Bundesgerichtshof Urteil, 04. Aug. 2011 - 3 StR 120/11

published on 04/08/2011 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 04. Aug. 2011 - 3 StR 120/11
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 120/11
vom
4. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. August
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Menges
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
- in der Verhandlung - ,
Staatsanwalt (GL)
- bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 3. November 2010 aufgehoben, soweit ein Gesamtstrafenausspruch unterblieben ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Dessen Revision rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat nur den aus der Urteilsformel ersichtlichen geringen Teilerfolg.
2
1. Keinen Bestand hat das Urteil, soweit ein Ausspruch über die Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe unterblieben ist (§ 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 StGB).
3
Nach den Feststellungen wurde der Angeklagte am 5. Juni 2008, somit nach Begehung der hier abgeurteilten Tat, wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Ob diese Strafe nachträglich in die - in diesem Falle als Gesamtstrafe zu verhängende - lebenslange Freiheitsstrafe einzubeziehen ist, hat das Landgericht nicht geprüft. Der Senat kann eine Entscheidung nach § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 StGB auch nicht gemäß § 354 Abs. 1 StPO nachholen, denn das Urteil verhält sich nicht zu der bestimmten Bewährungszeit. Sollte die zeitige Freiheitsstrafe danach zum Zeitpunkt des ersten hier ergangenen tatrichterlichen Urteils bereits erledigt gewesen sein, käme deren Einbeziehung in eine lebenslange Freiheitsstrafe nicht mehr in Betracht; vielmehr hätte der Tatrichter die Gewährung eines Härteausgleichs nach der sog. Vollstreckungslösung zu prüfen (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2010 - 2 StR 403/09, BGHSt 55, 1).
4
2. Das weitergehende Rechtsmittel ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Ergänzend bemerkt der Senat:
5
a) Die auf § 261 StPO gestützte Rüge, das Landgericht habe bei der Würdigung der Beweise den laut Protokoll gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO verlesenen Vermerk über eine polizeiliche Vernehmung des verstorbenen Zeugen S. vom 8. März 1983 nicht erörtert, bleibt ohne Erfolg.
6
Zwar verpflichtet § 261 StPO den Tatrichter, alle in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise erschöpfend zu würdigen und dem Urteil zu Grunde zu legen, sofern dem nicht ausnahmsweise ein Beweisverwertungsverbot entgegensteht (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 261 Rn. 6). Bleibt ein Beweismittel unerwähnt, ist hieraus aber nicht zu schließen, dass es übersehen worden ist, denn die Darstellung der Beweiswürdigung im Urteil dient nicht dazu, für alle Sachverhaltsfeststellungen einen Beleg zu erbringen oder mitzuteilen, welche Beweise in der Hauptverhandlung erhoben worden sind (Meyer-Goßner aaO § 267 Rn. 12 f. mwN). Wegen eines Verstoßes gegen die Pflicht zur erschöpfenden Würdigung der Beweise lückenhaft und damit rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung deshalb nur dann, wenn das (etwa wie hier durch das Protokoll nachgewiesene) Ergebnis der Beweiserhebung eine andere Möglichkeit des Tathergangs nahe legt.
7
Nach diesen Maßstäben brauchte sich das Landgericht mit der Aussage des Zeugen S. nicht auseinanderzusetzen, denn sie deutet allenfalls entfernt auf die Möglichkeit hin, St. habe sich freiwillig auf sexuelle Kontakte zu dem ihr bis dahin fremden Angeklagten und unter den festgestellten äußeren Umständen eingelassen. Die Angaben des Zeugen, St. habe ihm gegenüber "ein übersteigertes sexuelles Verhalten gezeigt" und erkennen lassen, dass sie "bereits weitergehende Erfahrungen gemacht hatte", beruhen in erster Linie auf der persönlichen Bewertung einer sehr kurzen Beziehung , die er als ihr früherer Gitarrenlehrer mit ihr eingegangen war. Tragfähige Rückschlüsse auf das Verhalten von St. bei zufälligen Begegnungen mit Dritten, die das von der Mutter, der Zeugin D. , und der Freundin , der Zeugin A. , gezeichnete Persönlichkeitsbild erschüttern könnten, lassen sich daraus nicht ziehen.
8
b) Die Beweiswürdigung des Landgerichts trägt noch die Feststellung, der Angeklagte habe das Tatopfer jedenfalls auch getötet, um eine andere Straftat zu verdecken (§ 211 Abs. 2 StGB).
9
