Bundesgerichtshof Urteil, 23. Apr. 2013 - 5 StR 610/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
a) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen worden ist,
b) sowie zugunsten des Angeklagten im Strafausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und einem Vergehen nach dem Waffengesetz sowie wegen eines weiteren Vergehens nach dem Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und vier Monaten verurteilt.
- 2
- Die vom Generalbundesanwalt vertretene, auf die Sachrüge gestützte und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwalt- schaft führt zur Aufhebung des Urteils, soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen worden ist, und – zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) – im gesamten Strafausspruch.
I.
- 3
- 1. Nach den Feststellungen zu dem versuchten Tötungsdelikt (Einzelfreiheitsstrafe : zehn Jahre) schoss der Angeklagte am Abend des 17. Juli 2011 mit einer mit scharfer Munition geladenen Signalpistole aus einer Entfernung von vier bis fünf Metern auf die Nebenklägerin, wobei er auf ihren Rumpf zielte. Der Schuss drang in ihren Bauchraum ein, durchschlug Blase, Gebärmutter, Eierstöcke und Blutgefäße, darunter die innere Beckenvene ; Dick- und Dünndarm wurden zerfetzt und die Hauptschlagader nur knapp verfehlt (UA S. 33). Die Nebenklägerin konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden. Ihr musste ein künstlicher Darmausgang gelegt werden , der noch im Zeitpunkt der tatgerichtlichen Hauptverhandlung bestand.
- 4
- Der Angeklagte hatte die damals 26 Jahre alte, drogenabhängige Nebenklägerin Anfang 2011 kennengelernt und zunächst ihre Dienste als Prostituierte in Anspruch genommen. Es entwickelte sich zwischen beiden eine freundschaftliche Beziehung, in deren Verlauf der Angeklagte „immer besitz- ergreifender“ wurde. Da er nicht akzeptieren wollte, dass sich die Nebenklägerin deshalb von ihm abwandte, stellte er ihr nach. Nachdem sie eine Arbeit in einem Imbiss aufgenommen hatte, drohte der Angeklagte dessen Inhaber damit, dass er sowohl ihn als auch die Nebenklägerin erschießen werde, wenn dieser sie weiterhin beschäftige. Am Tatabend lockte der Angeklagte die Nebenklägerin aus dem Imbisslokal. Nachdem sie sich seiner Umarmung entzogen hatte, beschloss er, sie mit der in derWestentasche mitgeführten Pistole zu töten; er wollte sie „für sich haben und konnte es nicht ertragen, dass sie sich von ihm lossagte“ (UA S. 32).
- 5
- 2. Das Landgericht hat die Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung sowohl nach § 66 Abs. 1 StGB als auch nach § 66 Abs. 3 StGB bejaht, sie jedoch unter Anwendung des Grundsatzes strikter Verhältnismäßigkeit nicht angeordnet.
- 6
- a) Der vielfach, auch wegen Gewalt- und Sexualstraftaten vorbestrafte Angeklagte war zwischen Oktober 1989 und August 2006 mehrfach über längere Zeiträume hinweg inhaftiert. Nachdem er bereits 1990 durch das Landgericht Heilbronn unter anderem wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt worden war, hatte das Landgericht Ravensburg ihn am 20. Dezember 1994 wegen Vergewaltigung (Einzelfreiheitsstrafe zwei Jahre sechs Monate ) und vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Am 8. April 2002 hatte das Landgericht Hechingen ihn wegen Vergewaltigung (Einzelfreiheitsstrafe drei Jahre sechs Monate) und sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person (Einzelfreiheitsstrafe zwei Jahre) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Alle Strafen hat der Angeklagte voll verbüßt.
- 7
- Die sachverständig beratene Schwurgerichtskammer kommt zu dem Schluss, dass der Angeklagte infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich sei; seit mehr als 20 Jahren sei er fortlaufend mit verschiedenen Delikten und immer wieder auch mit schweren Gewaltbzw. Vergewaltigungstaten straffällig geworden, was auf eine fest eingewurzelte Neigung zu Rechtsbrüchen schließen lasse (UA S. 49).
- 8
- b) Als Ergebnis der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) verlangten strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung sieht das Landgericht die Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung gleichwohl als nicht gegeben an. Zwar sei mit dem Sachverständigen davon auszugehen, „dass bei dem Angeklagten auf- grund seiner Persönlichkeitsstruktur unter Berücksichtigung seines bisherigen Werdegangs ein erhöhtes Rückfallrisiko für Gewalt- und Sexualstraftaten“ bestehe (UA S. 50). Jedoch sei eine differenzierte Einzelfallbetrachtung vorzunehmen, in die auch das fortgeschrittene Alter des Angeklagten einzubeziehen sei, das einen protektiven Faktor darstelle. Die durch das Landgericht Ravensburg vom 20. Dezember 1994 abgeurteilten Taten seien „soge- nannte Beziehungstaten“. Bei der dem Urteil des Landgerichts Hechingen vom 8. April 2002 zugrunde liegenden Vergewaltigung seien die angewende- te Gewalt und die „Qualität der sexuellen Handlung“ vergleichsweise gering gewesen; Letzteres gelte auch für den dort mitabgeurteilten sexuellen Missbrauch einer Widerstandsunfähigen. Zudem lägen diese zeitlich letzten schweren Straftaten bereits elf Jahre zurück. Zwischen seiner letzten Entlassung aus dem Strafvollzug im August 2006 und der verfahrensgegenständlichen Tat lägen rund fünf Jahre, was auf eine abnehmende Rückfallge- schwindigkeit hindeute, die „möglicherweise“ dem fortgeschrittenen Alter des Angeklagten zuzuschreiben sei. Der Schluss, dass er seine Entlassung in die Freiheit auch nach Verbüßung der erkannten Strafe „alsbald“ wieder zu der Begehung schwerer Straftaten nutzen werde, lasse sich nach alldem nicht ziehen (UA S. 51).
