Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Aug. 2016 - XII ZB 86/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. August 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Vater) begehrt gegen die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Mutter) die Festsetzung eines Ordnungsgeldes im Rahmen der Vollstreckung seines Umgangsrechts mit den gemeinsamen Töchtern.
- 2
- Die Eltern einigten sich durch einen gerichtlich gebilligten Vergleich vom 16. August 2011 über den Umgang des Vaters mit den beiden bei der Mutter lebenden Töchtern. Während der Vergleich zum Umgang an den Wochenenden und an den Feiertagen konkrete Regelungen enthält, vereinbarten die Eltern hinsichtlich der Ferien, dass alle "Ferienzeiten (…) nach Absprache der Eltern hälftig aufgeteilt werden" sollen. Durch Beschluss vom selben Tag billigte das Amtsgericht die Vereinbarung der Eltern zum Umgangsrecht und wies gemäß § 89 Abs. 1 und 2 FamFG auf die bei Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung möglichen Ordnungsmittel hin.
- 3
- Auf Antrag des Vaters regelte das Amtsgericht durch Beschluss vom 7. Februar 2014 in Abänderung des Vergleiches vom 16. August 2011 den Umgang in den Ferienzeiten unter anderem wie folgt neu: "1. (…)
b) Die Sommerferien 2014 verbringen die Kinder bis zum 20.8.2014 beim Kindesvater. (…) 2. Der Antragsteller holt die Kinder hierzu am letzten Schultag vor den jeweiligen Ferien nach dem Unterricht an der Schule ab und nimmt sie mit zu sich nach Hause."
- 4
- Nachdem der Umgang mit einer der beiden Töchter nicht zum Beginn der Sommerferien 2014 stattgefunden hatte, hat der Vater beantragt, gegen die Mutter ein empfindliches Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft wegen des Verstoßes gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 7. Februar 2014 zu verhängen.
- 5
- Das Amtsgericht hat den Antrag und das Oberlandesgericht die Beschwerde des Vaters zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Vater mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
- 6
- Die zulässige Rechtsbeschwerde (vgl. Senatsbeschluss vom 17. August 2011 - XII ZB 621/10 - FamRZ 2011, 1729 Rn. 4 mwN) ist unbegründet.
- 7
- 1. Das Oberlandesgericht vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung von Ordnungsmitteln nicht erfüllt seien. Hinsichtlich des vollstreckbaren Inhalts des Beschlusses vom 7. Februar 2014 seien die Beteiligten bisher nicht nach § 89 Abs. 2 FamFG belehrt worden. Zwar enthalte der Beschluss des Amtsgerichts vom 16. August 2011, mit dem es die Einigung der Kindeseltern gebilligt habe, eine Belehrung, welche die Voraussetzungen des § 89 Abs. 2 FamFG erfülle. Diese habe sich allerdings nur auf den Inhalt der Einigung beziehen können, soweit sie einen vollstreckbaren Inhalt gehabt habe, also nicht auf Ziffer 3, wonach alle Ferienzeiten nach Absprache der Eltern hätten hälftig aufgeteilt werden sollen.
- 8
- Die Androhung habe sich auch nicht auf die Neuregelung des Umgangs in den Ferienzeiten durch Beschluss vom 7. Februar 2014 erstrecken können. Zwar sei dieser Beschluss in Abänderung des Vergleichs ergangen. Es ließe sich deshalb argumentieren, dass die Neuregelung des Umgangs in den Ferienzeiten Teil des Vergleichs vom 16. August 2011 geworden und dadurch nachträglich auch Gegenstand der Belehrung geworden sei. Zudem habe die Mutter weder Grund gehabt, daran zu zweifeln, dass sie damit zur Verwirklichung des Umgangs verpflichtet werden sollte, noch für die Annahme, dass ein Verstoß dagegen sanktionslos bleiben sollte.
- 9
- In Rechtsprechung und Literatur werde jedoch die Auffassung vertreten, dass eine Wiederholung des Warnhinweises erforderlich sei, wenn der mit einem Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG versehene Umgangstitel modifiziert werde. Jedenfalls könnten einer bereits zweieinhalb Jahre zurückliegenden Be- lehrung nicht nachträglich wesentliche vollstreckbare Inhalte zusätzlich unterlegt werden.
