Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2004 - II ZR 390/02

published on 27/09/2004 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2004 - II ZR 390/02
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 390/02 Verkündet am:
27. September 2004
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 27. September 2004 durch die Richter Prof. Dr. Goette,
Dr. Kurzwelly, Kraemer, Münke und Dr. Strohn

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 18. Juli 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 3. Mai 2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, die zeitweise als A. AG firmierte, streitet mit den Beklagten um die wechselseitigen Ansprüche aus einem Darlehensvertrag, mit dem diese ihren Beitritt zur G.-GbR,
S. Straße 3 und 5, D., Fonds Nr. 11 [im folgenden: Fonds (-gesellschaft)] finanzierten.
Die Beklagten unterzeichneten am 10. Februar 1992 eine "Beitrittserklärung" zu dem Fonds. Darin verpflichteten sie sich zum Beitritt und boten einem Rechtsanwalt M. F. den Abschluß eines auf die Verwendung der einzuzahlenden Gelder bezogenen Treuhandvertrages nebst gesonderter Vollmacht an.
Die Fondsgesellschaft war von der Do. GmbH und deren Geschäftsführer W. Gr. gegründet worden. Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Bebauung, wirtschaftliche Ausnutzung und Verwaltung des Grundstücks S. Straße 3 und 5 in D.. Die Einlage der Beklagten sollte 50.000,00 DM betragen und in vollem Umfang durch einen von der Klägerin zu gewährenden Kredit finanziert werden. Dementsprechend unterzeichneten die Beklagten ebenfalls am 10. Februar 1992 einen Darlehensantrag, dessen Datum im Zuge der Beglaubigung der Unterschriften der Beklagten auf den 6. März 1992 geändert wurde. Danach sollte die Darlehensvaluta an den Treuhänder ausgezahlt werden. Der Kredit sollte durch eine Lebensversicherung der Beklagten zu 2 getilgt werden.
Die Klägerin zahlte die Darlehensvaluta in Höhe der Einlage und eines Agios auf ein Konto des Treuhänders. In der Folgezeit konnten die in dem Fondsprospekt veranschlagten und von der Do. GmbH für die Dauer von fünf Jahren garantierten Mieten nicht erwirtschaftet werden. Die Do. GmbH stellte im Juni 1996 ihre Zahlungen ein. Ein Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt. Der Initiator des Fonds, W. Gr., wurde 1999 wegen Kapitalanlagebetrugs in vier Fällen, u.a. hinsichtlich des
Fonds 11, rechtskräftig verurteilt. Er hatte sich oder der Do. GmbH ohne Wissen der Anleger von der Grundstücksverkäuferin und Bauträgerin, der Dom. GmbH, einen Teil der in dem Fondsprospekt für den Erwerb und die Bebauung des Grundstücks veranschlagten 10,5 Mio. DM, nämlich etwa 4,4 Mio. DM, zurückzahlen lassen. Auf diese Weise war von dem insgesamt aufgebrachten Kapital des Fonds in Höhe von 14,07 Mio. DM weniger als die Hälfte in das Bauvorhaben geflossen.
Nachdem diese Vorgänge bekannt geworden waren, erklärten die Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 28. Oktober 1996 gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Darlehensvertrages wegen arglistiger Täuschung. Wegen "falscher Beitrittswerbung" kündigten sie unter dem 30. Juni 2000 ihre Mitgliedschaft in der Fondsgesellschaft.
Die Klägerin verlangt mit der Klage Rückzahlung des Darlehens einschließlich eines Disagios und einer Bearbeitungsgebühr, zusammen 58.848,73 DM. Die Beklagten haben widerklagend Rückgewähr der an die Klägerin gezahlten Zinsen von 9.026,08 DM, die Beklagte zu 2 außerdem Rückabtretung ihrer zur Sicherheit an die Klägerin abgetretenen Lebensversicherung verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage hinsichtlich der Rückabtretung der Lebensversicherung stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage auch hinsichtlich des Rückabtretungsanspruchs der Beklagten zu 2 abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts. Die Beklagten brauchen der Klägerin keine weiteren Zahlungen zu leisten , die Beklagte zu 2 hat Anspruch auf Rückabtretung ihrer Lebensversicherung. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 3, Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG in seiner hier anzuwendenden bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung. 1. Das Berufungsgericht geht mit Recht davon aus, daß der Beitritt der Beklagten zur Fondsgesellschaft und der zu seiner Finanzierung geschlossene Darlehensvertrag der Parteien ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG darstellen. Nach der Rechtsprechung des Senats erfüllen der Beitritt zu einer Anlagegesellschaft und das ihn finanzierende Kreditgeschäft die Voraussetzungen eines Verbundgeschäfts, wenn sich die Fondsgesellschaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594; ebenso Entscheidungen v. 14. Juni 2004 in den Sachen II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396, 1398 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405). Das war hier der Fall. Die Klägerin hat ihre Vertragsformulare dem von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vermittlungsunternehmen zur Verfügung gestellt.
2. Von Rechtsfehlern beeinflußt ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts , ein Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG scheitere daran, daß den Beklagten gegen die Fondsgesellschaft bzw. deren Initiatoren keine Ansprüche zustünden, die sie der Klägerin entgegensetzen könnten.
Die Beklagten können sich, ohne daß es auf die Kündigung ihres Fondsbeitritts und deren vom Berufungsgericht - zu Unrecht - angenommene Verspätung (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594 f.; wegen des Verwirkungseinwands vgl. Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 374/02, ZIP 2004, 1407, 1408 f.) ankäme, der Klägerin gegenüber nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG darauf berufen, daß ihnen gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds, die Do. GmbH und W. Gr., Schadensersatzansprüche u.a. aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß zustehen (vgl. Sen.Urt. v. 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1852).

