Bundesgerichtshof Urteil, 24. Sept. 2018 - 5 StR 528/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. September 2018, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Gruppenleiterin
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwältin J. , Rechtsanwalt E.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fünf Diebstahlstaten unter Einbeziehung der Strafen aus einem zäsurbildenden Urteil zu einer ersten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Wohnungseinbruchdiebstahls und zwei Fällen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine zweite Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie einen Vorwegvollzug der Strafe von einem Jahr und elf Monaten angeordnet und die Fahrerlaubnisbehörde angewiesen, dem Angeklagten für die Dauer von drei Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen.
- 2
- Mit Beschluss vom 28. November 2017 (5 StR 528/17) hat der Senat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen, soweit sie sich gegen die der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe zugrundeliegenden Schuldsprüche und die dafür verhängten Strafen richtete. Die Entscheidung über die Revision im Übri- gen sowie über die Kosten des Rechtsmittels hat er einer abschließenden Entscheidung vorbehalten. Denn er wollte in einem anderen Verfahren die Frage der Darstellungsanforderungen bei DNA-Einzelspuren mit sachverständiger Hilfe grundsätzlich klären.
- 3
- Die Revision des Angeklagten bleibt auch im noch verbliebenen Umfang ohne Erfolg.
- 4
- 1. Die Darstellung der Gutachtenergebnisse bezüglich der DNA-Spuren in den Fällen 1, 3 und 5 der Urteilgründe ist unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Senats rechtsfehlerfrei. Der Senat hat insoweit entschieden (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2018 – 5 StR 50/17, zur Veröffentli- chung in BGHSt vorgesehen): „Die biostatistischeWahrscheinlichkeitsberech- nung ist in Bezug auf DNA-Einzelspuren standardisiert, so dass es einer Darstellung der Anzahl der untersuchten Merkmalssysteme und der Anzahl der diesbezüglichen Übereinstimmungen nicht mehr bedarf. Das Tatgericht genügt den Darlegungsanforderungen, wenn es das Gutachtenergebnis in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage in numerischer Form mitteilt, da diese die beiden übrigen bisherigen Anforderungen widerspiegelt.“
- 5
- Im Fall 1 wurde am Tatort an einer Flasche eine DNA-Spur des Angeklagten gefunden. Nach dem vom Landgericht zugrunde gelegten Sachverständigengutachten ist es 3,1 Trilliarden mal wahrscheinlicher, dass sie vom Angeklagten stammt als von einer mit ihm unverwandten europäischen Person, weshalb sie ohne vernünftigen Zweifel von ihm herrührt. Auch in den Fällen 3 und 5 haben die Sachverständigen und mit ihnen das Gericht dargelegt, dass an den jeweiligen Tatorten DNA des Angeklagten gefunden wurde, die ohne vernünftigen Zweifel von ihm herrührt. Der Senat entnimmt der gleichlautenden verbalisierten Wahrscheinlichkeitsbezeichnung in den genannten Fällen, dass nach den jeweils standardisierten DNA-Untersuchungen auch die numerische Wahrscheinlichkeitsaussage gleich lautet, also der ausdrücklich in Fall 1 bezeichneten entspricht.
- 6
- 2. Im Übrigen hat die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die näher ausgeführte Sachrüge keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten ergeben.
- 7
- a) Zwar hat das Landgericht in den Fällen bloß versuchten Einbruchs nicht erkennbar erwogen, ob die Regelwirkung des § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB durch das Vorliegen eines vertypten Strafmilderungsgrundes entkräftet wird, sondern diesen Strafrahmen ohne weiteres nach § 23 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB verschoben. Im Blick auf die insoweit verhängten Einzelstrafen von jeweils fünf Monaten Freiheitsstrafe schließt der Senat angesichts gleicher Strafrahmenuntergrenzen aber aus, dass sich der Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 6. Aufl., Rn. 1144 mwN).
- 8
- b) Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnimmt der Senat, dass – wie weithin üblich (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2007 – 2StR 354/07, NStZ 2008, 212) – die Therapiedauer im Maßregelvollzug mit zwei Jahren angesetzt worden ist. Daraus ergibt sich der ausgeurteilte Vorwegvollzug gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB.
- 9
- c) Dass das Landgericht nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB eine isolierte Sperre von drei Jahren für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis festgesetzt hat, ohne dies näher zu begründen, nimmt der Senat hin. Denn der drogenabhängige Angeklagte ist nur wenige Monate vor den zwei verfahrensgegenständlichen Taten des Fahrens ohne Fahrerlaubnis wegen eines unter Drogeneinfluss begangenen Verkehrsdelikts unter Anordnung einer einjährigen isolierten Sperre verurteilt worden (vgl. auch § 69a Abs. 3 StGB).
Mosbacher Köhler
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(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält, - 2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist, - 3.
gewerbsmäßig stiehlt, - 4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient, - 5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist, - 6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder - 7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.
(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.
(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.
(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.
(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.
(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.
(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.
(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.
(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.
(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.