Bundesgerichtshof Urteil, 15. Okt. 2014 - 2 StR 240/14
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
a) soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen worden ist,
b) sowie zu Gunsten des Angeklagten im Strafausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren insoweit entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen und wegen exhibitionistischer Handlungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Von einer Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung hat es abgesehen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte und mit der Sachrüge begründete Revision auf die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung beschränkt. Die Revision des Angeklagten ist erfolglos. Dagegen hat das vom Generalbundesanwalt vertretene – nicht wirksam beschränkte – Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
I.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der 23 Jahre alte Angeklagte u. a. wie folgt vorbestraft:
- 3
- a) Das Amtsgericht Köln verwarnte ihn am 25. November 2010 wegen „Beleidigung mittels Tätlichkeit“ jugendrichterlich und erteilte eine Weisung. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Angeklagte im März 2010 auf der Damentoilette hinter die ihm nicht bekannte 16 Jahre alte Geschädigte getreten war, beide Hände um ihre Hüften gelegt und – ohne ihre Gegenwehr zu beachten – seinen Unterleib an ihrem Gesäß gerieben hatte.
- 4
- Der Angeklagte, der aufgrund der ihm erteilten jugendrichterlichen Weisung eine Beratungsstelle aufgesucht hatte, bagatellisierte dort den Sachverhalt und „kommunizierteein in der Familie herrschendes, abwertendes Frauenbild.
- 5
- b) Am 5. August 2011 sprach das Amtsgericht Köln den Angeklagten der versuchten Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung und der schwe- ren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit „gemeinschaftlicher“ gefährlicher Körperverletzung schuldig und verhängte unter Einbeziehung des vorgenannten Urteils eine Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Der Verurteilung lag folgendes zugrunde:
- 6
- Der Angeklagte hatte am 21. November 2010 gegen Mitternacht die ihm unbekannte 18-jährige Geschädigte, der er zuvor gefolgt war, darauf angesprochen , sie näher kennen lernen zu wollen. Der Angeklagte hatte sich hinter ihr durch eine Haustür gedrängt und wurde zunehmend aggressiver. Er griff der Geschädigten von vorn in die Hose und Unterhose und berührte mit seiner Hand mehrfach ihre Vagina. Sodann drängte er die Geschädigte die Kellertreppe hinunter und versuchte ihre Stoffhose herunterzuziehen, was ihm aufgrund ihrer Gegenwehr nicht gelang. Als die Geschädigte um Hilfe rief, hielt ihr der Angeklagte den Mund zu. Eine Nachbarin, die auf das Geschehen aufmerksam geworden war, machte sich bemerkbar, woraufhin der Angeklagte die weitere Tatausführung aufgab und flüchtete.
- 7
- Bereits Anfang Oktober 2010 hatte der Angeklagte mit sechs weiteren Mittätern entsprechend einem gemeinsamen Tatplan die Wohnung eines weiteren Geschädigten aufgesucht. Unter dem Eindruck zuvor erhaltener Schläge durch zwei Mittäter und des Vorhaltens eines Teleskopschlagstockes durch den Angeklagten hatte der Geschädigte einen Umschlag mit 100 € übergeben; das Geld hatten die Täter untereinander aufgeteilt.
- 8
- Der Angeklagte verbüßte die Jugendstrafe bis Mitte November 2012. Im Anschluss daran hat das Amtsgericht Wuppertal die Dauer der Führungsaufsicht auf drei Jahre festgesetzt und dem Angeklagten u.a. die Weisung erteilt, Kontakt bei einer Beratungsstelle für die Behandlung sexualisierter Gewalt aufzunehmen und dort regelmäßig Beratungsgespräche wahrzunehmen, wozu es indes in der Folgezeit nicht kam.
