Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2013 - XII ZB 631/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die am 1. August 2003 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf einen am 15. September 2011 zugestellten Scheidungsantrag durch Endbeschluss des Amtsgerichts vom 29. März 2012 rechtskräftig geschieden.
- 2
- Während der ehevertraglich vereinbarten Ausgleichszeit haben beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Daneben hat der Antragsteller Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung bei der Beteiligten zu 2 (BMW AG) erworben. Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich im Scheidungsverbund geregelt und dabei die von den Parteien erworbenen Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung intern geteilt. Ferner hat es zulasten des von dem Antragsteller bei der Beteiligten zu 2 erworbenen betrieblichen Anrechts im Wege interner Teilung zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 4.406,60 €, bezogen auf den 31. Juli 2009, übertragen.
- 3
- Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2, die darauf hinweist, bereits in erster Instanz auf eine externe Teilung des Anrechts angetragen zu haben. Das Oberlandesgericht hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - die Entscheidung des Amtsgerichts dahingehend abgeändert, dass es im Wege externer Teilung zulasten des Anrechts des Antragstellers bei der Beteiligten zu 2 zugunsten der Antragsgegnerin bei der Beteiligten zu 3 (Versorgungsausgleichskasse) ein Anrecht in Höhe von 6.411,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5,15 % seit dem 1. September 2011 begründet hat. Den von der Beteiligten zu 2 begehrten Ausspruch zur Beendigung des Zinslaufes bei Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich hat das Oberlandesgericht abgelehnt, weil nach seiner Auffassung Zinsen bis zur Zahlung des Ausgleichsbetrages an den Zielversorgungsträger zu leisten seien.
- 4
- Gegen die Entscheidung zum Zinslauf wendet sich die Beteiligte zu 2 mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
- 5
- Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat in der Sache Erfolg und führt im Umfang der Anfechtung zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
- 6
- Die Verzinsung des Ausgleichswertes ist für den Zeitraum seit dem Ende der Ehezeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich anzuordnen. Soweit demgegenüber - mit dem Beschwerdegericht - die Auffassung vertreten wird, dass die Verzinsung des Ausgleichswertes grundsätzlich bis zum tatsächlichen Eingang der Zahlung beim Zielversorgungsträger erfolgen müsse, vermag der Senat dem nicht zu folgen (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Februar 2013 - XII ZB 204/11 - zur Veröffentlichung bestimmt).
- 7
- Die Anordnung der externen Teilung ist ein richterlicher Gestaltungsakt. Mit der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich wird zwischen der ausgleichsberechtigten Person und dem Träger der Zielversorgung unmittelbar ein Rechtsverhältnis begründet bzw. ein bestehendes Rechtsverhältnis ausgebaut. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte erwirbt deshalb bereits mit Rechtskraft der Entscheidung im Umfang des zu seinen Gunsten zu begründenden Anrechts einen Anspruch auf die von der Zielversorgung nach seiner Versorgungsordnung gewährten Leistungen, und zwar unabhängig davon, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt es zu einem Kapitaltrans- fer zwischen dem Träger der Zielversorgung und dem zahlungspflichtigen Versorgungsträger kommt. Das Risiko der Beitreibung des vom Gericht nach § 222 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 14 Abs. 4 VersAusglG festgesetzten Kapitalbetrages trägt somit der Träger der Zielversorgung (Senatsbeschluss vom 6. Februar 2013 - XII ZB 204/11 - zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 5. Aufl. § 14 VersAusglG Rn. 29; MünchKommBGB/Gräper 6. Aufl. § 14 VersAusglG Rn. 30; FAKomm-FamR/ Wick 5. Aufl. § 14 VersAusglG Rn. 24; Häußermann BetrAV 2008, 428, 431; kritisch hierzu MünchKommBGB/Dörr 6. Aufl. § 222 FamFG Rn. 9). Diese Risikoverteilung entspricht erkennbar den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 16/10444 S. 95), was sich auch daraus erschließt, dass für die gesetzliche Rentenversicherung als Auffangversorgung (§ 15 Abs. 5 Satz 1 VersAusglG) mit § 120 g SGB VI eine vom Gesetzgeber ausdrücklich als "Sonderbestimmung" (BT-Drucks. 16/10444 S. 101) bezeichnete Vorschrift geschaffen wurde, durch die - an sich systemwidrig - die Begründung des Anrechts zugunsten der ausgleichsberechtigten Person auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Kapitaltransfers hinausgeschoben worden ist.
