Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2005 - II ZR 56/04

published on 24/10/2005 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2005 - II ZR 56/04
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Previous court decisions
Landgericht Neuruppin, 1 O 292/02, 24/10/2002
Brandenburgisches Oberlandesgericht, 6 U 176/02, 17/02/2004

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 56/04 Verkündet am:
24. Oktober 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine auf Unterlassung einer Eigentumsbeeinträchtigung gerichtete Klage
erledigt sich in der Hauptsache, wenn der Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung
abgibt, die zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr geeignet
ist.

b) Nichts anderes gilt, wenn die strafbewehrte Unterlassungserklärung erst in
zweiter Instanz abgegeben wird und der Kläger an seinem Unterlassungsbegehren
festhält, weil gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts nach
§ 91 a ZPO derzeit kein Rechtsmittel gegeben ist und der Kläger auf Grund
der vom Berufungsgericht beharrlich vertretenen, von der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes abweichenden Rechtsauffassung davon ausgehen
muss, dass ihm die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO auferlegt
werden würden.
BGH, Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 56/04 - Brandenburgisches OLG
LG Neuruppin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 26. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Münke, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 17. Februar 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber bei dem Vertrieb von Flüssiggas. Die Klägerin schließt mit ihren Kunden Lieferverträge, nach denen die Flüssiggasbehälter , die sie den Kunden gegen Entgelt zur Verfügung stellt, ihr Eigentum bleiben und die Kunden verpflichtet sind, ihren gesamten Flüssiggasbedarf während der Vertragslaufzeit ausschließlich bei ihr zu decken. Die Beklagte hat am 4. Dezember 2001 den bei den Kunden P. und am 16. Mai 2002 den bei der Kundin D. aufgestellten Tank ohne Einwilligung der Klägerin mit Flüssiggas befüllt. Die Klägerin behauptet, beide Tanks seien ihr Eigentum. Mit ihrer Klage hat sie die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen, in ihrem - der Klägerin - Eigentum stehende, mit der Aufschrift "Drachengas" versehene Gasbehälter ohne ihre Einwilligung zu befüllen oder befüllen zu lassen.
2
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte der Klägerin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung angeboten, auf die die Klägerin nicht eingegangen ist. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision hat die Klägerin zunächst ihr Unterlassungsbegehren weiterverfolgt. In der mündlichen Verhandlung des Senats hat sie mit Rücksicht auf die zweitinstanzliche Unterlassungserklärung der Beklagten den Antrag gestellt, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären und festzustellen , dass sich das mit dem bisherigen Klageantrag verfolgte Unterlassungsverlangen in der Hauptsache erledigt habe. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision ist nicht begründet. Eine Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache hat nicht stattgefunden.
4
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war das Unterlassungsbegehren der Klägerin bei Zugrundelegung ihrer Sachverhaltsdarstellung allerdings zunächst schlüssig. Danach befüllte die Beklagte auf Veranlassung der Kunden P. und D. der Klägerin während der Laufzeit der zwischen der Klägerin und P. und D. geschlossenen Lieferverträge die bei diesen aufgestellten, ihnen von der Klägerin zur Nutzung überlassenen Flüssiggasbehälter ohne Einwilligung der Klägerin mit Flüssiggas. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 15. September 2003 - II ZR 367/02, NJW 2003, 3702 = WM 2004, 733; v. 9. Februar 2004 - II ZR 131/03, BGHReport 2004, 972) erfüllen derartige "Fremdbefüllungen" den Tatbestand einer Eigentumsbeeinträchtigung, § 1004 Abs. 1 BGB, die der Eigentümer der Gasbehälter nicht nach § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden hat. Die Beklagte war unmittelbare (Handlungs-)Störerin, weil die Befüllung der Tanks der Klägerin auf ihre Willensbetätigung, die Erteilung einer entsprechenden Anweisung an ihren Verkaufsfahrer, zurückging; die Fremdbefüllungen begründeten die tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr (Sen.Urt. v. 15. September 2003 aaO).