- 9
- 2. Zur Sache hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
- 10
- a) Am 22. März 2013 begab sich der Angeklagte in den Garten der Erdgeschosswohnung der Familie L. . Er stellte sich unmittelbar vor eines der großen Fenster des Wohnzimmers, ließ seine Hose herunter und begann, an seinem erigierten Penis zu manipulieren. Dabei kam es ihm sowohl darauf an, die beiden etwa ein bis zwei Meter von dem Fenster entfernt auf einer Couch sitzenden 13- und 14-jährigen Mädchen, deren Alter er „unwiderlegbar auf etwa 17 Jahre schätzte, zu sehen, als auch von diesen bei Vornahme der sexuellen Handlung gesehen zu werden, was diese auch taten“. Die Mädchen waren durch den Anblick des onanierenden Angeklagten geschockt und empfanden Ekel, was der Angeklagte in Kauf nahm. Der Angeklagte ejakulierte sodann auf den Terrassenboden (Fall II. 1. der Urteilsgründe).
- 11
- b) Am 30. April 2013 stand der Angeklagte in einem Flur eines Mehrfamilienhauses der 7-jährigen Nebenklägerin A. gegenüber, öffnete seine Hose und entblößte seinen Penis. Er forderte die Nebenklägerin „etwa fünfmal auf“, seinen Penis in den Mund zu nehmen, was diese jedoch mit Kopfschütteln ablehnte. Der Angeklagte, der im Wohnhaus eine Tür schlagen hörte, zog sich wieder an und forderte die Nebenklägerin auf, mit ihm in den Keller zu kommen. Dort entblößte der Angeklagte seinen Penis erneut und forderte die Nebenklägerin mehrfach auf, diesen in den Mund zu nehmen. Die Nebenklägerin lehnte dieses Ansinnen wiederum ab. Der Angeklagte zog sodann der Nebenklägerin die Hose herunter, betrachtete ihre unbekleidete Scheide und streichelte sie im Genitalbereich. Als die Nebenklägerin sich die Hose wieder hochzog, sich umdrehte und weglaufen wollte, hielt sie der Angeklagte am T-Shirt fest und zog sie zurück. Erneut forderte er sie auf, seinen Penis in den Mund zu nehmen, was die Nebenklägerin jedoch wiederum ablehnte. Als diese zu weinen begann, ließ der Angeklagte von ihr ab und ergriff die Flucht (Fall II. 3. der Urteilsgründe
).
- 12
- c) Am 19. Mai 2013 gegen 06.45 Uhr begab sich der Angeklagte in ein Kinderkrankenhaus und betrat verschiedene Krankenzimmer. In dem ersten Zimmer, in das er ging, schlief eine Frau, die er an ihrem Kopftuch und an ihrem Rücken berührte. Als die Frau davon erwachte, verließ er das Zimmer. In dem nächsten Raum, den der Angeklagte betrat, schlief ebenfalls eine Frau. Er hob die Bettdecke an und betrachtete deren bekleideten Genitalbereich. Als die Frau erwachte verließ er das Zimmer.
- 13
- Sodann betrat er das Zimmer der 10-jährigen Nebenklägerin C. , die dort mit einem anderen Mädchen schlief. Der Angeklagte trat an das Bett heran, zog die Bettdecke herunter und streichelte die Nebenklägerin zunächst am Bauch, wovon diese aufwachte. Der Angeklagte zog sodann deren Hose und Unterhose herunter, betrachtete ihre unbekleidete Scheide und streichelte sie im Genitalbereich. „Anschließend zog er sich selbst die Hose herunter, näherte sich mit seinem erigierten Penis dem Gesicht der Nebenklägerin und forderte sie auf, ihn in den Mund zu nehmen“. Die Nebenklägerin lehnte jedoch mehrfach ab. Als der Angeklagte auf dem Krankenhausflur ein Geräusch hörte, verließ er das Zimmer und das Krankenhaus (Fall II. 5. der Urteilsgründe).