- 10
- 2. Dies hält rechtlicher Überprüfung stand.
- 11
- a) Nach § 89 Abs. 2 FamFG ist in einem Beschluss, der die Herausgabe einer Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen. Diese Belehrungspflicht ersetzt die nach früherem Recht gemäß § 33 Abs. 3 Satz 6 FGG erst im Vollstreckungsverfahren erforderliche Androhung des Zwangsmittels. Mit der schon in den Tenor der vollstreckbaren Entscheidung aufzunehmenden Belehrung soll dem Verpflichteten deutlich gemacht werden, dass ein Verstoß gegen den erlassenen Titel die Festsetzung von Vollstreckungsmaßnahmen nach sich ziehen kann. Der bisherige eigenständige Verfahrensschritt der Androhung im Vollstreckungsverfahren, der denselben Zweck verfolgte, ist damit entfallen. Mit dieser Änderung wollte der Gesetzgeber das Vollstreckungsverfahren beschleunigen und eine Verlagerung des Streits über die Hauptsache in das Vollstreckungsverfahren verhindern (BT-Drucks. 16/6308 S. 218). Die Belehrung über die Vollstreckung durch Anordnung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft ist mithin an die Stelle der früher notwendigen Androhung von Zwangsgeld und Zwangshaft getreten (Senatsbeschluss vom 17. August2011 - XII ZB 621/10 - FamRZ 2011, 1729 Rn. 8).
- 12
- Damit hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Anordnung von Ordnungsmitteln ausdrücklich großzügiger geregelt, um die Effektivität der Vollstreckung von Umgangs- und Herausgabeentscheidungen zu erhöhen (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - XII ZB 188/11 - FamRZ 2012, 533 Rn. 16). Ein vollstreckungsfähiger Inhalt im Sinne von § 89 Abs. 1 FamFG setzt lediglich eine hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts voraus. Dafür ist eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Umgangstitel detailliert bezeichnete Verpflichtungen des betreuenden Elternteils , insbesondere zum Bereithalten und Abholen des Kindes, enthält. Eine Vollstreckbarkeit des Umgangstitels entfällt nach dem hier anwendbaren neuen Recht deswegen erst dann, wenn der Umgang nicht hinreichend nach Art, Ort und Zeit konkretisiert worden ist (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - XII ZB 188/11 - FamRZ 2012, 533 Rn. 18 mwN).
- 13
- Auch ein gerichtlich gebilligter Vergleich nach § 156 Abs. 2 FamFG ist ein Vollstreckungstitel gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG und kann als solcher Grundlage für die Festsetzung eines Ordnungsgelds nach § 89 FamFG sein (Senatsbeschluss vom 19. Februar 2014 - XII ZB 165/13 - FamRZ 2014, 732 Rn. 10 mwN).
- 14
- b) Gemessen hieran hat das Oberlandesgericht zu Recht darauf abgestellt , dass für die im Streit stehende Umgangsregelung in den Ferien ein Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG fehlte. Diese stellt einen neuen, selbstständigen Vollstreckungstitel dar, der eines eigenen Hinweises auf Folgen einer Zuwiderhandlung bedarf.
- 15
- Zwar enthält der Beschluss vom 7. Februar 2014 nunmehr eine vollstreckungsfähige Regelung zum Ferienumgang. Es fehlt ihm aber ein Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen diese Umgangsregelung gemäß § 89 Abs. 2 FamFG. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfasst der mit der familiengerichtlichen Billigung der Umgangsrechtsvereinbarung vom 16. August 2011 verbundene Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG die neue Ferienumgangsregelung nicht. Ein solcher Hinweis muss sich auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen eine bereits bestehende Verpflichtung aus einem Vollstreckungstitel beziehen. Wird diese Verpflichtung später geändert, wird der bereits erteilte Hinweis insoweit gegenstandslos; es bedarf deshalb eines er- neuten Hinweises (Cirullies ZKJ 2011, 448, 450; s. auch zum alten Recht [§ 33 FGG] OLG Köln FamRZ 1998, 961, 962). Darauf, wieviel Zeit seit der Erteilung des Hinweises vergangen ist, kommt es entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht einmal an.