5
2. Das Unterlassungsverlangen der Klägerin wurde während des Berufungsverfahrens jedoch unschlüssig. Die strafbewehrte Unterlassungserklärung der Beklagten räumte die Wiederholungsgefahr aus (vgl. Baumbach/ Lauterbach/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. § 12 Rdn. 1.107). Die Erklärung war nach ihrem Inhalt geeignet, weiteren Eigentumsverletzungen durch Befüllung der Gasbehälter der Klägerin entgegenzuwirken und entsprach im Übrigen unbestritten auch dem, was der Senat in vergleichbaren Fällen als ausreichend angesehen hat. Hierauf hat die Revisionserwiderung mit Recht hingewiesen.
6
3. Da mit der Wiederholungsgefahr auch die Schlüssigkeit der Klage entfallen war, hätte die Klägerin den Rechtsstreit sogleich, also noch in der Berufungsinstanz , nicht erst im Revisionsverfahren, in der Hauptsache für erledigt erklären müssen (Baumbach/Lauterbach/Bornkamm aaO). Dazu wäre, weil das Berufungsgericht den Verkündungstermin aufgehoben hatte und in das schriftliche Verfahren übergegangen werden sollte, noch Gelegenheit gewesen.
7
4. Die Klägerin musste angesichts der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht zur Frage der Eigentumsbeeinträchtigung allerdings bei Annahme der Unterlassungserklärung und übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien davon ausgehen, dass die gemäß § 91 a ZPO dann vom Berufungsgericht zu treffende Kostenentscheidung zu ihrem Nachteil ausfallen wür- de. Das bedeutete, dass sie die erstinstanzlichen und zweitinstanzlichen Kosten endgültig hätte tragen müssen, weil gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts ein Rechtsmittel nicht gegeben gewesen wäre: Nach § 567 Abs. 1 ZPO findet die - in § 91 a Abs. 2 Satz 1 ZPO noch erwähnte - sofortige Beschwerde nur gegen im ersten Rechtszug ergangene Entscheidungen der Amts- und Landgerichte statt. Die Rechtsbeschwerde sieht § 91 a ZPO nicht vor. Sie hätte vom Berufungsgericht auch nicht zugelassen werden dürfen, da es nicht Zweck einer Entscheidung über die Kosten nach § 91 a ZPO ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es - wie hier - um Fragen des materiellen Rechts geht (BGH, Beschl. v. 17. März 2004 - IV ZB 21/02, BGHReport 2004, 977 = WM 2005, 394).
8
Dem hat die Klägerin vergeblich dadurch zu entgehen versucht, dass sie es in zweiter Instanz zur Entscheidung in der Hauptsache kommen ließ und erst in der Revisionsinstanz auf das Angebot der strafbewehrten Unterlassungserklärung zurückkam. Dieses Vorgehen konnte nichts daran ändern, dass die Wiederholungsgefahr bereits in zweiter Instanz entfallen war mit der Folge, dass das weitere Festhalten der Klägerin an ihrem Unterlassungsverlangen ihre Klage unschlüssig und damit ihre Berufung unbegründet werden ließ.
9
5. Danach muss der auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache gerichtete Revisionsantrag der Klägerin erfolglos bleiben. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Dass die Probleme der Klägerin aus von ihr nicht zu vertretenden Umständen, nämlich dem Zusammentreffen der unrichtigen, intransigenten Rechtsauffassung des Berufungsgerichts einerseits und der derzeitigen Gesetzeslage, nach der Beschlüsse der Oberlandesgerichte nach § 91 a ZPO unanfechtbar sind, andererseits resultier- ten, kann eine andere, zu Lasten der Beklagten gehende Entscheidung nicht rechtfertigen.
Goette Münke Strohn
Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Neuruppin, Entscheidung vom 24.10.2002 - 1 O 292/02 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 17.02.2004 - 6 U 176/02 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZB 24/07 vom 7. Oktober 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________________ ZPO §§ 91a, 574 Abs. 2, Abs. 3 BGB §§ 242 D, 985 a) Gegen eine Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO darf
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Tenor Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 13.05.2015, Az. 6 Ga 6/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 1Tatbestand 2Der Verfügungskläger begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen d
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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 02.08.2012 - 2 Ca 526/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Klägerin nimmt die Beklagte auf U
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Annotations

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)