- 14
- 3. Die Strafkammer hat gegenüber dem umfassend geständigen Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen exhibitionistischer Handlungen gemäß § 183 Abs. 1 StGB auf eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, im Fall II. 3. und II. 5. der Urteilsgründe jeweils wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 Abs. 1 StGB auf Freiheitsstrafen von drei Jahren und sechs Monaten bzw. vier Jahren erkannt. Von jeweils (tateinheitlichen) versuchtem schwerem sexuellem Missbrauch eines Kindes (in den Fällen II. 3. und II. 5. der Urteilsgründe) bzw. von einer (tateinheitlich) versuchten Vergewaltigung (im Fall II. 3. der Urteilsgründe) sei der Angeklagte strafbefreiend zurückgetreten.
II.
- 15
- Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere hat das Tatgericht den vom Revisionsgericht hinzunehmenden Rahmen vertretbarer Strafbemessung nicht überschritten.
III.
- 16
- Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg; zugleich führt das Rechtsmittel – zu Gunsten des Angeklagten – zur Aufhebung des Strafausspruchs.
- 17
- 1. Der Senat kann offen lassen, ob die Revision auf die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung deswegen beschränkt ist, weil – trotz eines den Schuld- und Strafausspruch umfassenden Revisionsantrags – der Inhalt der Revisionsbegründungsschrift ausschließlich Ausführungen zur Nichtanordnung der Maßregelentscheidung enthält (vgl. zur Auslegung des Angriffsziels unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV: Senat, Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285 mwN).
- 18
- Die Beschränkung der Revision auf die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung , die grundsätzlich isoliert auf Rechtsfehler überprüfbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2011 – 4 StR 331/11, NStZ-RR 2012, 156, 157 mwN), wäre indes hier unwirksam. Das Landgericht hat den Angeklagten unter anderem auch deswegen nicht in der Sicherungsverwahrung untergebracht, weil aufgrund der Wirkungen des langjährigen Strafvollzugs bei dem Angeklagten eine Haltungsänderung erwartet werden könne. Damit hat es Strafhöhe und Maßregelanordnung in einen inneren Zusammenhang gesetzt, der eine getrennte Prüfung beider Rechtsfolgen ausschließt (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 – 3 StR 466/10, insoweit in NStZ-RR 2011, 172 nicht abgedruckt; Urteil vom 11. Juli 2013 – 3 StR 148/13, insoweit in NStZ 2013, 707 nicht abgedruckt
).
- 19
- 2. Die Revision beanstandet mit Recht, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen hat.
- 20
- a) Die Strafkammer hat zutreffend die formellen und materiellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB bejaht. Dem Sachverständigen folgend hat das Landgericht einen Hang des Angeklagten zur Begehung erheblicher Straftaten und dessen („hohe“) Gefährlichkeit für die Allgemeinheit im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB festgestellt. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
- 21
- Das Landgericht hat allerdings aufgrund seines unzutreffenden rechtlichen Ansatzes verkannt, dass auch die – formellen und materiellen – Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB vorgelegen haben könnten. Das für die Verhängung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 StGB erforderliche Vorliegen von drei vorsätzlichen Taten setzt nicht voraus, dass diese Taten – wovondie Strafkammer fehlerhaft ausgegangen ist – gemeinsam in der Ent- scheidung abgeurteilt werden, in der die Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 2 StGB angeordnet werden könnte. Vielmehr können eine oder zwei von diesen Taten schon vorher rechtskräftig abgeurteilt sein, sofern der Täter wenigstens eine der Symptomtaten als Erwachsener begangen hat (vgl. auch Senat , Beschluss vom 20. Dezember 2001 – 2 StR 513/01, BGHR StGB § 66 Abs. 3 Katalogtat 2; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2010 – 3 StR 439/09, NStZ-RR 2010, 142, 143).