- 8
- Vor diesem Hintergrund besteht kein Bedürfnis für die Anordnung einer Verzinsung des Ausgleichswertes über den Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich hinaus. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte erwirbt aufgrund der Gestaltungswirkung der gerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich mit deren Rechtskraft beim Träger der Zielversorgung ein Anrecht in einer konkret bestimmbaren Höhe. Selbst wenn man - was allerdings zweifelhaft erscheint - davon ausgehen wollte, dass der Verzinsungsvorgang im Versorgungssystem des Zielversorgungsträgers erst nach Eingang des zu transferierenden Betrages beginnt (so Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 1139), gebieten weder die Interessen der ausgleichsberechtigten Person noch die Interessen des Zielversorgungsträgers die Anordnung einer über die Rechtskraft der Entscheidung hinausgehenden Verzinsung. Leistet der zahlungspflichtige Versorgungsträger auf eine Zahlungsaufforderung nicht, kann der Träger der Zielversorgung nach den allgemeinen Regeln über den Verzug mit einer Geldschuld (§§ 288 ff. BGB) seinen Verzögerungsschaden geltend machen; dieser Schaden kann sich auch auf die kapitalisierten Zinsen beziehen und den im Versorgungssystem des zahlungspflichtigen Versorgungsträgers verwendeten Rechnungszins durchaus übersteigen (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Februar 2013 - XII ZB 204/11 - zur Veröffentlichung bestimmt
).
- 9
- Von einer weitergehenden Begründung der Entscheidung wird nach § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen. Dose Schilling Klinkhammer Nedden-Boeger Botur
AG München, Entscheidung vom 29.03.2012 - 534 F 9842/11 -
OLG München, Entscheidung vom 12.10.2012 - 16 UF 707/12 -
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Annotations
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Die Wahlrechte nach § 14 Absatz 2, § 15 Absatz 1 und § 19 Absatz 2 Nummer 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes sind in den vom Gericht zu setzenden Fristen auszuüben.
(2) Übt die ausgleichsberechtigte Person ihr Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes aus, so hat sie in der nach Absatz 1 gesetzten Frist zugleich nachzuweisen, dass der ausgewählte Versorgungsträger mit der vorgesehenen Teilung einverstanden ist.
(3) Das Gericht setzt in der Endentscheidung den nach § 14 Abs. 4 des Versorgungsausgleichsgesetzes zu zahlenden Kapitalbetrag fest.
(4) Bei einer externen Teilung nach § 16 des Versorgungsausgleichsgesetzes sind die Absätze 1 bis 3 nicht anzuwenden.
(1) Das Familiengericht begründet für die ausgleichsberechtigte Person zulasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei einem anderen Versorgungsträger als demjenigen, bei dem das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person besteht (externe Teilung).
(2) Eine externe Teilung ist nur durchzuführen, wenn
- 1.
die ausgleichsberechtigte Person und der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person eine externe Teilung vereinbaren oder - 2.
der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person eine externe Teilung verlangt und der Ausgleichswert am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 2 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 240 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt; sind mehrere Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes bei einem Versorgungsträger auszugleichen, so ist die Summe der Ausgleichswerte der Anrechte maßgeblich, deren externe Teilung der Versorgungsträger verlangt.
(3) § 10 Abs. 3 gilt entsprechend.
(4) Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person hat den Ausgleichswert als Kapitalbetrag an den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person zu zahlen.
(5) Eine externe Teilung ist unzulässig, wenn ein Anrecht durch Beitragszahlung nicht mehr begründet werden kann.
(1) Die ausgleichsberechtigte Person kann bei der externen Teilung wählen, ob ein für sie bestehendes Anrecht ausgebaut oder ein neues Anrecht begründet werden soll.
(2) Die gewählte Zielversorgung muss eine angemessene Versorgung gewährleisten.
(3) Die Zahlung des Kapitalbetrags nach § 14 Abs. 4 an die gewählte Zielversorgung darf nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen oder zu einer schädlichen Verwendung bei der ausgleichspflichtigen Person führen, es sei denn, sie stimmt der Wahl der Zielversorgung zu.
(4) Ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung, bei einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung oder aus einem Vertrag, der nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifiziert ist, erfüllt stets die Anforderungen der Absätze 2 und 3.
(5) Übt die ausgleichsberechtigte Person ihr Wahlrecht nicht aus, so erfolgt die externe Teilung durch Begründung eines Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung. Ist ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes auszugleichen, ist abweichend von Satz 1 ein Anrecht bei der Versorgungsausgleichskasse zu begründen.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.