Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2001 - IV ZR 307/00

published on 04/07/2001 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2001 - IV ZR 307/00
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 307/00 Verkündet am:
4. Juli 2001
Heinekamp
Justizsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG §§ 178 a, b, 67

a) Die §§ 178 a, b VVG ändern nichts an der Gestaltungsfreiheit des Versicherers,
die Krankentagegeldversicherung als Summen- oder Schadensversicherung auszuformen.

b) Eine nach den MB/KT 94 abgeschlossene Krankentagegeldversicherung ist
Summenversicherung. Die Vorschrift des § 67 VVG ist deshalb nicht anwendbar.
BGH, Urteil vom 4. Juli 2001 - IV ZR 307/00 - OLG Stuttgart
LG Tübingen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt
und die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
4. Juli 2001

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2000 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Krankentagegeldversicherer eines Unfallopfers, die Beklagte Haftpflichtversicherer des Schädigers. Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus übergegangenem Recht die Erstattung von Krankentagegeld in Höhe von 14.030,- DM, das sie ihrem Versicherungsnehmer nach Ablauf einer Karenzzeit von 42 Tagen gezahlt hat.
Dem Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Versicherungsnehmer liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung zugrunde. Diese enthalten in Teil I die Rahmenbedingungen 1994 (RB/KT 94).

In § 4 RB/KT 94, der § 4 der Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung für die Krankentagegeldversicherung aus dem Jahre 1994 (MB/KT 94; abgedruckt bei Prölss/Martin VVG 26. Aufl. S. 1679 ff.) entspricht, heißt es u.a.:
"(1) Höhe und Dauer der Versicherungsleistungen ergeben sich aus dem Tarif, diesen Rahmenbedingungen und den Tarifbedingungen. (2) Das Krankentagegeld darf zusammen mit sonstigen Krankentage - und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete, aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen. Maßgebend für die Berechnung des Nettoeinkommens ist der Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate vor Antragstellung bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, sofern der Tarif keinen anderen Zeitraum vorsieht. (4) Erlangt der Versicherer davon Kenntnis, daß das Nettoeinkommen der versicherten Person unter die Höhe des dem Vertrage zugrunde gelegten Einkommens gesunken ist, kann er ohne Unterschied , ob der Versicherungsfall bereits eingetreten ist oder nicht, das Krankentagegeld und den Beitrag mit Wirkung vom Beginn des zweiten Monats nach Kenntnis entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen herabsetzen. Bis zum Zeitpunkt der Herabsetzung wird die Leistungspflicht im bisherigen Umfang für eine bereits eingetretene Arbeitsunfähigkeit nicht berührt. ..." Nr. 3 des maßgeblichen Tarifs KTN bestimmt u.a. folgendes: 3.1. Allgemeine Leistungsanpassung "In Abständen von längstens zwei Jahren wird das vereinbarte Krankentagegeld entsprechend der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage der gesetzlichen Rentenversicherung angepaßt (allgemeine Leistungsanpassung). ...

