Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2009 - 2 StR 270/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte und in der Hauptverhandlung vor dem Senat auf das Strafmaß beschränkte Revision hat keinen Erfolg.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts folgte der Angeklagte am frühen Morgen des 20. August 2008 der erheblich alkoholisierten Nebenklägerin R. auf deren Heimweg von einer Diskothek, wobei er noch nicht an einen gewaltsamen, sexuellen Übergriff dachte (UA S. 14). Nachdem die Nebenklägerin das Mietshaus betreten hatte, „spazierte (er) unschlüssig darüber , was er jetzt unternehmen sollte, noch ein wenig vor dem Haus hin und her" (UA S. 15). Als Frau R. erneut die Haustür öffnete, um nach ihrer Freundin zu schauen, drängte er sie mit seinem Körper zurück in den Flur und weiter in einen links davon gelegenen Seitenflur. Die Nebenklägerin war völlig apathisch, konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und vor Schreck zunächst keinen Ton herausbringen. Spätestens jetzt war er entschlossen, auch gegen ihren Willen und etwa geleisteten Widerstand unter Ausnutzung ihrer - wie von ihm erkannt - alkoholbedingt erheblich geminderten Widerstandskraft sexuelle Handlungen vorzunehmen; er fasste sie an den Armen, brachte sie, obwohl sie ihn von sich wegzudrücken versuchte, aus dem Gleichgewicht und auf dem Steinfußboden des Seitenflurs zum Liegen. Sodann zog er ihr Jeans und Slip aus. Die Nebenklägerin hatte die Vorstellung, der Angeklagte wolle ihr Gewalt antun und sie danach umbringen. Sie war deshalb starr vor Schreck und wagte nicht, um Hilfe zu rufen. Der Angeklagte nahm an ihr verschiedene sexuelle Handlungen vor; unter anderem führte er einen Finger in ihre Scheide ein, obwohl sie ihn, als er dazu ansetzte, wegzudrücken versuchte und vernehmbar äußerte: "Lass mich!". Als er Anstalten machte, nunmehr den Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin auszuführen, stieß diese ihn so heftig weg, dass er wegen des erwarteten weiteren Widerstands von seinem Tatplan Abstand nahm und vom Tatort flüchtete.
- 3
- 2. Die Strafzumessung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- 4
- a) Die Wertung der Strafkammer, der Angeklagte habe die Nebenklägerin mit Beharrlichkeit "bis zu ihrem Haus verfolgt", ist frei von Rechtsfehlern. Zwar hatte der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Absicht, die Nebenklägerin zu vergewaltigen. Diese hatte ihm aber zuvor in der Diskothek, in der er sich ihr bereits genähert hatte, keine Beachtung geschenkt und "mit ablehnender Zurückhaltung" reagiert (UA S. 13). Unter diesen Umständen ist die Bewertung des Verhaltens des Angeklagten als beharrlich nicht rechtsfehlerhaft.
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- b) Soweit die Strafkammer weiter ausführt, der Angeklagte habe die Nebenklägerin überrumpelt und in den dunklen Seiteneingang des Hausflurs gedrängt , handelt es sich nicht um einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB, sondern - wie auch der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - um die Heranziehung der näheren Umstände der auch verwirklichten Tatbestandsalternative des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB.
- 6
- c) Rechtsfehlerfrei ist auch die strafschärfende Erwägung des Landgerichts , der Angeklagte sei „in den Jahren 2006 und 2007 dreimal, allerdings nicht einschlägig, strafrechtlich in Erscheinung getreten und wegen Diebstahls, Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln jeweils mit Geldstrafe belegt worden“ (UA S. 40). Die Strafkammer stellt hier - ebenso wie im Blick auf den Vorfall vom 6. August 2004 - auf die Tathandlungen ab; dies folgt aus der Hervorhebung der Tatzeitpunkte. Im Übrigen kann allein die Tatsache, dass der Angeklagte nach der abzuurteilenden Tat bestraft worden ist, durchaus berücksichtigt werden , soweit dies zur zutreffenden Erfassung der Täterpersönlichkeit angezeigt erscheint.
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- d) Der Senat lässt offen, ob die strafschärfende Erwägung, der Angeklagte habe der Nebenklägerin vor ihrem Hause aufgelauert (UA S. 40), in einem Spannungsverhältnis zu der Feststellung steht, der Angeklagte sei, nachdem die Nebenklägerin im Hauseingang verschwunden war, unschlüssig darüber , was er jetzt unternehmen solle, noch ein wenig vor dem Haus hin und her gegangen (UA S. 15). Denn auf einem etwaigen Rechtsfehler würde das angefochtene Urteil nicht beruhen. Der Senat schließt aus, dass die Strafe, die nach Auffassung des Landgerichts „im unteren Bereich des Vertretbaren“ liegt, ohne die genannte Erwägung noch geringer ausgefallen wäre.
- 8
- e) Der Angeklagte ist nach der hier abgeurteilten Tat vom Amtsgericht Köln zu einer Geldstrafe verurteilt worden, ohne dass das Landgericht Feststellungen zu einer Erledigung der Sanktion getroffen hat. Der Senat schließt jedoch aus, dass der Angeklagte durch einen Verstoß gegen § 55 Abs. 1 StGB beschwert wäre. Fischer Rothfuß Roggenbuck Appl Cierniak
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(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
- 1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, - 2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert, - 3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, - 4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder - 5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet, - 2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder - 3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder - 2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder - 3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder - 2.
das Opfer - a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.