Bundesgerichtshof Urteil, 25. Feb. 2002 - II ZR 374/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren geschiedenen Ehemann, auf Zustimmung zu Grundbuchberichtigungen in Anspruch. Der Beklagte hatte ab April 1989, gestützt auf eine Generalvollmacht der Klägerin, über deren Beteiligungen an vier Grundstücksgesellschaften bürgerlichen Rechts verfügt und die Löschung der Klägerin als Mitgesellschafterin in den Grundbüchern bewirkt.
Die Parteien streiten im wesentlichen darüber, ob die Klägerin die Gesellschaftsbeteiligungen treuhänderisch für den Beklagten hielt, wie dieser behauptet.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.
I. Das Berufungsgericht hat die Gesellschafterbeschlüsse, die dem Ausscheiden der Klägerin aus den Grundstücksgesellschaften zugrunde liegen, für unwirksam gemäß § 138 BGB erachtet. Der Beklagte hatte die Beschlüsse auf der Grundlage einer ihn vom Verbot des Selbstkontrahierens befreienden Generalvollmacht der Klägerin vom 10. Mai 1972 für die Klägerin in deren Vertretung gefaßt. Nach Ansicht des Berufungsgerichts war die Klägerin bei der Beschlußfassung nicht wirksam vertreten, weil der Beklagte unter Mißbrauch der Vollmacht gehandelt habe. Er sei als ihr Vertreter gehalten gewesen, die Interessen der Klägerin, seiner Auftraggeberin, zu wahren. Wie er und die übrigen Beteiligten erkannt hätten, liefen die Beschlüsse den Interessen der Klägerin jedoch zuwider. Die Rechtslage wäre zwar anders zu beurteilen, wenn die Klägerin die Gesellschaftsbeteiligungen lediglich treuhänderisch für den Beklagten gehalten hätte. Der Beklagte habe eine Treuhandabsprache jedoch nicht in ausreichend substantiierter Weise dargetan und könne sich auch nicht mit Er-
folg auf den jeweils als Insichgeschäft am 12. Februar 1982 formlos und am 14. November 1989 dann auch in notarieller Form geschlossenen Treuhandvertrag berufen, weil auch insoweit ein Miûbrauch der Vollmacht vorliege.
Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Anforderungen an die Substantiierungspflicht in bezug auf die behauptete Treuhandvereinbarung überspannt und den angebotenen Beweis nicht erhoben.
II. 1. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht allerdings die Gesellschafterbeschlüsse ebenso wie den Treuhandvertrag wegen Vollmachtsmiûbrauchs für den - von ihm als gegeben angesehenen - Fall als unwirksam angesehen , daû der Beklagte dazu nicht auf Grund einer Abrede berechtigt war, kraft derer die Klägerin ihre Anteile an den verschiedenen Grundstücksgesellschaften lediglich als (uneigennützige) Treuhänderin für den Beklagten halten sollte.
Die Gesellschaftsbeteiligungen waren werthaltig. Sie verkörperten jeweils eine Beteiligung an dem Wert des von der betreffenden Gesellschaft gehaltenen Grundstücks. Da in Ermangelung eines gegenteiligen Parteivortrags von der Werthaltigkeit dieser Grundstücke auszugehen ist, lag in dem Entzug der Gesellschaftsbeteiligungen eine Verletzung vermögenswerter Interessen der Klägerin und damit ein Miûbrauch der Generalvollmacht, sofern der Beklagte zu seinem Vorgehen nicht auf Grund einer mit der Klägerin getroffenen Treuhandabrede befugt war.
Eine solche Befugnis ergibt sich auch nicht ohne weiteres aus dem von dem Beklagten unter Benutzung der ihm erteilten Vollmacht unter dem Datum des 12. Februar 1982 zunächst formlos geschlossenen, nach den Behauptungen der Klägerin rückdatierten und nachträglich am 14. November 1989 auch notariell beurkundeten Treuhandvertrag. Er räumt dem Beklagten zwar eine entsprechende Berechtigung ein, wäre aber aus den bereits genannten Gründen seinerseits wegen Vollmachtsmiûbrauchs nichtig, wenn die Klägerin die Gesellschaftsbeteiligungen nicht lediglich als uneigennützige Treuhänderin für den Beklagten halten sollte.
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht jedoch, wie die Revision mit Erfolg rügt, auf einem Verfahrensfehler, weil das Berufungsgericht das Vorbringen des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten über eine zwischen ihm und der Klägerin hinsichtlich der vier in Rede stehenden Grundstücksbeteiligungen getroffene Treuhandabrede als nicht ausreichend substantiiert angesehen und den angebotenen Beweis, Parteivernehmung der Klägerin, deshalb nicht erhoben hat.
Der Beklagte hat sich, ohne insoweit nähere Einzelheiten zu nennen, auf eine Einigung der Parteien berufen und zudem vorgebracht, daû die Klägerin 1988/1989 ihm und Dritten gegenüber wiederholt erklärt habe, sie wolle nicht länger mit ihrem Namen und ihrer persönlichen Haftung in die Grundstücksangelegenheiten eingebunden sein, sie wolle mit seinen Grundstücksangelegenheiten nichts zu tun haben. Sein Vortrag genügt damit den Anforderungen, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles an die Substantiierung seiner Behauptungen gestellt werden können.
Es kann nicht erwartet werden, daû die Parteien Jahre zurückliegende Vorgänge im Zusammenhang mit den Grundstücksgeschäften des Beklagten noch datieren und hinsichtlich der jeweiligen Umstände ins einzelne gehend schildern können. Sie waren miteinander verheiratet und hatten, bevor es in ihrer Ehe zu Spannungen und Differenzen kam, keine Veranlassung, sich über Jahre hinweg Daten und Umstände von Vereinbarungen bezüglich der Grundstücke zu merken oder diese gar aufzuzeichnen. Daû der Beklagte zu diesen Punkten keine Angaben machen konnte, genügt daher nicht, um seinen Vortrag für unschlüssig zu halten. Er hat seine Darlegung zudem mit der Wiedergabe von verschiedenen Äuûerungen der Klägerin abgerundet, so daû sie entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts einer Beweisaufnahme zugänglich ist. Daû er hinsichtlich der in Rede stehenden Gesellschaftsbeteiligungen der Klägerin keinen Grund angegeben hat, weshalb eine Treuhandabrede ebenso wie im Falle des der Klägerin 1972 geschenkten Miteigentumsanteils am Grundstück E.straûe 54 sinnvoll gewesen sei, bedeutet nicht, daû es einen solchen Grund nicht gegeben hat; er mag in den mit den Grundstücksgeschäften verfolgten wirtschaftlichen Zielen des Beklagten gelegen haben, die er nicht offenbaren will.
III. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderliche Beweisaufnahme durchführt und die Klägerin als Partei vernimmt sowie, sofern dies nach der Vernehmung der Klägerin geboten erscheint , den Beklagten anhört.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke
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(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.
(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.