Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2000 - II ZR 39/99
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerinnen verlangen als Gesellschafterinnen einer BGBGesellschaft und Miteigentümerinnen zweier Grundstücke von der Beklagten Bezahlung für die Ablagerung von Abraum und Abfallschnittgut auf ihren Grundstücken. Der Grundbesitz steht den Klägerinnen je zur Hälfte zu. Er war von dem Ehemann der Klägerin zu 1,W. K. , und dem Vater der Klägerin zu 2, J. Kr. , erworben worden, die dort im Rahmen einer 1968 gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen Steinbruch betrieben und Steinmetzarbeiten ausführten. Nach Gründung der Kr. und K. GmbH & Co. Steinindustrie KG verpachtete die BGB-Gesellschaft Kr. und K. dieser KG die Grundstücke zur Ausbeutung des dortigen Basaltvorkommens. Als die KG den Basaltabbau auf dem Pachtgelände 1985 einstellte, blieb eine große Grube zurück. W. K. s tarb 1991, J. Kr. 1992. Die Klägerinnen tätigten weiterhin unter der Bezeichnung Kr. und K. Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Einnahmen und gaben Steuererklärungen unter dieser Gesellschaftsbezeichnung ab. Die Beklagte führt das Natursteinwerk weiter, das W. K. neben den von ihm gehaltenen Gesellschaftsbeteiligungen betrieb. Sie füllte die Grube auf den Grundstücken der Klägerinnen bis Ende 1994 in größerem Umfang mit Abraum aus, dessen Herkunft zwischen den Parteien streitig ist. Ab Anfang 1993 war es zu Gesprächen über eine Bezahlung für das Abkippen von Abraum zwischen der Klägerin zu 2 und der Beklagten gekommen, deren Inhalt ebenfalls streitig ist.Auf einer gemeinsamen Versammlung am 25. Oktober 1994 beschlossen die Gesellschafter aller Kr. und K. -Gesellschaften die Auflösung der KG, deren Komplementär-GmbH und der BGB-Gesellschaft sowie die Beendigung der Pachtverhältnisse zwischen KG und BGB-Gesellschaft zum 31. Dezember 1994 und die Einstellung der Tätigkeit der KG ebenfalls zu diesem Datum. Sie bevollmächtigten die Klägerin zu 2, "namens der genannten Gesellschaften und auf deren Kosten alle Maßnahmen ... durchzuführen, die der Abwicklung dienlich sind, insbesondere die gerichtliche und außergerichtliche Geltendmachung von Forderungen zu Gunsten der Gesellschaften". Gestützt auf diese Vollmacht hat die Klägerin zu 2 als Vertreterin der BGB-Gesellschaft Klage auf Zahlung von 848.930,-- DM erhoben, den für die Ablagerung von 36.910 cbm Abraum nach ihrem Vortrag üblichen Betrag. Vor Einreichung der Klage hatte die Klägerin zu 1 die Vollmachterteilung vom 25. Oktober 1994 wegen Irrtums angefochten und der Klägerin zu 2 die Geltendmachung von Ansprüchen der BGB-Gesellschaft untersagt. Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die von den Klägerinnen als Gesellschafter der Kr. und K. Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vertreten durch die Klägerin zu 2, eingelegte Berufung als unzulässig verworfen, soweit Zahlung an die Klägerinnen als Gesamtgläubiger, hilfsweise an die Klägerinnen gemeinschaftlich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts verlangt worden ist, und die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin zu 2 im Berufungsverfahren erstmals weiter hilfsweise auf Zahlung der hälftigen Klagesumme an sie allein angetragen hat. Mit der Revision verfolgen die Klägerinnen, die Klägerin zu 2 zugleich als Vertreterin der Gesellschaft bürgerlichen Rechts E. S. und B. K. , die in zweiter Instanz gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Die Revision ist unbeschränkt zulässig, soweit die Berufung der Klägerinnen als unzulässig verworfen worden ist, § 547 ZPO. 1. Das Berufungsgericht hat zur Verwerfung der Berufung der Klägerinnen ausgeführt, die Klägerin zu 2 sei nicht berechtigt gewesen, für die bürgerlich -rechtliche Gesellschaft der Klägerinnen Berufung einzulegen. Zweifelhaft sei bereits, ob zwischen den Klägerinnen überhaupt eine solche Gesellschaft bestehe. Jedenfalls habe die Vollmacht vom 25. Oktober 1994 die Klägerin zu 2 nicht zur Führung eines Prozesses mit einem Kostenrisiko in sechsstelliger Höhe berechtigt, wie es vorliegend bestehe. Zudem sei die Vollmacht vor Einreichung der Klage von der Klägerin zu 1 widerrufen worden mit der Folge, daß die Vertretungsmacht der Klägerin zu 2 erloschen sei. Ein Recht zur Notgeschäftsführung analog § 744 Abs. 2 BGB, auf das sich die Klägerin zu 2 berufe , sei nicht dargelegt. