmacht lediglich beschränkt wird (Staudinger/Schilken, aaO § 168 Rn. 7; Soergel/Leptien, aaO § 168 Rn. 19). Insbesondere ist die Möglichkeit eines Teilwiderrufs der Vollmacht gegenüber einzelnen Dritten anerkannt (Staudinger/Schilken, aaO; Soergel /Leptien, aaO). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall, weil der Widerruf der Vollmacht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich dazu diente, die Rechtsanwaltskanzlei L. zur Zahlung zu bewegen. Bei dieser Sachlage sollte die Vollmacht der Streithelfer und der m. oHG im Übrigen, insbesondere gegenüber den Beklagten, fortbestehen.
- 19
- bb) Auf der Grundlage der mit Wirkung zur Klägerin gültigen Vollmacht durften die Beklagten der Weisung der Streithelferin zu 3 folgen, den bei der Rechtsanwaltskanzlei L. eingezogenen Betrag auf ein Konto der R. GmbH zu transferieren.
- 20
- (1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat grundsätzlich der Vertretene das Risiko eines Missbrauchs der Vertretungsmacht zu tragen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, WM 1999, 1617, 1618; vom 9. Mai 2014 - V ZR 305/12, WM 2014, 1964 Rn. 18; vom 14. Juni 2016 - XI ZR 74/14, BKR 2016, 383 Rn. 21). Den Vertragspartner trifft keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von seiner nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Ge- brauch zu machen (BGH, Urteil vom 1. Juni 2010 - XI ZR 389/09, WM 2010, 1218 Rn. 29; vom 14. Juni 2014, aaO). Etwas anderes gilt zum einen in dem - hier nicht gegebenen - Fall, dass der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt. Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig (§ 138 BGB, vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2000 - VIII ZR 218/99, WM 2000, 2313, 2314; vom 28. Januar 2014 - II ZR 371/12, WM 2014, 628 Rn. 10; vom 14. Juni 2016, aaO Rn. 22). Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1994 - XI ZR 239/93, BGHZ 127, 239, 241; vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 21; vom 9. Mai 2014 - V ZR 305/12, WM 2014, 1964 Rn. 18; vom 14. Juni 2016, aaO). Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Geschäftsgegners bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt (BGH, Urteil vom 14. Juni 2016, aaO).
- 21
- (2) Ein durch massive Verdachtsmomente zutage getretener evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht war für die Beklagten ersichtlich nicht gegeben. Die Klägerin hatte die Streithelfer und die m. oHG ausweislich der den Beklagten vorgelegten Urkunde mit dem Einzug der hier in Rede stehenden Forderung im Rahmen einer Inkasso- und Handlungsvollmacht beauftragt. Gleiches galt nach dem Inhalt der Urkunde für weitere an die Klägerin abgetretene Forderungen. Bei dieser Sachlage durften die Beklagten davon ausgehen, dass die Streithelferin zu 3 berechtigt war, über den Einzug der hier betroffenen Forderung frei zu disponieren. Der Vollmachtswiderruf durch die Beklagten ist insoweit nicht von Bedeutung, weil er lediglich durch den Zweck geleitet war, die Rechtsanwaltskanzlei L. zur Zahlung zu veranlassen. Dem bloßen Hinweis der Abtretungsurkunde auf das Konto der Klägerin war nicht zu entnehmen, dass Zahlungen nur auf dieses Konto erfolgen durften, zumal der Verurteilungsbetrag zunächst unbeanstandet von der Klägerin durch die Rechtsanwaltskanzlei L. eingezogen worden war. Auch vor dem Hintergrund der nach außen fortbestehenden familiären Verbundenheit der Streithelfer zu der Klägerin war die Weisung, die Zahlung an die R. GmbH auszukehren, nicht als verdächtig zu bewerten. Anhaltspunkte für eine Rückfrage der Beklagten an die Klägerin waren folglich nicht gegeben.
- 22
- c) Bislang fehlt es jedoch an abschließenden tatrichterlichen Feststellungen zur Reichweite der von der Klägerin der m. oHG und den Streithelfern erteilten Vertretungsmacht. Einer Zurückverweisung zur Klärung dieser Frage bedarf es indessen nicht, weil die Klägerin - selbst wenn man eine Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen des Forderungseinzugs unterstellt - keinen Schaden erlitten hat.
- 23
- 2. Der Klägerin ist kein Schaden (§ 249 Abs. 1 BGB) entstanden, weil die über die Rechtsanwaltskanzlei L. eingezogene und sodann an die R. GmbH abgeführte Forderung nicht wirksam an sie abgetreten worden war (§ 398 BGB).