- 22
- Neben den Fällen II. 3. und II. 5. der Urteilsgründe ist der Angeklagte durch das Amtsgericht Köln am 5. August 2011 zu einer einheitlichen Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden; dieser Verurteilung lagen ausschließlich Katalogtaten gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a) und lit.
b) StGB zugrunde. Eine in einem früheren Verfahren ausgesprochene einheitliche Jugendstrafe nach § 31 JGG erfüllt indes die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 StGB nur, wenn zu erkennen ist, dass der Täter wenigstens bei einer der ihr zugrundeliegenden Straftaten eine Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hätte, sofern sie als Einzeltat gesondert abgeurteilt worden wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2001 – 3 StR 261/01, NStZ 2002, 29; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 66 Rdn. 26, jeweils mwN). Dies festzustellen , ist tatrichterliche Aufgabe, die dem über die Sicherungsverwahrung entscheidenden Richter obliegt. Dabei hat der Tatrichter festzustellen, wie der Richter des Vorverfahrens die einzelnen Taten bewertet hat; er darf sich nicht an dessen Stelle setzen und im Nachhinein eine eigene Strafzumessung vornehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2001 – 3 StR 261/01, NStZ 2002, 29 mwN). Entsprechende Feststellungen muss der Tatrichter so belegen, dass eine ausreichende revisionsgerichtliche Überprüfung möglich ist.
- 23
- b) Soweit die Strafkammer im Folgenden im Rahmen ihrer Ermessensausübung die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung auch damit be- gründet hat, der Angeklagte habe „in keinem der Fälle […] den Taterfolg eines qualifizierten Sexualdelikts herbeigeführt“, hat sie beiPrüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßregel einen unzutreffenden Bezugspunkt gewählt. Entscheidend ist, welche Straftaten vom Angeklagten zukünftig zu erwarten sind; die Anlasstaten haben dafür nur indizielle Bedeutung (vgl. auch Fischer, aaO, § 62 Rdn. 3a ff. mwN). Bezogen auf Hang und Gefährlichkeit hat das Landgericht insoweit aber ausgeführt, dass der Angeklagte, dem jegliche Opferempathie fehle, „durchaus auch bereit (sei),seine sexuellen Interessen mittels Einsatzes von Gewalt und das Eindringen in persönlichste Schutzbereiche seiner Opfer zu begehen“. Aufgrund seiner – durch Impulsivität und Aggressivität gekennzeich- neten – Persönlichkeitsstruktur seien seine sexuellen Übergriffe regelmäßig gegen besonders schwache und hilflose Frauen oder Mädchen gerichtet. Diese Umstände hat das Landgericht im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht ausreichend in den Blick genommen.
- 24
- c) Auch im Übrigen hat das Landgericht das ihm durch § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB eingeräumte Ermessen – auch eingedenk eingeschränkter revisionsgerichtlicher Nachprüfung – rechtsfehlerhaft ausgeübt. Die Erwägung des Landgerichts, eine Haltungsänderung des Angeklagten während der Dauer des Strafvollzugs sei zu erwarten, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
- 25
- aa) Die Beurteilung, ob ein Angeklagter infolge seines Hanges zur Begehung schwerer Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich ist, richtet sich nach der Sachlage zum Zeitpunkt der Aburteilung (§ 66 Abs. 3 Satz 2 StGB iVm § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB). Dieses hat die Strafkammer im Ansatz auch nicht verkannt.
- 26
- Soweit indes die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 2 StGB oder – wie vom Landgericht angenommen – nach § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB in Betracht kommt, ist es dem Tatrichter grundsätzlich gestattet, bei der Ausübung seines Ermessens die zu erwartenden Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs auf die Gefährlichkeit des Angeklagten zu berücksichtigen. Ihm ist die Möglichkeit eröffnet, sich ungeachtet der hangbedingten Gefährlichkeit des Angeklagten zum Zeitpunkt der Urteilsfindung auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu beschränken, sofern erwartet werden kann, dass sich der Angeklagte schon die Strafe hinreichend zur Warnung dienen lässt (vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Juli 2013 – 3 StR 148/13, NStZ 2013, 707).
- 27
- Ein Absehen von der Verhängung der Sicherungsverwahrung bei Ausübung dieses Ermessens ist jedoch nur gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte erwarten lassen, dass dem Täter aufgrund der Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs und diesen begleitender resozialisierender sowie therapeutischer Maßnahmen zum Strafende eine günstige Prognose gestellt werden kann. Nur denkbare positive Veränderungen und Wirkungen künftiger Maßnahmen im Strafvollzug reichen nicht aus (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 – 3 StR 466/10, NStZ-RR 2011, 172; Urteil vom 11. Juli 2013 – 3 StR 148/13, NStZ 2013, 707, jeweils mwN).