Das aufgrund einer allgemeinen Leistungsanpassung angepaßte Krankentagegeld darf das Nettoeinkommen nicht übersteigen (§ 4 (2) RB/KT 94). Erlangt der Versicherer davon Kenntnis, daß aufgrund von allgemeinen Leistungsanpassungen das versicherte Krankentagegeld höher ist als das Nettoeinkommen, so werden die allgemeinen Leistungsanpassungen zurückgenommen, die zur Überhöhung des Krankentagegeldes führten, und das versicherte Krankentagegeld insofern entsprechend rückwirkend herabgesetzt. ... 3.2 Individuelle Leistungsanpassung Der Versicherer verpflichtet sich, den Versicherungsschutz zum Ersten des auf den Antrag des Versicherungsnehmers folgenden Monats den geänderten Verhältnissen anzupassen, wenn und soweit
a) durch eine Ä nderung des regelmäßigen, aus der beruflichen Tätigkeit herrührenden Nettoeinkommens eine Erhöhung des vereinbarten Krankentagegeldes notwendig ist, um das vorherige prozentuale Verhältnis des Krankentagegeldes zum Nettoeinkommen wiederherzustellen. ..."
Die Klägerin stützt ihren Rückgriff auf § 67 VVG. Sie meint, die Vorschrift sei über § 178 a Abs. 2 Satz 1 VVG direkt oder zumindest entsprechend anzuwenden, weil die vorliegende Krankentagegeldversicherung in Form einer Schadensversicherung geführt werde. Die Beklagte geht von einer Summenversicherung aus und hält deshalb § 67 VVG für nicht anwendbar.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Erstattungsanspruch mit folgender Begründung versagt:
Die Krankentagegeldversicherung sei eine Summenversicherung. Versichert sei nicht der jeweilige konkrete Verdienstausfall, sondern der abstrakte Bedarf, von dem angenommen werde, daß er bei Arbeitsunfähigkeit eintreten könne. Daran habe sich durch § 178 a Abs. 2 Satz 1 VVG, eingefügt durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Juli 1994 (BGBl. I 1630), nichts geändert. Diese Vorschrift treffe keine Aussage darüber, ob eine Versicherung nach den Grundsätzen der Schadensversicherung betrieben werde, sondern erkläre § 67 VVG lediglich für anwendbar, soweit der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt werde. Das aber hänge jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch aus der amtlichen Begründung zu § 178 b VVG ergebe sich nichts anderes.
Die Möglichkeit zur Anpassung der Höhe des Tagegeldes gemäß § 4 RB/KT 94 rechtfertige ebenfalls keine Einordnung der Tagegeldversicherung als Schadensversicherung. Die Anpassung sei lediglich für die Zukunft möglich und erfolge nicht automatisch. Nr. 3.1 des vereinbarten Tarifs KTN sei nur eine Ausgestaltung von § 4 Abs. 2 RB/KT 94.

Schließlich sei es für eine Beurteilung der Tagegeldversicherung als Schadensversicherung ohne Belang, daß tariflich eine Karenzzeit vereinbart worden sei.
II. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zutreffend die Anwendung des § 67 VVG abgelehnt, weil es sich bei der hier genommenen Krankentagegeldversicherung um eine Summenversicherung handelt.
1. Richtig ist sein Ausgangspunkt, daß § 67 VVG grundsätzlich nur auf eine Schadensversicherung, nicht aber auf eine Summenversicherung anwendbar ist (Senatsurteil vom 20. Dezember 1972 - IV ZR 171/71 - VersR 1973, 224 unter III; BGH, Urteil vom 8. Juli 1980 - VI ZR 275/78 - VersR 1980, 1072 unter II 1 a; Langheid in Römer/Langheid, VVG § 67 Rdn. 6, 7, jeweils m.w.N.).
2. a) Über den Charakter der Krankentagegeldversicherung als Summen- oder Schadensversicherung werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansichten vertreten. Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und in der Literatur ordnet sie – unter Berücksichtigung des jeweiligen Leistungsversprechens - dem Bereich der Summenversicherung zu (vgl. etwa OLG Hamm VersR 1997, 862, 863; OLG Nürnberg VersR 1986, 588, 589; OLG Frankfurt VersR 1989, 1290 f.; OLG Karlsruhe VersR 1990, 1340 unter 2; OLG Köln VersR 1994, 356 ; Wilmes in Bach/Moser, Private Krankenversicherung , 2. Aufl. § 1 MB/KT 94 Rdn. 4; Neeße, VersR 1976, 704, 706 f; Wriede, r+s 1991, 65; abweichend OLG Zweibrücken VersR 1976,