aa) Der Angeklagte und die damals 21-jährige St. hielten sich in der Nacht vom 23. auf den 24. August 1981 auf einer von der Kreisstraße K 15 zwischen N. und Sch. abgehenden Feldzufahrt auf. Der Angeklagte entschloss sich, dort an St. gegen ihren Willen sexuelle Handlungen vorzunehmen. Entweder veranlasste er sie durch Androhung körperlicher Gewalt, sich selbst zu entkleiden, oder er strangulierte sie bis zur Bewusstlosigkeit oder Widerstandsunfähigkeit, um ihr dann die Kleidung auszuziehen. Ob der Angeklagte danach tatsächlich sexuelle Handlungen an St. vornahm, hat das Landgericht nicht feststellen können. Aus ebenfalls nicht näher feststellbarem Anlass, aber ohne vorangegangene Provokation ihrerseits, fasste der Angeklagte schließlich den Entschluss, St. zu töten, und stach hierzu mit einem Messer von mindestens 8 cm Klingenlänge fortgesetzt auf ihren Oberkörper ein. Er handelte dabei "zumindest auch zur Verdeckung seines vorausgegangenen Verhaltens, welches zur Entkleidung des Opfers führte". Von Messerstichen des Angeklagten getroffen versuchte St. , über einen an der Feldzufahrt entlangführenden Wassergraben zu entkommen, rutschte aber von der gegenüberliegenden Böschung in den Graben zurück, wo sie in gekrümmter Bauchlage liegen blieb und schließlich verstarb. Zwei der ihr vom Angeklagten zugefügten insgesamt 63 Stichverletzungen - ein Durchstich des Herzens und eine Durchtrennung der Brustschlagader - waren jede für sich tödlich. Nach dem Stich durch das Herz hätte sich St. noch zwei bis drei Minuten bewegen können, während die Durchtrennung der Brustschlagader mit hoher Wahrscheinlichkeit eine sofortige Bewegungsunfähigkeit zur Folge hatte. Den die Brustschlagader durchtrennenden Stich führte der Angeklagte ebenso wie 43 weitere, teils noch postmortale Stiche gegen den Rücken des Opfers; das Bild der hierdurch entstandenen Verletzungen lässt darauf schließen, dass es sich dabei in einer verhältnismäßig ruhigen Bauchlage befand.
10
bb) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die (alternativ) festgestellten, zur Entkleidung des Opfers führenden Tathandlungen des Angeklagten eine andere Straftat im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB darstellen. Zwar bewertet es dieses Geschehen rechtlich unzutreffend als (vollendete) sexuelle Nötigung nach § 178 StGB aF, denn sexuelle Handlungen des Angeklagten an St. konnte es gerade nicht feststellen. Jedoch hat sich der Angeklagte dadurch, dass er St. entweder durch körperliche Gewalt dazu zwang, ein Entkleiden zu dulden, oder sie durch entsprechende Drohungen veranlasste, sich selbst zu entkleiden, zumindest einer Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht. Dass er damit zugleich versucht hat, sein Opfer sexuell zu nötigen (§ 22 StGB), liegt nach dem festgestellten Geschehensablauf zwar nahe, kann indes offen bleiben.
11
cc) Zwar verhält sich das Landgericht bei der Würdigung der Beweise nicht ausdrücklich dazu, auf welcher tatsächlichen Grundlage es zu der Feststellung gelangt ist, der Angeklagte habe St. leitend auch in der Absicht getötet, diese Straftat zu verdecken. Hierin liegt indes kein durchgreifender Rechtsfehler, denn nach dem Gesamtzusammenhang des Urteils erscheinen andere die Tat bestimmende Beweggründe des Angeklagten nur als theoretische Möglichkeiten, die so weit entfernt liegen, dass sich deren Erörterung nicht aufgedrängt hat. Unangreifbar (oben a) stellt das Landgericht fest, dass St. zu sexuellen Handlungen nicht bereit war und sich nicht freiwillig entkleidet hat. Eine Tötung im Affekt schließt das Landgericht sachverständig beraten trotz der Vielzahl der Messerstiche aus; ein die Tat provozierendes Verhalten des Opfers hält es ersichtlich für persönlichkeitsfremd. Hinzu kommt, dass der Angeklagte St. im Verlauf des Tatgeschehens zunächst stranguliert hat; die überwiegende Zahl der Stiche fügte er ihr erst zu, als sie bei ihrem Versuch, zu entkommen, verletzungsbedingt in eine Bauchlage gekommen war.

VRiBGH Becker befindet Pfister von Lienen sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Pfister Mayer Menges
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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h
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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h
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Annotations

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,

1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind;
2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen;
3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann;
4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.

(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn

1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen;
2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann;
3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.

(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Verursacht der Täter durch den sexuellen Übergriff, die sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung (§ 177) wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.