- 24
- a) Die Abtretung entbehrt zum einen der notwendigen Bestimmtheit, weil die m. oHG eine Mehrzahl von gegen die K. GmbH gerichteten Forderungen lediglich teilweise an die Klägerin, näm- lich in Höhe von deren Forderungen, abgetreten hatte, ohne dass erkennbar ist, auf welche konkreten Forderungen der m. oHG sich die Abtretung erstreckt.
- 25
- aa) Eine Abtretung ist nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist. Dieses Erfordernis ergibt sich aus der Rechtsnatur der Abtretung, die ein dingliches Rechtsgeschäft ist. Die Abtretung bewirkt, dass das Gläubigerrecht an einer Forderung von dem bisherigen Gläubiger auf eine andere Person als neuen Gläubiger übergeht (§ 398 BGB). Wie ein Gläubigerrecht nur an einer bestimmten oder mindestens bestimmbaren Forderung bestehen kann, so kann auch nur das Gläubigerrecht an einer bestimmten oder bestimmbaren Forderung Gegenstand der Abtretung sein. An dem Erfordernis der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit fehlt es, wenn von mehreren selbständigen Forderungen ein Teil abgetreten wird, ohne dass erkennbar ist, von welcher oder von welchen Forderungen ein Teil abgetreten werden soll (BGH, Urteil vom 7. Juni 2011 - VI ZR 260/10, NJW 2011, 2713 Rn. 6 mwN).
- 26
- bb) In dieser Weise verhält es sich im Streitfall.
- 27
- (1) Die m. oHG hatte "alle gegen die Firma K. GmbH in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln geltend gemachten und ihnen zustehenden Ansprüche" an die Klägerin "in Höhe ihrer fortlaufenden Forderungen" abgetreten. Entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts betraf die Abtretung nicht eine Einzelforderung, sondern eine sich aus einer Vielzahl von Forderungen zusammensetzende Gesamtforderung über zunächst 519.397,72 €. Die beklagte K. GmbH hatte insoweit auf der Grundlage eines den Bestand der einzelnen Forderungen nicht berüh- renden deklaratorischen Schuldanerkenntnisses (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2015 - V ZR 26/15, WM 2016, 1748 Rn. 13) Provisionsforderungen über 50.000 € unstreitig gestellt. Nachdem das Landgericht Köln selbst Provisionsforderungen über 41.553,11 € als berechtigt ansah, verurteilte es die K. GmbH entsprechend dem Anerkenntnis zur Zahlung von insgesamt 50.000 €, wobei die Verzinsung nach Maßgabe der Höhe der sieben Einzelforderungen gestaffelt wurde. Bei dieser Sachlage betrifft die Abtretung, soweit es um die "geltend gemachten und zustehenden Ansprüche" geht, eine Mehrzahl von Forderungen.
- 28
- (2) Der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet, aus der Gesamtsumme mehrerer Forderungen nur einen summenmäßig bestimmten Teil abzutreten (BGH, Urteil vom 7. Juni 2011 - VI ZR 260/10, NJW 2011, 2713 Rn. 7). In dieser Weise sind indessen die Klägerin und die m. oHG verfahren, indem sie alle der m. oHG gegen die K. GmbH zustehenden Forderungen an die Klägerin abgetreten und diese Abtretung im Umfang auf die "Höhe ihrer fortlaufenden Forderungen" eingeschränkt haben. Abgetreten wurden sämtliche Forderungen der m. oHG gegen die K. GmbH, zugleich wurde das Abtretungsvolumen durch die offenen Forderungen aus der Geschäftsbeziehung zwischen der Klägerin und der m. oHG beschränkt. Vor diesem Hintergrund bleibt ungeklärt, welche Einzelforderungen von der Abtretung betroffen sind. Es ist nicht erkennbar, auf welchen Teil der Forderungen der m. oHG sich die Abtretung bezieht, weil die abgetretenen Forderungen über 50.000 € den gesicherten Betrag von 38.250 € übersteigen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2009 - IX ZR 170/07, nv Rn. 2).
- 29
- b) Die Abtretungsvereinbarung genügt zum anderen nicht dem Bestimmtheitserfordernis , weil sie auf die Höhe der "fortlaufenden Forderungen" der Klägerin gegen die m. oHG beschränkt ist und darum für die K. GmbH als Drittschuldnerin der abgetretenen Forderungen der Umfang des Forderungsübergangs nicht erkennbar war.