- 16
- Ebenso kann die Frage, ob im Rahmen der erneut ergangenen Entscheidung zum Umgangsrecht auf einen bereits erteilten Hinweis verwiesen werden kann, dahin stehen. Denn an einer solchen Bezugnahme fehlt es hier. Allein die Formulierung, dass der Ferienumgang "in Abänderung des Vergleichs vom 16. August 2011" geregelt werde, vermag einen solchen Bezug nicht herzustellen , zumal der seinerzeit erteilte Hinweis ohnehin nur für die Wochenendund Feiertagskontakte Bedeutung erlangt hatte, wohingegen die damalige Ferienumgangsregelung nicht vollstreckungsfähig war und der Hinweis insoweit ins Leere ging.
- 17
- Dem Erfordernis eines erneuten Hinweises steht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde schließlich auch nicht die gesetzgeberische Absicht entgegen, die Vollstreckung einer Umgangsregelung zu beschleunigen. Denn die Beschleunigung wird bereits dadurch erreicht, dass der bisherige eigenständige Verfahrensschritt der Androhung im Vollstreckungsverfahren entfallen ist (Senatsbeschluss vom 17. August 2011 - XII ZB 621/10 - FamRZ 2011, 1729 Rn. 8). Das Beschleunigungsgebot darf indes nicht dazu führen, dass für den Vollstreckungsschuldner nicht mehr hinreichend konkret absehbar ist, ob er bei einer Zuwiderhandlung gegen seine Umgangsverpflichtung mit (empfindlichen) Ordnungsmitteln zu rechnen hat. Allein die Tatsache, dass bereits einmal ein Hinweis erteilt worden ist, genügt hierfür nicht (vgl. auch Senatsbeschluss vom 17. August 2011 - XII ZB 621/10 - FamRZ 2011, 1729 Rn. 13 ff.). Dose Schilling Günter Botur Krüger
AG Aurich, Entscheidung vom 14.11.2014 - 16 F 330/13 UG -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 29.01.2015 - 3 WF 216/14 -
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(1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Die Anordnungen ergehen durch Beschluss.
(2) Der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen.
(3) Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(4) Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Werden Gründe, aus denen sich das fehlende Vertretenmüssen ergibt, nachträglich vorgetragen, wird die Festsetzung aufgehoben.
(1) Das Gericht soll in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Es weist auf Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hin. Das Gericht kann anordnen, dass die Eltern einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung bei einer von dem Gericht benannten Person oder Stelle teilnehmen und eine Bestätigung hierüber vorlegen. Es kann ferner anordnen, dass die Eltern an einer Beratung nach Satz 2 teilnehmen. Die Anordnungen nach den Sätzen 3 und 4 sind nicht selbständig anfechtbar und nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar.
(2) Erzielen die Beteiligten Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes, ist die einvernehmliche Regelung als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich). Das Gericht billigt die Umgangsregelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Kann in Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, eine einvernehmliche Regelung im Termin nach § 155 Abs. 2 nicht erreicht werden, hat das Gericht mit den Beteiligten und dem Jugendamt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erörtern. Wird die Teilnahme an einer Beratung, an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder einer sonstigen Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung oder eine schriftliche Begutachtung angeordnet, soll das Gericht in Kindschaftssachen, die das Umgangsrecht betreffen, den Umgang durch einstweilige Anordnung regeln oder ausschließen. Das Gericht soll das Kind vor dem Erlass einer einstweiligen Anordnung persönlich anhören.
(1) Die Vollstreckung findet statt aus
- 1.
gerichtlichen Beschlüssen; - 2.
gerichtlich gebilligten Vergleichen (§ 156 Abs. 2); - 3.
weiteren Vollstreckungstiteln im Sinne des § 794 der Zivilprozessordnung, soweit die Beteiligten über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können.
(2) Beschlüsse sind mit Wirksamwerden vollstreckbar.
(3) Vollstreckungstitel bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollstreckung nicht durch das Gericht erfolgt, das den Titel erlassen hat.
(1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Die Anordnungen ergehen durch Beschluss.
(2) Der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen.
(3) Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(4) Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Werden Gründe, aus denen sich das fehlende Vertretenmüssen ergibt, nachträglich vorgetragen, wird die Festsetzung aufgehoben.