II.
- 9
- Diese Begründung für das Absehen von der Anordnung der Sicherungsverwahrung hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 10
- 1. Im Ansatz zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass die Regelungen über die Anordnung der Sicherungsverwahrung, die entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (aaO) wegen Verletzung des Abstandsgebots mit dem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar sind und lediglich befristet weitergelten, während der Übergangszeit nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung angewandt werden dürfen. Der Verhält- nismäßigkeitsgrundsatz ist in der Regel nur unter der Voraussetzung gewahrt , dass eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist (BVerfG aaO S. 406).
- 11
- 2. Die im Urteil angestellte Verhältnismäßigkeitsprüfung ist indes lückenhaft und lässt überdies besorgen, dass die Strafkammer insoweit von überspannten Maßstäben ausgegangen ist.
- 12
- a) Der Bundesgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung der vom Bundesverfassungsgericht geforderten „strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung“ normative Konturen gegeben. Danach ist sowohl hinsichtlich der Erheblichkeit weiterer Straftaten als auch hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit ihrer Begehung ein gegenüber der bisherigen Rechtsanwendung strengerer Maßstab anzulegen (vgl. BGH, Beschluss vom 2. August 2011 – 3 StR 208/11, BGHR StGB § 66 strikte Verhältnismäßigkeit 1). Darüber hinaus müssen im Rahmen der Prüfung der Unerlässlichkeit der Anordnung der Sicherungsverwahrung die Möglichkeiten zur Einwirkung auf den Angeklagten im anstehenden Vollzug einer langjährigen Freiheitsstrafe Berücksichtigung finden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2011 – 5 StR 189/11, StV 2012, 196). Nicht erforderlich ist demgegenüber, dass der Angeklagte „alsbald“ nach Verbüßung der erkannten Strafe wieder schwere Straftaten begehen wird.
- 13
- b) Zur Frage der Erheblichkeit weiterer Straftaten und der Wahrscheinlichkeit ihrer Begehung nach den aufgezeigten strengen Maßstäben verhält sich das Urteil nicht konkret. Jegliche relativierende Einschätzung der in der Vergangenheit begangenen Straftaten wäre verfehlt. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist, wie das Landgericht zutreffend erkennt, einzelfallbezogen durchzuführen. Entscheidend sind – neben dem Grad der Wahrscheinlichkeit der künftigen Rechtsgutsverletzung – die Bedeutung des vor Rückfalltaten zu schützenden Rechtsgutes sowie die mögliche Verletzungsintensität (vgl.
- 14
- Dabei sind bestimmte Deliktsgruppen im Hinblick auf das besondere Gewicht der zu schützenden Rechtsgüter grundsätzlich als schwere Gewaltoder Sexualstraftaten zu werten. Das versteht sich für vorsätzliche Tötungsdelikte von selbst (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 – 5StR 535/11). Das Landgericht hatte gerade den – äußerst vollendungsnahen – Mordversuch und die Gefahr der Begehung weiterer Tötungsdelikte in den Blick zu nehmen, zumal auch frühere Verurteilungen des Angeklagten erweisen, dass er regelmäßigen Umgang mit Schusswaffen pflegt und zu Gewaltexzessen neigt.
- 15
- Schwere Sexualstraftaten sind auch Vergewaltigungen, und zwar unabhängig von körperlicher Gewaltanwendung allein schon im Hinblick auf die damit regelmäßig verbundenen psychischen Auswirkungen für das Opfer (BGH, Urteil vom 4. August 2011 – 3 StR 175/11, NStZ 2011, 692, 693). Auch wenn insoweit aufgrund besonderer Umstände Ausnahmen denkbar erscheinen, verbietet sich im vorliegenden Fall eine Relativierung der Erheblichkeit etwa zu erwartender Sexualstraftaten des Angeklagten mit Blick auf die bei früheren Sexualstraftaten „vergleichsweise geringe“ angewendete Gewalt und „Qualität der sexuellen Handlung“. Der Angeklagte hat die früher abgeurteilten Taten – wie auch die verfahrensgegenständliche Tat – überwiegend zulasten von jungen Frauen begangen, die seinem manipulativen Verhalten aufgrund erheblicher Altersdifferenz, persönlicher Probleme, Lebenskrisen oder Alkohol- oder Drogenabhängigkeit wenig entgegenzusetzen hatten und die er sich gerade deshalb als Sexualobjekte ausgesucht hatte; durch Finten lockte er sie in Situationen, die für die Verfolgung sexueller Ziele günstig waren, und bewies zur Durchsetzung dieser Ziele nicht unerhebliche Gewaltbereitschaft. Soweit die Strafkammer die dem Urteil des Landgerichts Ravensburg zugrunde liegenden Straftaten als „Beziehungstaten“ einstuft , ist dies nur insoweit zutreffend, als zwischen dem Angeklagten und der damals Geschädigten vor den Taten eine Intimbeziehung bestand. Dass die Taten ihre spezifische Wurzel in Beziehungskonflikten gefunden hätten und nicht etwa in der Persönlichkeit des Angeklagten, liegt nach den im Urteil wiedergegebenen Feststellungen des Landgerichts Ravensburg demgegenüber eher fern.