- 30
- aa) Die Abtretungsvereinbarung verknüpft den Umfang der Forderungsabtretung mit der zu sichernden Forderung, indem sie die Abtretung auf die "fortlaufenden Forderungen" der Klägerin begrenzt. Dadurch wird die Höhe der Abtretung ungewiss. Wie hoch die Forderung der Klägerin gegen die m. oHG war, ließ sich aus der Abtretungsvereinbarung allein weder ersehen noch errechnen, sondern nur mit Hilfe sonstiger Unterlagen jeweils für den maßgeblichen Stichtag feststellen. Insoweit war die abgetretene Forderung ihrer Höhe nach lediglich zwischen den Parteien des Abtretungsvertrags bestimmbar. Die Wirkungen eines solchen Abtretungsvertrags erstrecken sich jedoch notwendig auf den Schuldner der abgetretenen Forderung. Es kann deswegen nicht genügen, dass sich aufgrund des Vertrags nur im Verhältnis zwischen Zedenten und Abtretungsempfänger ermitteln lässt, wer von ihnen wie viel vom Schuldner fordern kann. Vielmehr muss auch der Schuldner, mindestens in gewissen Grenzen, aus dem Abtretungsvertrag oder sonstigen ihm erkennbaren Umständen entnehmen können, wie eine nur teilweise abgetretene Forderung sich auf den Zedenten und Abtretungsempfänger aufteilt und wie viel er deshalb an jeden von beiden zu leisten hat (BGH, Urteil vom 22. September 1965 - VIII ZR 265/63, NJW 1965, 2197 f; vom 12. Oktober 1999 - XI ZR 24/99, ZIP 1999, 2058, 2059 f; OLG Dresden, NJW-RR 1997, 1070, 1071).
- 31
- bb) Diesen Mindestanforderungen ist im Streitfall nicht genügt, weil die K. GmbH als Drittschuldnerin weder aus der Abtretungsver- einbarung noch sonst in zumutbarer Weise erkennen konnte, in welcher Höhe die abgetretenen Forderungen der Klägerin und der m. oHG zustanden. Insbesondere war die K. GmbH völlig im Unklaren darüber, wie hoch sich die "fortlaufenden Forderungen" der Klägerin gegen die m. oHG beliefen. Es fehlte dabei jede Eingrenzung , welche einzelnen Forderungen der Klägerin die Höhe der abgetretenen Forderungen bestimmen sollten. Darum konnte die K. GmbH nicht ermessen, in welchem Umfang die Klägerin und die m. oHG ihre Gläubigerin war. Diese Unsicherheit wurde nicht durch die von der Klägerin der m. oHG erteilte Einzugsermächtigung beseitigt. Die Einzugsermächtigung gab ihrem Inhalt nach der K. GmbH keinen Aufschluss über die auf beide Gläubiger entfallenden Forderungsanteile. Der Schuldner muss unabhängig von einer - zudem widerruflichen - Einzugsermächtigung wissen, wer in welcher Höhe Gläubiger einer gegen ihn gerichteten Forderung ist. Insbesondere bestand die Unsicherheit ungeachtet der Einzugsermächtigung fort, sofern sich die K. GmbH von der Verbindlichkeit gegenüber einer der Gläubigerinnen aufgrund einer nach Kenntnis der Abtretung erlangten Forderung im Wege der Aufrechnung befreien konnte. In dieselbe Richtung weist die Rücksichtnahme auf die Interessen konkurrierender Gläubiger. Würde einem solchen die Abtretungsvereinbarung vorgelegt, so bliebe er in völliger Ungewissheit, in welcher Höhe die Forderung etwa noch seinem Zugriff unterliegt (BGH, Urteil vom 22. September 1965, aaO S. 2198).
- 32
- c) Ohne Erfolg beruft sich die Revisionserwiderung darauf, die Abtretung sei nachträglich in ausreichend bestimmter Form vorgenommen worden. Für diese Schlussfolgerung fehlt es an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunkten.
III.
- 33
- Auf die begründete Revision der Beklagten ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), ist die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
Schoppmeyer Meyberg
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 14.03.2013 - 17 O 9273/11 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 18.11.2015 - 2 U 693/13 -
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Annotations
(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.
(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.
Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Die Vollmacht ist auch bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht aus diesem ein anderes ergibt. Auf die Erklärung des Widerrufs findet die Vorschrift des § 167 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.
Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Die Vollmacht ist auch bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht aus diesem ein anderes ergibt. Auf die Erklärung des Widerrufs findet die Vorschrift des § 167 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.