Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Feb. 2005 - XII ZR 46/03

published on 16/02/2005 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Feb. 2005 - XII ZR 46/03
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 46/03
vom
16. Februar 2005
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Februar 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und
die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 28. Januar 2003 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Streitwert: 1.883,38 €

Gründe:


1. Der nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert von über 20.000 € ist entgegen den Angriffen der Beschwerdeführer nicht erreicht.

a) Die Berechnung der Beschwer richtet sich nach § 8 ZPO, wenn das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig ist. Nach dieser Vorschrift ist der auf die gesamte streitige Zeit entfallende Pacht- oder Mietzins anzusetzen, wenn nicht der 25-fache Betrag des einjährigen Mietzinses geringer ist. Zu den Verfahren, in denen im Sinne dieser Vorschrift der Bestand oder die Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses streitig ist, zählen auch Räumungsklagen nach vorausgegangener Kündigung (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Mai 2000 - XII ZR 335/99 - NZM 2000, 1227). Beruft sich ein Nutzungsberechtigter gegenüber einer Kündigung auf Schutzregeln, die das Kündigungs-
recht einschränken und ihm ein Recht zur Fortsetzung der Nutzung geben, so dauert die "streitige Zeit" im Sinne des § 8 ZPO vom Tag der Erhebung der Räumungsklage (hier: 30. März 2001) bis zu dem Zeitpunkt an, den der Nutzungsberechtigte als den für ihn günstigsten Beendigungszeitpunkt des Mietoder Pachtvertrages in Anspruch nimmt (vgl. Senatsbeschluß vom 14. April 2004 - XII ZB 224/02 - NZM 2004, 460; Senatsbeschluß vom 10. August 1999 - XII ZR 69/99 - NJW-RR 1999, 1531; Senatsbeschluß vom 25. Oktober 1995 - XII ZR 7/94 - NJW-RR 1996, 316; Senatsurteil vom 1. April 1992 - XII ZR 200/91 - NJW-RR 1992, 1359). Hat er keinen festen Zeitpunkt genannt oder beruft er sich - wie hier die Beklagten - darauf, daß der Nutzungsvertrag auf Lebenszeit geschlossen worden sei, greift die Vorschrift des § 9 ZPO ein (vgl. Senatsbeschluß vom 14. April 2004 aaO, 460; Senatsbeschluß vom 25. Oktober 1995 aaO, 316; Musielak/Smid ZPO 3. Aufl. § 8 Rdn. 1). Nach dieser Vorschrift ist als Beschwer der dreieinhalbfache Jahresbetrag anzusetzen. Die Kläger haben in der Klageschrift vorgetragen, daß der Jahreswert des Nutzungsentgelts 3.683,58 DM beträgt. Bei Zugrundelegung des dreieinhalbfachen Jahresbetrages beträgt der Beschwerdewert des Räumungsantrags daher 12.892,53 DM (= 6.591,84 €).

b) Eine andere Berechnung der Beschwer hinsichtlich des Räumungsantrags ergibt sich auch nicht daraus, daß die Beschwerdeführer der Ansicht sind, das Nutzungsverhältnis sei kein Miet- oder Pachtverhältnis. Hierbei übersehen sie die Vorschrift des § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG. Nach dieser Norm sind auf die in § 1 Abs. 1 SchuldRAnpG aufgeführten Verträge die Bestimmungen des BGB über die Miete oder die Pacht anzuwenden, soweit das Schuldrechtsanpassungsgesetz nicht etwas anderes bestimmt. Der zwischen den Parteien bestehende Nutzungsvertrag wird von § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG erfaßt, da er zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung bzw. Freizeitgestaltung geschlossen worden ist. Die Beschwerdeführer räumen selbst ein, daß es sich
bei dem Vertrag um eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung handelt. Daher kommt eine Bemessung nach dem Wert der Sache gemäß § 6 ZPO (vgl. BGH, Beschluß vom 3. Dezember 1998 - IX ZR 253/98 - NZM 1999, 189, 190; Senatsbeschluß vom 27. Oktober 2004 - XII ZB 106/04 - WuM 2005, 66-67) nicht in Betracht. Für solche Verträge finden die Regelungen des §§ 8 bzw. 9 ZPO Anwendung.