386; Hof, VersR 1974, 111, 113; Sieg in Bruck/Möller/Sieg, VVG 8. Aufl. § 67 Anm. 20; ders., VersR 1994, 249).
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Krankentagegeldversicherung wiederholt als Summenversicherung eingestuft und einen Übergang von Schadensersatzforderungen des Versicherten auf den Versicherer gemäß § 67 VVG verneint (Urteil vom 11. Mai 1976 - VI ZR 51/74 - VersR 1976, 756 unter II 3 m.w.N.; Urteil vom 15. Mai 1984 - VI ZR 184/82 - VersR 1984, 690 unter II 2 b cc).

b) Der erkennende Senat hat sich zwar zur Anwendbarkeit des § 67 VVG auf die Krankentagegeldversicherung noch nicht ausdrücklich geäußert, diese aber aufgrund der jeweils verwendeten Versicherungsbedingungen als Summenversicherung eingeordnet (Urteile vom 19. Dezember 1973 - IV ZR 130/72 - VersR 1974, 184 unter II; vom 13. März 1974 - IV ZR 36/73 - VersR 1974, 741 unter I 3 c; vom 12. Juli 1989 - IVa ZR 201/88 - VersR 1989, 943 unter 3). Dabei hat er zur Abgrenzung darauf abgestellt, ob die genommene Krankentagegeldversicherung auf die Deckung eines konkreten Schadens ausgerichtet ist (Schadensversicherung) oder ob sie einen abstrakt berechneten Bedarf zu decken verspricht (Summenversicherung). In der Krankentagegeldversicherung sind beide Versicherungsformen grundsätzlich möglich (vgl. schon Senatsurteil vom 19. Dezember 1973 aaO); welche Ausformung die Krankentagegeldversicherung hat, hängt damit letztlich von dem durch die jeweiligen Versicherungsbedingungen ausgestalteten Leistungsversprechen des Versicherers ab.

3. Diese grundsätzliche Gestaltungsfreiheit der Versicherer wird durch die mit dem Dritten Durchführungsgesetz vom 21. Juli 1994 in das VVG eingefügten Vorschriften über die Krankenversicherung nicht berührt.

a) § 178 a Abs. 2 Satz 1 VVG erklärt u.a. § 67 VVG für anwendbar, "soweit der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt wird". Damit hat der Gesetzgeber nicht vorgeschrieben , daß die Krankentagegeldversicherung als Schadensversicherung betrieben werden muß. Vielmehr hat er den Versicherern ihre schon vor dem Dritten Durchführungsgesetz vom 21. Juli 1994 bestehende Gestaltungsfreiheit belassen. Maßgeblich sind unverändert der Versicherungsvertrag und die ihm zugrunde liegenden Bedingungen. Ebenso wenig ergibt sich aus dieser Vorschrift, daß eine Krankentagegeldversicherung bereits nach den Grundsätzen der Schadensversicherung Versicherungsschutz gewährt, die zur Bestimmung der Versicherungsleistung auf den Durchschnittsverdienst in zurückliegender Zeit zurückgreift.

b) Etwas anderes läßt sich auch nicht § 178 b Abs. 3 VVG entnehmen. Diese Bestimmung beschreibt - ebenso wie § 1 Abs. 1 Satz 2 MB/KT 94 - Inhalt und Umfang des Vertrages über eine Krankentagegeldversicherung dahin, daß der Versicherer den als Folge von Krankheit oder Unfall durch Arbeitsunfähigkeit verursachten Verdienstausfall durch das “vereinbarte” Krankentagegeld zu ersetzen hat. Dadurch ist aber nicht der Grundsatz der konkreten Schadensdeckung verankert worden. Wie das zu vereinbarende Tagegeld zu bemessen ist, schreibt § 178 b Abs. 3 VVG gerade nicht vor. Denn er bestimmt nicht, daß die