- 16
- c) Soweit das Landgericht eine – vermeintliche – Abnahme der Rückfallgeschwindigkeit des Angeklagten feststellt, kann diese zwar auf eine Verlangsamung seiner kriminellen Karriere hindeuten, welche die Gefahr der Begehung weiterer schwerer Straftaten mindern kann. Insoweit wären jedoch die gesamten Lebensumstände des Angeklagten in den Blick zu nehmen gewesen, die – soweit aus dem Urteil erkennbar – nicht auf eine Stabilisierung seiner sozialen und psychischen Situation hindeuten. Vor allem berücksichtigt das Urteil nicht die gegenläufige Steigerung der Intensität der Gewaltanwendung , die sich in der abgeurteilten Tat manifestiert. Hinzu kommt, dass die Einschätzung des Sachverständigen zur Frage einer möglichen Verlangsamung der kriminellen Karriere des Angeklagten nicht mitgeteilt wird.
- 17
- d) Nach Auffassung des Senats müssen zwar bei der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Prüfung der Unerlässlichkeit der Anordnung von Sicherungsverwahrung – auch auf der Grundlage des § 66 Abs. 1 StGB – Möglichkeiten zur Einwirkung auf den Angeklagten im Rahmen eines anstehenden Vollzugs einer langjährigen Freiheitsstrafe durchaus Berücksichtigung finden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2011 – 5 StR 189/11, StV 2012, 196). In diesem Zusammenhang sind auch vorhersehbare vollzugsunabhängige Entwicklungen, wie z. B. Alterungsprozesse, zu würdigen, welche die Gefährlichkeit des Täters bis zu seiner Haftentlassung voraussichtlich herabsetzen werden. Jedoch bedarf es angesichts der ganz erheblichen Schwere der Anlasstat, welche die Nebenklägerin nur knapp aufgrund glücklicher Umstände überlebt hat, und der auf den Zeitpunkt der Hauptverhandlung bezogenen Gefährlichkeitseinschätzung des Landgerichts konkreter Anhaltspunkte in der Person oder im Verhalten des Angeklagten, auf wel- che die Annahme einer künftigen Risikoverminderung im Zeitpunkt seiner Entlassung gestützt werden kann. Der bloße Hinweis auf sein dann fortgeschrittenes Alter im Sinne einer eher vagen Hoffnung auf Besserung kann hier nicht ausreichen. Das Landgericht hätte sich nicht mit der Berufung auf die kriminologische Erkenntnis begnügen dürfen, dass ein höheres Lebensalter grundsätzlich einen protektiven Faktor darstellt, sondern diesen Erfahrungswert einzelfallbezogen unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Angeklagten, seines Verhaltens und seiner – voraussichtlichen – Lebensumstände würdigen müssen.
III.
- 18
- Die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Anordnung der Sicherungsverwahrung abgelehnt worden ist, führt hier – insoweit unter Aufrechterhaltung der Feststellungen – zur Aufhebung des Strafausspruches. Denn es lässt sich nicht gänzlich ausschließen, dass die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wären, wenn das Landgericht zugleich auf Sicherungsverwahrung erkannt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1979 – 3 StR 436/79, NJW 1980, 1055, 1056; Urteil vom 3. Februar 2011 – 3 StR 466/10; jeweils mwN).
IV.
- 19
- Das neue Tatgericht ist verpflichtet, über die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung (BGBl. I 2012, 2425) am 1. Juni 2013 weiterhin auf der Grundlage des bisherigen Maßstabs strikter Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 128, 326) zu entscheiden. Grundsätze des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Vertrauensschutzes verbieten, einen Angeklagten in der Folge eines gerichtlichen Fehlers insoweit schlechter zu stellen, als er bei einem von ihm zu erwartenden rechtsfehlerfreien Urteil der Tatsacheninstanz gestanden hätte. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob und inwieweit der im Freiheitsgrundrecht verankerte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch künftig eine im Vergleich zu früherer Rechtsanwendung eingeschränkte Auslegung insbesondere des Gefährlichkeitsmaßstabs in § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB gebietet.
Dölp König
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.