c) Der Beschwerdewert wäre hinsichtlich des Räumungsantrages auch dann nicht erreicht, wenn es sich - wie die Beklagten behaupten - um einen unentgeltlichen Überlassungsvertrag handeln würde, weil nach § 20 Abs. 2 SchuldRAnpG auf die bisher unentgeltlichen Nutzungsverträge nunmehr die Bestimmungen der Nutzungsentgeltverordnung entsprechend anzuwenden sind.
2. Der erforderliche Beschwerdewert ergibt sich auch nicht aus dem - im Rahmen eines Hilfsantrags gestellten - Feststellungsantrag.
Mit diesem Antrag haben die Kläger beantragt, festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, ein Nutzungsentgelt zu zahlen. Der Streitwert einer selbständigen Feststellungsklage bemißt sich nach der Entscheidung des Senats nach § 8 ZPO (vgl. Beschluß vom 9. Oktober 1991 - XII ZR 81/91 - NJWRR 1992, 698). Danach ist der Betrag des auf die gesamte streitige Zahl entfallenden Mietzinses maßgebend, höchstens der 25-fache Betrag des einjährigen Mietzinses. Was als streitige Zeit in diesem Sinne anzusehen ist, ist für die Bemessung der Beschwer im Sinne von § 546 ZPO aus der Sicht der im Berufungsurteil unterlegenen Partei zu beurteilen. Die Beschwerdeführer berufen sich darauf, daß die Beklagten sich auf ein lebenslanges Nutzungsrecht stützen. Für die Bestimmung des Beschwerdewerts greift § 9 ZPO ein, wenn ein auf Lebenszeit geschlossener Mietvertrag im Streit ist (vgl. Senatsbeschluß vom 14. April 2004 aaO, 460; Musielak/Smid aaO § 8 Rdn. 1). Danach ist für die
Bestimmung des Beschwerdewerts der dreieinhalbfache Jahrespachtzins abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20 % und damit 5.272,80 € (12.892,53 DM = 6.591,84 € - 20 %) festzusetzen. Dies hat zur Folge, daß der Beschwerdewert für beide Anträge 11.864,64 € beträgt und damit der für § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht ist.
Hahne Sprick Fuchs
Ahlt Vézina
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Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere
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Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere
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Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Auf die in § 1 Abs. 1 bezeichneten Verträge sind die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Miet- oder den Pachtvertrag anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Vereinbarungen, die die Beteiligten (Grundstückseigentümer und Nutzer) nach Ablauf des 2. Oktober 1990 getroffen haben, bleiben von den Bestimmungen dieses Gesetzes unberührt. Dies gilt unabhängig von ihrer Vereinbarkeit mit Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik auch für bis zu diesem Zeitpunkt getroffene Abreden, die vom Inhalt eines Vertrages vergleichbarer Art abweichen, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen und von denen anzunehmen ist, daß die Beteiligten sie auch getroffen hätten, wenn sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse vorausgesehen hätten.

(3) In einem Überlassungsvertrag getroffene Abreden bleiben nur wirksam, soweit es in diesem Gesetz bestimmt ist.

(1) Dieses Gesetz regelt Rechtsverhältnisse an Grundstücken in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet), die aufgrund

1.
eines Vertrages zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung oder Freizeitgestaltung oder zur Errichtung von Garagen oder anderen persönlichen, jedoch nicht Wohnzwecken dienenden Bauwerken überlassen,
2.
eines Überlassungsvertrages im Sinne des Artikels 232 § 1a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu Wohnzwecken oder zu gewerblichen Zwecken übergeben oder
3.
eines Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsvertrages von einem anderen als dem Grundstückseigentümer bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 mit Billigung staatlicher Stellen mit einem Wohn- oder gewerblichen Zwecken dienenden Bauwerk bebaut
worden sind.

(2) Wurde das Grundstück einem anderen als dem unmittelbar Nutzungsberechtigten (Zwischenpächter) zum Zwecke der vertraglichen Überlassung an Dritte übergeben, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes auch auf diesen Vertrag anzuwenden.

Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.

(1) Der Grundstückseigentümer kann vom Nutzer die Zahlung eines Nutzungsentgelts verlangen. Die Höhe des Entgelts richtet sich nach der Nutzungsentgeltverordnung vom 22. Juli 1993 (BGBl. I S. 1339) in ihrer jeweils gültigen Fassung.

(2) Auf die bisher unentgeltlichen Nutzungsverträge sind die Bestimmungen der Nutzungsentgeltverordnung entsprechend anzuwenden. Der Grundstückseigentümer kann den Betrag verlangen, den der Nutzer im Falle einer entgeltlichen Nutzung nach den §§ 3 bis 5 der Nutzungsentgeltverordnung zu zahlen hätte.

(3) Hat das Nutzungsentgelt die ortsübliche Höhe erreicht, kann jede Partei bis zum Ablauf der Kündigungsschutzfrist eine Entgeltanpassung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verlangen. Eine Anpassung ist zulässig, wenn das Nutzungsentgelt seit einem Jahr nicht geändert worden ist und das ortsübliche Entgelt sich seitdem um mehr als zehn vom Hundert verändert hat. Das Anpassungsverlangen ist gegenüber dem anderen Teil in Textform geltend zu machen. Das angepaßte Nutzungsentgelt wird vom Beginn des dritten Kalendermonats an geschuldet, der auf den Zugang des Anpassungsverlangens folgt.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.