Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2005 - II ZR 103/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4. April 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Herausgabe eines Sparbuchs in Anspruch. Der Kläger ist der Sohn, die Beklagte die Witwe des am 3. Juli 2001 verstorbenen E. M..
Der Kläger eröffnete am 23. Mai 2000 bei der T.-Sparkasse in H.-L. auf seinen Namen ein Sparkonto und unterzeichnete auf einem Formular des Geldinstituts eine "Verfügung zugunsten Dritter für den
Todesfall" zugunsten seines in der Sparkasse mitanwesenden Vaters. Danach sollten die Rechte aus dem Sparkonto im Falle des Todes des Klägers auf seinen Vater übergehen. Der Vater des Klägers zahlte auf das Sparkonto 60.000,00 DM ein. Er nahm das über das Guthaben ausgestellte Sparbuch an sich und bewahrte es bei sich in einem Safe auf.
Nach dem Tode seines Vaters forderte der Kläger die Beklagte vergeblich zur Herausgabe des Sparbuchs auf.
Die Beklagte behauptet, ihr verstorbener Ehemann habe gewollt, daß das Sparbuch in den Nachlaß falle, an dem beide Parteien zur Hälfte beteiligt seien. Der Kläger ist der Ansicht, testamentarischer Alleinerbe seines Vaters zu sein. Er hat einen entsprechenden Erbschein beantragt, die Beklagte hat seinem Antrag widersprochen. Das Erbscheinsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Das Landgericht hat dem Herausgabebegehren des Klägers entsprochen , das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts.
1. Das Berufungsgericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, daß Eigentümer des über eine Spareinlage ausgestellten Sparbuchs derjenige ist, der Gläubiger der Forderung gegen das Geldinstitut ist. Nach seiner Auffassung ist nicht der Kläger, sondern dessen Vater Gläubiger der Spareinlage geworden. Dieser habe sich nämlich, wie die in zweiter Instanz durchgeführte Beweisaufnahme ergeben habe, die Entscheidung über die Verwendung des auf das Konto des Klägers eingezahlten Geldbetrages vorbehalten.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Bedeutung der bei Kontoeröffnung und Einzahlung des Geldes gegebenen Umstände für die Beurteilung der Frage, wer Gläubiger der gegen die Sparkasse begründeten Forderung geworden ist, verkannt, und rechtsfehlerhaft allein auf erst nach Einrichtung des Kontos und Einzahlung der 60.000,00 DM gemachte Äußerungen des verstorbenen Vaters bzw. Ehemanne s der Parteien abgestellt.
2. Für die Frage der Gläubigerstellung kommt es darauf an, wer nach dem erkennbaren Willen des die Kontoeröffnung beantragenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll (Sen.Urt. v. 22. September 1975 - II ZR 51/74, WM 1975, 1200; BGH, Urt. v. 2. Februar 1994 - IV ZR 51/93, NJW 1994, 931; vgl. auch BGHZ 21, 148, 150; BGH, Urt. v. 10. Oktober 1989 - XI ZR 117/88, NJW-RR 1990, 178).
Das war nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien der Kläger. Danach hat dieser nämlich selbst mit der Sparkasse den Kontoeröffnungsvertrag geschlossen und das Konto auf seinen Namen eröffnet. Auf dieses - eindeutig dem Kläger zugeordnete - Konto Nr. 3033043597 hat der Vater 60.000,00 DM eingezahlt, und zwar ohne jeden Vorbehalt dahin, daß es sich um "sein Geld"
handele oder daß er über die Verwendung des Geldes bestimmen wolle; er hat sich nicht einmal eine Vollmacht für das Konto einräumen lassen. Dieses Verhalten des einzahlenden Vaters durfte und mußte die Sparkasse angesichts der Kontoeröffnung durch den Kläger dahin verstehen, daß letzterer auch nach dem Willen des Vaters ihr Gläubiger sein sollte. Demgemäß ist der Kläger in der für den Fall seines Vorversterbens zugunsten des Vaters getroffenen Verfügung auch ausdrücklich als Gläubiger des bei der Sparkasse eröffneten Kontos Nr. 3033043597 bezeichnet worden. Die Verfügung hat außer dem Kläger und einem Mitarbeiter der Sparkasse auch der Vater des Klägers als Begünstigter unterschrieben.
Daß der Vater das Sparbuch an sich nahm, gibt zu einer anderen rechtlichen Würdigung keine Veranlassung. Dieser Handlung kommt, zumal sie nicht näher begründet wurde, weder die Bedeutung einer Abtretung der Forderung gegen die Sparkasse durch den Kläger an seinen Vater zu, noch muß sie dahin verstanden werden, daß der Vater sich die Entscheidung über die Verwendung des auf das Konto des Klägers gezahlten Geldes vorbehalten wollte. Vielmehr durfte der Kläger - wie auch die Sparkasse, falls einer ihrer Mitarbeiter den Vorgang beobachtet haben sollte -, unter den gegebenen Umständen davon ausgehen , daß der Vater das Sparbuch lediglich sicher verwahren wollte. Tatsächlich lag dem Vater, wie die Vernehmung des Zeugen Dr. D. durch das Berufungsgericht ergeben hat, daran, eine vorzeitige Abhebung des Guthabens - es war ein Sparvertrag über fünf Jahre mit jährlich steigendem Zinssatz geschlossen worden - durch den Sohn zu verhindern, "der mit den ihm zur Verfügung stehenden Geldbeträgen nicht auskomme". Die Gläubigerstellung des Klägers wurde durch das Verhalten seines Vaters damit nicht in Frage gestellt.
3. Als Gläubiger der Sparkasse ist der Kläger Eigentümer des für sein Konto ausgestellten Sparbuchs, § 952 BGB. Er kann daher gemäß § 985 BGB Herausgabe des Buches von der Beklagten verlangen, die es in Besitz hat.
Goette Kraemer Münke
Strohn Caliebe
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(1) Das Eigentum an dem über eine Forderung ausgestellten Schuldschein steht dem Gläubiger zu. Das Recht eines Dritten an der Forderung erstreckt sich auf den Schuldschein.
(2) Das Gleiche gilt für Urkunden über andere Rechte, kraft deren eine Leistung gefordert werden kann, insbesondere für Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefe.
Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.
(1) Das Eigentum an dem über eine Forderung ausgestellten Schuldschein steht dem Gläubiger zu. Das Recht eines Dritten an der Forderung erstreckt sich auf den Schuldschein.
(2) Das Gleiche gilt für Urkunden über andere Rechte, kraft deren eine Leistung gefordert werden kann, insbesondere für Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefe.
Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.