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung insofern stand, als weder von einer Vertretungsbefugnis der Klägerin zu 2 für die bürgerlichrechtliche Gesellschaft der Klägerinnen noch von einem Notgeschäftsführungsrecht der Klägerin zu 2 für die Miteigentümergemeinschaft auszugehen ist und auch eine Prozeßführungsbefugnis der Klägerin zu 2 nach § 1011 BGB nicht angenommen werden kann. 2. Die Klägerin zu 1 hat der Klageerhebung nicht zugestimmt. Die Klägerin zu 2 kann sich auf eine ihr nach dem Wortlaut des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 25. Oktober 1994 übertragene Geschäftsführungsund Vertretungsbefugnis nicht mit Erfolg berufen.Sie durfte die ihr von der Klägerin zu 1 eingeräumten Befugnisse nicht dahin verstehen, daß sie auch die prozessuale Geltendmachung einer Forderung von rund 850.000,-- DM wegen der Ablagerung von Abraum auf den gemeinsamen Grundstücken gegen die Beklagte umfaßten. Die Klägerin zu 2 hatte sich seit Anfang 1993 vergeblich bemüht, mit der Beklagten eine Vereinbarung über ein Entgelt für das Abkippen herbeizuführen. Ihr war bekannt, daß die Klägerin zu 1 dem Zahlungsverlangen ablehnend gegenüberstand. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin zu 2 nicht annehmen, daß die Vollmacht sie auch zur Geltendmachung der Forderung gegen die Beklagte berechtigen würde. 3. Der Mangel der Vertretung der Gesellschaft ist nicht behebbar. Die Klägerin zu 1 hat schon vor Klageerhebung mit Anwaltsschreiben vom 19. Dezember 1995 und dann durch ihr Prozeßverhalten deutlich gemacht, daß eine Genehmigung der Prozeßführung der Klägerin zu 2 für sie nicht in Betracht kommt. 4. Auf ein Notgeschäftsführungsrecht nach § 744 Abs. 2 BGB oder eine ihr nach § 1011 BGB zustehende Geschäftsführungsbefugnis kann sich die Klägerin zu 2 nicht berufen. Beides hätte zur Voraussetzung, daß es um einen von ihr allein geltend gemachten Anspruch der Klägerinnen ginge. Der Antrag, die Beklagte zur Zahlung an die Klägerinnen als Gesamtgläubiger zu verurteilen , ist ebenso wie der, sie zur Zahlung an die Klägerinnen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemeinschaftlich zu verurteilen, dem Berufungsurteil zufolge von beiden Klägerinnen gestellt worden. Mit Recht hat das Berufungsgericht zudem darauf hingewiesen, daß nicht dargetan sei, weshalb die Klageerhebung ohne die Zustimmung der Klägerin zu 1 zur Erhaltung der gemeinsamen Grundstücke notwendig gewesen sei.
II. Dem Berufungsgericht ist nicht zu folgen, wenn es die Berufung unter diesen Umständen als unzulässig angesehen hat. Da der Mangel der Vertretung von Anfang an bestand und auch schon in erster Instanz im Streit war, durften die Klägerinnen Berufung einlegen, damit der Streit über die Vertretungsmacht entschieden werde (BGHZ 40, 197, 198; BGHZ 111, 219, 220/221). Ihre Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Wegen des Mangels der Vertretung war bereits die Klage unzulässig. Dem ist durch eine entsprechende Ä nderung des Tenors des Berufungsurteils Rechnung zu tragen. III. Die Annahme der Revision, soweit das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich des in zweiter Instanz erstmals erhobenen Hilfsantrags der Klägerin zu 2 abgewiesen hat, ist nicht angezeigt. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Sache insoweit nicht zu. Die Entscheidung ist auch im Ergebnis nicht unrichtig. Dies konnte im Rahmen des vorliegenden Urteils ausgesprochen werden (BGH, Urt. v. 29. September 1992 - XI ZR 265/91 ZIP 1992, 1534,1536; MüKo/ Walchshöfer, ZPO, § 554 b Rz. 9; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Auflage § 554 b Rz. 5, 7).
IV. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind der Klägerin zu 2 nach dem Veranlasserprinzip (BGHZ 121, 397, 400) sowie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen.
Röhricht Hesselberger Henze Kraemer Münke
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(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.
(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands steht den Teilhabern gemeinschaftlich zu.
(2) Jeder Teilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen; er kann verlangen, dass diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus erteilen.
Jeder Miteigentümer kann die Ansprüche aus dem Eigentum Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des § 432.
(1) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands steht den Teilhabern gemeinschaftlich zu.
(2) Jeder Teilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen; er kann verlangen, dass diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus erteilen.
Jeder Miteigentümer kann die Ansprüche aus dem Eigentum Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des § 432.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)