- 28
- bb) Diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Landgerichts nicht gerecht.
- 29
- (1) Im Rahmen der Prognosebeurteilung hat das Landgericht ausgeführt, „dass ohne eine erfolgreiche therapeutische Einwirkung auf den Angeklagten auch für die Zukunft ernsthaft damit zu rechnen ist, dass er seinen devianten sexuellen Impulsen in strafbarer Weise nachgehen wird“. Daraus ergibt sich bereits, dass allein durch Strafverbüßung eine Haltungsänderung des Angeklagten , die zu einer Verminderung seiner Gefährlichkeit führen wird, nicht zu erwarten ist.
- 30
- (2) Die vom Landgericht zugrunde gelegten „erkennbaren positiven An- sätze im Hinblick auf eine therapiebedingte Verhaltensänderung“ des Angeklag- ten sind nicht belegt. Während seiner ersten Inhaftierung war der Angeklagte zu einer Therapie „allenfalls“ vordergründig bereit. Eine Haltungsänderung im Ver- lauf der Haft habe sich lediglich insoweit abgezeichnet, dass der Angeklagte zu Beginn der Haft „frech, fordernd und respektlos“ aufgetreten sei, gegen Ende der Haftzeit hingegen „angepasst und ruhiger“. Nach Entlassung aus derHaft habe der Angeklagte entsprechende Therapieauflagen – sanktionslos – nicht erfüllt. Die Versicherung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, „nunmehr eingesehen (zu haben), dass er Hilfe brauche und bereit sei, aktiv an sich zu arbeiten“, hat das Landgericht als „wenig emotional fundiert und noch nicht von der Einsicht in die Komplexität seiner Problematik getragen“ bewertet, zumal er schon in der Vergangenheit Therapiebereitschaft und Kooperation vorgetäuscht habe. Da jedoch während der Inhaftierung des Angeklagten „eine Unterbrin- gung in der sozialtherapeutischen Abteilung […] möglich“ sei, bestehe „vor dem Hintergrund des jungen Alters des Angeklagten, der durch die Inhaftierung eingetretenen Isolierung von seiner Familie sowie der Tatsache, dass im Rahmen der ersten Inhaftierung bereits Verhaltensänderungen zu beobachten waren, […] die begründete Erwartung einer erfolgreichen Therapie“.
- 31
- Damit hat das Landgericht indes nur denkbare Wirkungen des künftigen Strafvollzugs benannt, die kaum mehr als eine Hoffnung beschreiben. Über die im Ansatz vorhandene allgemeine Unrechtseinsicht und – möglicherweise nur vorgetäuschte – Therapiebereitschaft des Angeklagten hinaus werden konkrete Anhaltspunkte für einen erwartbaren Erfolg der resozialisierenden und therapeutischen Maßnahmen im Strafvollzug – unbeschadet nicht mitgeteilter Sachverständigenprognose – nicht benannt.
- 32
d) Nach alledem muss über die Anordnung der Sicherungsverwahrung nochmals entschieden werden.
- 33
- Die aufgrund der Weitergeltungsanordnung im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (2 BvR 2365/09 u.a., BVerfGE 128, 326) auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebots in vorliegendem Fall weiterhin (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2014 – 3 StR 355/13, NStZ-RR 2014, 207 mwN) vorzunehmende "strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung" steht der Anordnung der Sicherungsverwahrung hier nicht von vornherein entgegen (vgl. zur Anlasstat gemäß § 176 Abs. 1 StGB: BGH, Urteil vom 19. Februar 2013 – 1 StR 465/12, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 9 mwN).
