Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2008 - I ZR 11/06
Gericht
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 19. Januar 2005 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Die Parteien streiten um den Domainnamen "raule.de".
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- Der Beklagte betreibt ein Atelier für Grafik, Design und MarketingDienste. Er unterhält unter der Internetadresse "raule.de" eine Internetseite. Auf dieser ist der Internetauftritt von Raule H. , einer Tänzerin, Choreogra- phin und Tanztherapeutin in B. , zu sehen, die den standesamtlich eingetragenen ersten Vornamen Raule trägt.
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- Der Kläger heißt mit bürgerlichem (Nach-)Namen Raule. Er sieht in dem Verhalten des Beklagten einen unbefugten Gebrauch seines Namens. Er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, durch schriftliche Erklärung die InternetDomain "www.raule.de" gegenüber der zuständigen Vergabestelle, der DENIC e.G., freizugeben.
- 4
- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Celle MMR 2006, 558 = CR 2006, 697).
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- Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
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- Schon in der Registrierung der Internetadresse "raule.de" durch den Beklagten liege ein Gebrauch des Namens Raule. Der Gebrauch sei unbefugt, weil der Beklagte keine eigenen Rechte an dem Namen Raule habe und sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen könne, dass er den Domainnamen seiner Freundin Raule H. geschenkt habe und daher davon auszugehen sei, dass sie ihm die Benutzung ihres Vornamens für die Registrierung der Internetadresse durch schlüssiges Verhalten nachträglich gestattet habe; denn eine solche Gestattung könne nicht dazu führen, dass dem Beklagten im Verhältnis zum Kläger eine Priorität im Hinblick auf den Domainnamen "raule.de" zustehe. Der analogen Anwendung des Rechtsgedankens des § 986 Abs. 1 BGB stehe entgegen, dass Frau H. die Internetadresse nicht im eigenen Namen bei der DENIC habe registrieren lassen und damit keine Rechtsposition besessen habe, aus der der Beklagte eine bessere Berechtigung herleiten könnte als der Kläger. Internetbenutzer, die für einen Dritten einen Internetauftritt realisieren wollten, hätten auch schon im Jahr 1999 den Domainnamen bei der DENIC im Namen und im Auftrag des jeweiligen Dritten registrieren lassen können.
- 8
- II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Beklagten führt zur Abweisung der Klage. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass der Beklagte sich zu seiner Verteidigung allein auf ein ihm in eigener Person zustehendes Namensrecht stützen konnte (unten unter II 1). Der Vorname Raule begründete auch eine eigenständige namensrechtliche Berechtigung, auf die sich Frau H. und mit ihrer Zustimmung der Beklagte berufen konnten (unten unter II 2).
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- 1. Wie der Senat - zeitlich nach Erlass des vorliegend zu beurteilenden Berufungsurteils - entschieden hat, kommt in Fällen, in denen ein Domainname aufgrund des Auftrags eines Namensträgers auf den Namen eines Treuhänders registriert worden ist, dieser Registrierung im Verhältnis zu Gleichnamigen die Priorität zu, wenn für alle Gleichnamigen eine einfache und zuverlässige Möglichkeit besteht zu überprüfen, ob die Registrierung des Namens als Domainname im Auftrag eines Namensträgers erfolgt ist (BGHZ 171, 104 Tz. 18 - grundke.de). Dabei kann, wenn schon zu dem Zeitpunkt, zu dem ein gleichnamiger Prätendent erstmals Ansprüche auf den Domainnamen anmeldet, un- ter diesem Domainnamen ein Internetauftritt des Namensträgers besteht, ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Registrierung des Domainnamens im Auftrag des Namensträgers erfolgt ist (BGHZ 171, 104 Tz. 19 - grundke.de). Dasselbe gilt auch dann, wenn der Namensträger bei im Übrigen gleichen Voraussetzungen zwar ursprünglich keinen Auftrag zur Eintragung des Domainnamens erteilt, die Eintragung aber nachträglich genehmigt hat, bevor der gleichnamige Prätendent den Domainnamen beansprucht.
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- Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen waren diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt. Aufgrund dieser Feststellungen und im Hinblick auf das Parteivorbringen, auf das sich diese Feststellungen beziehen, ist davon auszugehen, dass der Internetauftritt von Frau Raule H. im zeitlichen Zusammenhang mit der Registrierung des Domainnamens im Jahre 1999 eingerichtet worden ist. Der Kläger hat selbst vorgetragen, erst am 4. Oktober 2001 auf die Registrierung des streitgegenständlichen Domainnamens aufmerksam gemacht worden zu sein. Das Berufungsgericht ist auch - von der Revisionserwiderung unbeanstandet - davon ausgegangen, dass Frau H. dem Beklagten die Benutzung ihres Vornamens für die Registrierung des Domainnamens "raule.de" durch schlüssiges Verhalten nachträglich gestattet hatte.
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- 2. Die Verwendung des Vornamens Raule durch Frau Raule H. begründete in deren Person eine dem Klageanspruch entgegenzuhaltende eigenständige namensrechtliche Berechtigung.
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- Die Revisionserwiderung weist allerdings mit Recht darauf hin, dass die für einen eigenständigen Schutz des Vornamens erforderliche Individualisierung entweder eine überragende Bekanntheit der betreffenden Person oder aber eine erhebliche Kennzeichnungskraft des Vornamens voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 27.1.1983 - I ZR 160/80, GRUR 1983, 262, 263 = WRP 1983, 339 - Uwe; MünchKomm.BGB/Bayreuther, 5. Aufl., § 12 Rdn. 23 und 156 m.w.N.; vgl. zu § 22 KUG BGHZ 143, 214, 231 - Marlene Dietrich). Jedenfalls das Letztere trifft im Streitfall zu. Es kann dabei dahinstehen, ob Frau H. - wie der Beklagte behauptet und unter Beweis gestellt hat - tatsächlich die einzige Person in Deutschland ist, die den standesamtlich eingetragenen ersten Vornamen Raule trägt. Zumindest ist dieser Vorname derart ausgefallen, dass er die bei fehlender überragender Bekanntheit der betreffenden Person für einen ausnahmsweise möglichen namensrechtlichen Schutz des Vornamens erforderliche erhebliche Kennzeichnungskraft aufweist.
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- III. Danach ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Koch Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 19.01.2005 - 12 O 231/04 -
OLG Celle, Entscheidung vom 08.12.2005 - 13 U 69/05 -
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Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.
(1) Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Ist der mittelbare Besitzer dem Eigentümer gegenüber zur Überlassung des Besitzes an den Besitzer nicht befugt, so kann der Eigentümer von dem Besitzer die Herausgabe der Sache an den mittelbaren Besitzer oder, wenn dieser den Besitz nicht wieder übernehmen kann oder will, an sich selbst verlangen.
(2) Der Besitzer einer Sache, die nach § 931 durch Abtretung des Anspruchs auf Herausgabe veräußert worden ist, kann dem neuen Eigentümer die Einwendungen entgegensetzen, welche ihm gegen den abgetretenen Anspruch zustehen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.