Höhe der Ersatzleistung an den tatsächlichen Einkommensverlust zu binden ist.
c) Auch die amtliche Begründung des Entwurfs von § 178 b VVG (BT-Drucks. 12/6959) rechtfertigt keine andere Bewertung. Dort heißt es: "Dem Charakter der Tagegeldversicherung als einer nach den Grundsätzen der Schadensversicherung betriebenen Summenversicherung entspricht es, daß die Leistungsverpflichtung des Versicherers bis zur Höhe des versicherten Tagegeldes durch die Höhe des Nettoverdienstausfalls des Versicherten bestimmt wird und deshalb auch unter der vereinbarten Summe liegen kann." Daraus wird nicht ersichtlich, daß der Gesetzgeber von der oben beschriebenen Abgrenzung zwischen Schadens- und Summenversicherung abgehen und die Krankentagegeldversicherung generell als Schadensversicherung einordnen wollte (vgl. BK-Hohlfeld § 178 b VVG Rdn. 14). Die Entwurfsbegründung gibt, wie schon das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, lediglich eine Erklärung dafür, daß bei entsprechender vertraglicher Gestaltung des Versicherungsvertrages die Höhe des Tagegeldes wegen eines geringeren Einkommens auch unter dem vereinbarten Entschädigungssatz liegen kann.
4. Die zwischen der Klägerin und ihrem Versicherungsnehmer abgeschlossene Krankentagegeldversicherung ist eine Summenversicherung.

a) Die für diese Versicherungsform charakteristische abstrakte Bedarfsdeckung ist dann gegeben, wenn der Versicherte im Versicherungsfall eine im voraus bestimmte Entschädigung für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit erhält, ohne Rücksicht darauf, welchen Verdienstausfall

er tatsächlich hat. Vielmehr soll pauschal ein Bedarf gedeckt werden, von dem angenommen wird, daß er bei durch Arbeitsunfähigkeit eintretendem Verdienstausfall entstehen könne. Dagegen wäre die Krankentagegeldversicherung als Schadensversicherung einzuordnen, wenn sie auf Deckung des konkreten Verdienstausfallschadens des Versicherten zielte und sich demgemäß die zu erbringende Versicherungsleistung den Einkommensschwankungen des Versicherten ständig und automatisch anpaßte (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 1973 aaO, VersR 1974, 184 unter II; Neeße, VersR 1976, 704, 707).

b) Eine solche Berechnung der Versicherungsleistung nach Maßgabe des konkreten Verdienstausfalls sehen der Versicherungsvertrag und die ihm zugrunde liegenden Bedingungen hier aber nicht vor. Die Klägerin schuldet dem Versicherten grundsätzlich ein vertraglich von vornherein vereinbartes Tagegeld von 115,- DM für – von der Karenzzeit abgesehen – jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit. Es ist also – wie für eine Summenversicherung typisch – eine pauschale Bedarfsdeckung vereinbart. Das Regelungsgefüge von § 4 RB/KT 94 und Nr. 3 der vereinbarten Tarifbedingungen KTN ändert daran nichts.
aa) § 4 Abs. 2 RB/KT 94 enthält - ebenso wie der gleichlautende § 4 Abs. 2 MB/KT 94 - eine Bestimmung der oberen Leistungsgrenze, die sich aus dem durchschnittlichen Nettoeinkommen der letzten 12 Monate vor Abschluß des Vertrages bzw. vor Eintritt des Versicherungsfalles errechnet. Die Klausel, die nicht zuletzt der Begrenzung des subjektiven Risikos dient, beschränkt die Versicherungsleistung bei Eintritt des Versicherungsfalls indes nicht auf den tatsächlichen Einkommensverlust.