- 34
- Sofern auch nach erneuter Verhandlung keine konkreten Anhaltspunkte für einen erwartbaren Erfolg der resozialisierenden und therapeutischen Maßnahmen im Strafvollzug vorliegen sollten, bleibt es der Prüfung nach § 67c StGB vorbehalten, ob der Angeklagte nach Strafverbüßung weiterhin für die Allgemeinheit gefährlich und daher der Vollzug der Sicherungsverwahrung geboten ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2004 – 1 StR 474/03, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 7; Urteil vom 3. Februar 2011 – 3 StR 466/10, NStZRR 2011, 172).
- 35
- 3. Die Aufhebung des angefochtenen Urteils im (unterbliebenen) Maßregelausspruch führt zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) zur Aufhebung auch des gesamten Strafausspruchs. Im Hinblick auf die Erwägungen des angefochtenen Urteils zu den möglichen Wirkungen des langjährigen Strafvollzugs vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die verhängten Einzelstrafen sowie die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wären, wenn das Landgericht die nunmehr erneut im Raum stehende Sicherungsverwahrung verhängt hätte (vgl.
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Annotations
(1) Ein Mann, der eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
(3) Das Gericht kann die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe auch dann zur Bewährung aussetzen, wenn zu erwarten ist, daß der Täter erst nach einer längeren Heilbehandlung keine exhibitionistischen Handlungen mehr vornehmen wird.
(4) Absatz 3 gilt auch, wenn ein Mann oder eine Frau wegen einer exhibitionistischen Handlung
- 1.
nach einer anderen Vorschrift, die im Höchstmaß Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe androht, oder - 2.
nach § 174 Absatz 3 Nummer 1 oder § 176a Absatz 1 Nummer 1
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Auch wenn ein Jugendlicher mehrere Straftaten begangen hat, setzt das Gericht nur einheitlich Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8), können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nebeneinander angeordnet oder Maßnahmen mit der Strafe verbunden werden. Die gesetzlichen Höchstgrenzen des Jugendarrestes und der Jugendstrafe dürfen nicht überschritten werden.
(2) Ist gegen den Jugendlichen wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig die Schuld festgestellt oder eine Erziehungsmaßregel, ein Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe festgesetzt worden, aber noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so wird unter Einbeziehung des Urteils in gleicher Weise nur einheitlich auf Maßnahmen oder Jugendstrafe erkannt. Die Anrechnung bereits verbüßten Jugendarrestes steht im Ermessen des Gerichts, wenn es auf Jugendstrafe erkennt. § 26 Absatz 3 Satz 3 und § 30 Absatz 1 Satz 2 bleiben unberührt.
(3) Ist es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig, so kann das Gericht davon absehen, schon abgeurteilte Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen. Dabei kann es Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel für erledigt erklären, wenn es auf Jugendstrafe erkennt.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Wird eine Freiheitsstrafe vor einer wegen derselben Tat oder Taten angeordneten Unterbringung vollzogen und ergibt die vor dem Ende des Vollzugs der Strafe erforderliche Prüfung, dass
- 1.
der Zweck der Maßregel die Unterbringung nicht mehr erfordert oder - 2.
die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung unverhältnismäßig wäre, weil dem Täter bei einer Gesamtbetrachtung des Vollzugsverlaufs ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 2 in Verbindung mit § 66c Absatz 1 Nummer 1 nicht angeboten worden ist,
(2) Hat der Vollzug der Unterbringung drei Jahre nach Rechtskraft ihrer Anordnung noch nicht begonnen und liegt ein Fall des Absatzes 1 oder des § 67b nicht vor, so darf die Unterbringung nur noch vollzogen werden, wenn das Gericht es anordnet. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Das Gericht ordnet den Vollzug an, wenn der Zweck der Maßregel die Unterbringung noch erfordert. Ist der Zweck der Maßregel nicht erreicht, rechtfertigen aber besondere Umstände die Erwartung, daß er auch durch die Aussetzung erreicht werden kann, so setzt das Gericht die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus; mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein. Ist der Zweck der Maßregel erreicht, so erklärt das Gericht sie für erledigt.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.