Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juli 2005 - XII ZR 70/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Das Landgericht hat die Räumungsklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Räumung und Herausgabe mehrerer Räume verurteilt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. Das von der Beklagten geschuldete Nutzungsentgelt betrug 3.103,44 DM jährlich.II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.Der nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert von über 20.000 € ist nicht erreicht. Maßgebend für diese Wertgrenze ist der Wert des Beschwerdegegenstandes für das beabsichtigte Revisionsverfahren, wobei die Wertberechnung nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen ist (Senatsbeschluß vom 20. April 2005 - XII ZR 92/02 - Umbruch S. 3; BGH Beschluß vom 27. Juni 2002 - V ZR 148/02 - NJW 2002, 2720). Für die Räumungsklage berechnet sich der Wert der Beschwer nach § 8 ZPO. Danach ist, wenn das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig ist, der auf die gesamte streitige Zeit entfallende Pachtoder Mietzins anzusetzen, wenn nicht der 25-fache Betrag des einjährigen Mietzinses geringer ist. Zu den Verfahren, in denen im Sinne dieser Vorschrift der Bestand oder die Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses streitig ist, zählen auch Räumungsklagen nach vorangegangener Kündigung (Senatsbeschluß vom 10. Mai 2000 - XII ZR 335/99 - NJW-RR 2000, 1739; Senatsurteil vom 1. April 1992 - XII ZR 200/91 - NJW-RR 1992, 1359). Beruft sich ein Nutzungsberechtigter gegenüber einer Kündigung auf Schutzregeln, die das Kündigungsrecht einschränken und ihm ein Recht zur Fortsetzung der Nutzung geben, so dauert die "streitige Zeit" im Sinne des § 8 ZPO vom Tag der Erhebung der Räumungsklage (hier: 21. Mai 2003) bis zu dem Zeitpunkt, den derjenige, der sich auf ein Nutzungsrecht beruft, als den für ihn günstigsten Beendigungszeitpunkt des Nutzungsvertrages in Anspruch nimmt (Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 1995 - XII ZR 7/94 - NJW-RR 1996, 316; vom 16. Februar 2005 - XII ZR 46/03 - WuM 2005, 350). Die Beklagte beruft sich darauf, daß der Mietvertrag bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit am 31. Juli 2014 bestehe. Damit ergibt sich eine Restlaufzeit von elf Jahren und knapp drei Monaten. Bei Zugrundelegung der Jahresmiete von 3.103,44 DM beträgt die Beschwer somit 34.913,70 DM (= 17.851,01 €) und erreicht den in § 26 Nr. 8 EGZPO verlangten Wert von über 20.000 € nicht.
Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin demgegenüber geltend, die Parteien hätten nicht um die Beendigung des Mietvertrages durch Kündigung, sondern um dessen Nichtigkeit gemäß § 138 BGB gestritten. Das Oberlandesgericht hat die von der Klägerin erklärte außerordentliche Kündigung als wirksam angesehen und seine Verurteilung auf Räumung und Herausgabe darauf gestützt. Darüber, ob der Mietvertrag sittenwidrig ist oder wirksam angefochten wurde, hat das Berufungsgericht keine Entscheidung getroffen. Zu Unrecht meint die Nichtzulassungsbeschwerde, es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb die für die Wertbemessung gemäß § 8 ZPO maßgebliche streitige Zeit im Falle der begehrten Feststellung der Wirksamkeit einer Kündigung mit dem Zeitpunkt der behaupteten Beendigung des Mietverhältnisses beginnen solle (so BGH, Urteil vom 13. Mai 1958 - VIII ZR 16/58 - NJW 1958, 1291), im Falle einer auf Räumung und Herausgabe gerichteten Klage jedoch erst mit Klageerhebung. Der von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachte Widerspruch besteht nicht. Im Falle der Räumungsklage beginnt die "streitige Zeit" mit der Klageerhebung, weil für die Vergangenheit Räumung
nicht verlangt werden kann. Demgegenüber kann die Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung mit dem Zeitpunkt der behaupteten Beendigung des Mietverhältnisses beginnen, wenn das Klagebegehren darauf gerichtet ist. Dieser Zeitpunkt kann auch vor der Klageerhebung liegen.
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Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.