Dieser kann sowohl höher als auch niedriger sein als der Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate vor Abschluß des Versicherungsvertrages bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit.
bb) Eine Angleichung des Krankentagegeldes an den aktuellen Verdienst des Versicherten ergibt sich ferner nicht aus der dem Versicherer in § 4 Abs. 4 Satz 1 RB/KT eingeräumten Möglichkeit, das Tagegeld herabzusetzen, wenn das Nettoeinkommen der versicherten Person gesunken ist. Derartige Herabsetzungen des Tagessatzes werden erst für die Zukunft wirksam, frühestens zwei Monate nach Kenntnis des Versicherers von der Einkommensminderung. Selbst bei bereits eingetretener Arbeitsunfähigkeit sind Leistungen in der Zeit davor in ungeschmälerter Höhe zu erbringen. Eine ständige und automatisch sofort wirksame Anpassung an die jeweiligen Einkommensverhältnisse des Versicherten ist mit der Klausel also gerade nicht vorgesehen.
cc) Das Berufungsgericht hat zudem Nr. 3.1 des Tarifs KTN zutreffend als Ausgestaltung des § 4 Abs. 2 RB/KT 94 gewertet. Die darin vorgesehene allgemeine Leistungsanpassung führt zwar zu einer automatischen Ä nderung insoweit, als die Tagegeldsätze in Abständen von längstens zwei Jahren entsprechend den Bemessungsgrundlagen für die Rentenversicherung angepaßt werden. Auf diese Weise wird aber nur die Versicherungsleistung an die Entwicklung der allgemeinen Einkommensverhältnisse angeglichen. Wie sich das Einkommen des Versicherten entwickelt hat, ist unerheblich. Ebensowenig wird die Entschädigungshöhe im Versicherungsfall an den konkreten Bedarf gekoppelt.

Soweit Nr. 3.1 der Tarifbedingungen eine rückwirkende Herabsetzung des versicherten Krankentagegeldes ermöglicht, soll diese Rückstufung nur die frühere Bemessungsgrundlage - das durchschnittliche Nettoeinkommen der letzten 12 Monate – erhalten, nicht aber den Leistungsumfang im Versicherungsfall an der tatsächlichen Verdiensteinbuße ausrichten.
Ergänzend stellt Nr. 3.2. des Tarifs KTN sicher, daß zeitnahe Anpassungen an die individuellen Einkommensverhältnisse des Versicherungsnehmers möglich bleiben. Diese Veränderungen der Tagegeldhöhe sind nicht von einem im Krankheitsfall zu erwartenden Schaden abhängig. Vielmehr soll der Versicherer auf Veränderungen der Berechnungsgrundlage für die Bemessungsgrenze des Tagegeldes gemäß § 4 Abs. 2 RB/KT 94 reagieren können. Danach schuldet er gerade nicht den konkreten Verdienstausfall, sondern einen bestimmten Tagessatz, der nur das in den letzten 12 Monaten vor Antragstellung bzw. vor Eintritt des Versicherungsfalles erzielte durchschnittliche Nettoeinkommen nicht übersteigen darf.
dd) Schließlich bietet die unter Nr. 2 des Tarifs KTN bestimmte, je nach Tarifgruppe hinsichtlich ihrer Dauer unterschiedliche Karenzzeit, ab deren Ablauf der Versicherer das Tagegeld zu leisten hat, für die Einordnung der Krankentagegeldversicherung als Schadensversicherung keinen Anhaltspunkt. Sie legt nur den Beginn der Leistungspflicht des Versicherers fest, besagt aber nichts über die Berechnung der Leistung.

5. Da nach alledem die hier genommene Krankentagegeldversicherung eine Summenversicherung ist, kommt eine Anwendung des § 67 VVG nicht in Betracht. Auch für eine entsprechende Anwendung dieser auf die Schadensversicherung ausgerichteten Vorschrift ist kein Raum.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf
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Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

(1) Bei der Unfallversicherung ist der Versicherer verpflichtet, bei einem Unfall der versicherten Person oder einem vertraglich dem Unfall gleichgestellten Ereignis die vereinbarten Leistungen zu erbringen. (2) Ein Unfall liegt vor, wenn die versic
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Versicherungsvertragsgesetz - VVG

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(1) Bei der Unfallversicherung ist der Versicherer verpflichtet, bei einem Unfall der versicherten Person oder einem vertraglich dem Unfall gleichgestellten Ereignis die vereinbarten Leistungen zu erbringen.

(2) Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Die Unfreiwilligkeit wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.