a) Wie der Senat in seinen Urteilen vom 14. Juni 2004 (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406) entschieden hat, kann der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus dem Finanzierungsinstitut alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds hat, weil diese in dem Dreiecksverhältnis des Verbundgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln sind. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist W. Gr. wegen Kapitalanlagebetrugs, u.a. im Zusammenhang mit dem hier betroffenen Fonds 11, rechtskräftig verurteilt worden. Anhaltspunkte dafür, daß die Verurteilung zu Unrecht erfolgt sein oder gerade die Beklagten nicht zu den Betrugsopfern gehört haben könnten, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

b) Die gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den Bei-
tritt finanzierenden Institut keinen Darlehensvertrag geschlossen (Sen.Urt v. 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406).
Danach haben die Beklagten der Klägerin nur die Fondsbeteiligung, die sie ihr bereits zur Sicherheit abgetreten und mit Anwaltsschreiben vom 28. Oktober 1996 zur Verfügung gestellt hatten, sowie in entsprechender Anwendung von § 255 BGB ihre Schadensersatzansprüche gegen die Do. GmbH und W. Gr. zu überlassen. Die Darlehensvaluta, die nicht an sie, sondern an den Treuhänder geflossen ist, brauchen sie der Klägerin nicht zurückzuzahlen. Im Wege des Rückforderungsdurchgriffs entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1595) kann die Beklagte zu 2 Rückabtretung ihrer Lebensversicherung verlangen.
3. Damit erweist sich die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Klage und gegen ihre Verurteilung zur Rückabtretung der Lebensversicherung als unbegründet, ohne daß es auf die von den Parteien weiter diskutierten
Rechtsfragen noch ankommt. Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen , kann der Senat abschließend entscheiden.
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Strohn
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Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechts Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatz nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf Grund des Eigentums an der Sache oder auf Grund des Rechts gegen Dritte zus
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Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechts Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatz nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf Grund des Eigentums an der Sache oder auf Grund des Rechts gegen Dritte zus
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 387/02 Verkündet am: 21. Juli 2003 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja
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Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27.02.2004 (8 O 523/03) wird zurückgewiesen. 2. Die Widerklage der Beklagte
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Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechts Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatz nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf Grund des Eigentums an der Sache oder auf Grund des Rechts gegen Dritte zustehen.