Bundesgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2018 - 3 StR 346/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. November 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Dr. Tiemann, Hoch, Dr. Leplow als beisitzende Richter,
Richter am Landgericht als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin als Verteidigerin des Angeklagten L. ,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten Z. ,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
2. Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Mit Urteil vom 24. Mai 2017 hatte das Landgericht im ersten Rechtsgang den Angeklagten L. wegen "schweren Bandendiebstahls in 35Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wobei es in sieben dieser Fälle beim Versuch blieb sowie des Diebstahls in vier Fällen" zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten, den Angeklagten N. wegen "schweren Bandendiebstahls in 20 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wobei es in sieben dieser Fälle beim Versuch blieb sowie des Diebstahls in vier Fällen" zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und den Angeklagten Z. wegen "schweren Bandendiebstahls in 37 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wobei es in neun dieser Fälle beim Versuch blieb und des Diebstahls in neun Fällen, wobei es in zwei Fällen beim Versuch blieb," unter Einbeziehung eines Urteils des Amtsgerichts Prüm vom 14. April 2016 - 8022 Js 2576/16.5 Ds - zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Auf die dagegen eingelegte Revision des Angeklagten Z. hatte der Senat mit Beschluss vom 9. Januar 2018 dieses Urteil - auch soweit es die Mitangeklagten L. und N. betraf (§ 357 Satz 1 StPO) - in den jeweiligen Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückverwiesen. Wegen der in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche hat das Landgericht die Angeklagten mit dem nunmehr angefochtenen Urteil zu Einheitsjugendstrafen von zwei Jahren (L. ), einem Jahr und sechs Monaten (N. ) und wiederum unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Prüm vom 14. April 2016 - 8022 Js 2576/16.5 Ds - drei Jahren und drei Monaten ( Z. ) verurteilt. Die Vollstreckung der beiden erstgenannten Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt und den Antrag auf Einziehung des Wertes von Taterträgen zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die auf die Ablehnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen beschränkt sind. Den vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen Revisionen bleibt der Erfolg versagt.
- 2
- 1. Die Beschränkung der Revisionen auf die unterbliebene Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen ist wirksam, weil diese Entscheidung unabhängig von der Schuldfrage beurteilt werden kann und in keinem inneren Zusammenhang mit dem Strafausspruch steht (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2018 - 1 StR 633/17, juris Rn. 2 mwN).
- 3
- 2. Die Ablehnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen durch das Landgericht erweist sich als rechtsfehlerfrei. Das Landgericht war an einer Anordnung der Einziehung aus Rechtsgründen gehindert (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2018 - 3 StR 145/18, juris Rn. 4 f.). Hierzu gilt:
- 4
- a) Führt die Revision nur teilweise zur Urteilsaufhebung, erwächst der bestehen bleibende Teil in Rechtskraft; dieser ist im neuen Verfahren nicht mehr nachzuprüfen. Der neue Tatrichter, an den das Verfahren nach der Zurückverweisung gelangt, hat lediglich den noch offenen Verfahrensgegenstand neu zu verhandeln und zu entscheiden. Maßgebend für den Umfang einer Aufhebung ist die Formulierung im Tenor der revisionsgerichtlichen Entscheidung. Das bedeutet, dass etwa der Schuldspruch rechtskräftig wird, wenn das angefochtene Urteil allein im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben wird (sog. horizontale Teilrechtskraft). Die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs umfasst alle Rechtsfolgen der Tat, unabhängig davon, ob diese vom erstinstanzlichen Gericht angeordnet worden sind.
- 5
- Aber auch innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs kann horizontale Teilrechtskraft eintreten, wenn lediglich der Strafausspruch aufgehoben wird. Denn die Aufhebung des Strafausspruchs betrifft lediglich die zur Ahndung der verfahrensgegenständlichen Taten zu verhängenden Strafen (BGH, Urteile vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135, 137 f.; vom 19. Januar 2017 - 4 StR 443/16, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 22 jeweils mwN). Dies gilt jedenfalls für solche Rechtsfolgen der Tat, die von Art und Höhe der Strafe unabhängig sind. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den für eine Rechtsmittelbeschränkung geltenden Grundsätzen.
- 6
- b) Danach ist im Hinblick auf die im ersten Urteil unterlassene Feststellung im Sinne des § 111i Abs. 2 StPO aF, dass von der Anordnung des (Wertersatz-)Verfalls nur deshalb abgesehen werde, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF), Teilrechtskraft eingetreten.
- 7
- Enthielt ein landgerichtliches Urteil eine solche Feststellung nicht, konnte sich die Staatsanwaltschaft - wenn sie dies für rechtsfehlerhaft hielt - dagegen mit der Revision wenden. Dies hat sie hier nicht getan, so dass es dem Senat auch bereits im ersten Rechtsgang aufgrund des Verschlechterungsverbots nach § 358 Abs. 2 StPO verwehrt gewesen wäre, die Entscheidung hinsichtlich der unterbliebenen Feststellung zum Nachteil des Angeklagten oder gar der nicht revidierenden Mitangeklagten aufzuheben. Dementsprechend hat der Senat ausweislich der Entscheidungsformel des Senatsbeschlusses vom 9. Januar 2018 das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil des Landgerichts auch ausschließlich im Strafausspruch aufgehoben. Die Entscheidung über ein Absehen von einer Verfallsanordnung als weitere Rechtsfolge war von der Aufhebung mithin nicht erfasst.
- 8
- Die im zweiten Rechtsgang mit der Sache befasste Strafkammer durfte demgemäß aufgrund der auf die Strafzumessung beschränkten Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis ebenfalls keine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO aF oder - nach Änderung der Rechtslage durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung mit Wirkung ab dem 1. Juli 2017 - gar eine Einziehungsanordnung treffen.
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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.
(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.
(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.
(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.
(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.
(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.