Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2018 - IV ZR 215/17

published on 04/07/2018 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2018 - IV ZR 215/17
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Landgericht Köln, 26 O 174/16, 14/12/2016
Oberlandesgericht Köln, 20 U 11/17, 04/08/2017

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 215/17 Verkündet am:
4. Juli 2018
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:040718UIVZR215.17.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann im schriftlichen Verfahren , bei dem Schriftsätze bis zum 15. Juni 2018 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 4. August 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung des Klägers das Schlussurteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 14. Dezember 2016 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt worden ist, über die durch das Anerkenntnisurteil vom 2. September 2016 und das vorgenannte Schlussurteil dem Kläger zuerkannten Beträge hinaus an diesen weitere 12.399,81 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2016 zu zahlen. Die Berufung des Klägers wird auch insoweit zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 12.399,81 € festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt von dem beklagten Versicherer aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung.
2
Diese wurde mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2004 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt der Kläger keine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.
3
Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 28. Januar 2016 den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.
4
Mit der Klage hat er Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge zuzüglich Nutzungszinsen, insgesamt 32.224,26 € verlangt.
5
Die Beklagte hat den Klageanspruch in Höhe von 9.876,93 € anerkannt. Das Landgericht hat im schriftlichen Vorverfahren ein entsprechendes Teil-Anerkenntnisurteil erlassen und durch Schlussurteil dem Kläger einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 25. Februar 2016 aus dem anerkannten Betrag zuerkannt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das erstinstanzliche Urteil teilweise dahin abgeändert , dass die Beklagte über die durch das Anerkenntnisurteil und das Schlussurteil zuerkannten Beträge hinaus verurteilt worden ist, an den Kläger weitere 12.399,81 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2016 zu zahlen. Insoweit verfolgt die Beklagte mit der Revision ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung, soweit das Berufungsgericht der Klage über die bereits vom Landgericht zuerkannten Beträge hinaus stattgegeben hat.
7
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger die geleisteten Prämien zurückverlangen. Abzuziehen seien nur die kalkulierten Risikokosten in Höhe von 1.843,26 €. Soweit die Fonds, in welche die Sparanteile investiert worden seien, Verluste erlitten hätten, seien diese nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen. Dem Kläger stünden damit über den anerkannten Betrag hinaus weitere 12.399,81 € zu.
8
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
Der Kläger - dessen Widerspruchsrecht mangels ordnungsgemäßer Belehrung ungeachtet des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. fortbestand (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 1734 ) - kann nicht die Rückzahlung der von der Beklagten in Fonds investierten Sparanteile der Prämien gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen.
10
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts greift der von der Beklagten erhobene Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB durch. Wie der Senat mit dem nach Erlass des Berufungsurteils er- gangenen Urteil vom 21. März 2018 (IV ZR 353/16, VersR 2018, 535 Rn. 13 ff.), dem im Wesentlichen ein vergleichbarer Sachverhalt wie hier zugrunde lag, entschieden und im Einzelnen begründet hat, muss sich der Versicherungsnehmer bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung einer fondsgebundenen Lebensversicherung nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. auch erhebliche oder vollständige Fondsverluste bereicherungsmindernd anrechnen lassen. Die dortigen Ausführungen gelten im Streitfall - auch unter Berücksichtigung der Revisionserwiderung - entsprechend.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Lehmann Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 14.12.2016- 26 O 174/16 -
OLG Köln, Entscheidung vom 04.08.2017 - 20 U 11/17 -
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Versicherungsvertragsgesetz - VVG

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt
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(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt
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(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.