Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2011 - XII ZB 47/11

published on 18/05/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2011 - XII ZB 47/11
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Amtsgericht Sigmaringen, 4 XVII 126/10, 22/09/2010
Landgericht Hechingen, 3 T 93/10, 14/12/2010

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 47/11
vom
18. Mai 2011
in der Unterbringungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1
BGB setzt eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten
voraus (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 -
FamRZ 2010, 365).
BGH, Beschluss vom 18. Mai 2011 - XII ZB 47/11 - LG Hechingen
AG Sigmaringen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Mai 2011 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hechingen vom 14. Dezember 2010 aufgehoben und der Beschluss des Amtsgerichts Sigmaringen vom 22. September 2010 wie folgt abgeändert: Der Antrag des Betreuers vom 2. Juli 2010, die geschlossene Unterbringung der Betroffenen zu genehmigen, wird zurückgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Die notwendigen Auslagen der Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt (§ 337 Abs. 1 FamFG). Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die 1958 geborene Betroffene wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die gerichtliche Genehmigung ihrer Unterbringung.
2
Die Betroffene, die ohne festen Wohnsitz bei wechselnden Bekannten und in wechselnden Pensionen lebte, steht seit Juni 2010 unter rechtlicher Be- treuung. Der Betreuer, zu dessen Aufgabenkreis u.a. die Aufenthaltsbestimmung und Unterbringung gehören, hat mit Schreiben vom 2. Juli 2010 die Genehmigung zur Unterbringung der Betroffenen beantragt. Zu dem Zeitpunkt befand sich die Betroffene in stationärer Behandlung in der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses S., wo sie sich auch schon im Januar 2010 hatte behandeln lassen. Das Amtsgericht - Betreuungsgericht - hat den Oberarzt der Station mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 22. September 2010 - nach Bestellung eines Verfahrenspflegers und nach Anhörung der Betroffenen - deren Unterbringung in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis zum 22. September 2011 genehmigt.
3
Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht diese sowie den behandelnden Oberarzt - zugleich Sachverständigen - am 7. Dezember 2010 erneut angehört. Nach deren übereinstimmender Schilderung hatte die Betroffene in der geschlossenen Abteilung "Haus A." jegliche Kooperation und Nahrungsaufnahme verweigert und war deshalb nach wenigen Tagen dortigen Aufenthalts bereits am 1. Oktober 2010 in die offene Station des Kreiskrankenhauses verlegt worden, wo sie sich anpasste und integrierte.
4
Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen sei die Betroffene zwar in der Lage, einfache Dinge des täglichen Lebens zu regeln, könne darüber hinaus gehende Regelungen aber nicht treffen. Derzeit werde mit ihr vor allem in Gesprächen psychotherapeutisch gearbeitet, damit keine akuten Schübe ihrer Wahnvorstellungen aufträten. Auf die Angabe der Betroffenen, dass sie eine Wohnung zur Warmmiete von 340 € angemietet habe, welche binnen einer Woche renoviert werde, hat der Sachverständige der Betroffenen angeboten, dass sie im Krankenhaus bleiben könne, bis ihre Wohnung fertig sei. Sie werde nicht medikamentiert, es finde nur Psychotherapie statt. Mit dem Vorschlag hat sich die Betroffene einverstanden erklärt, aber nur noch für diese Woche.
5
Durch Beschluss vom 14. Dezember 2010 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Zurückweisung des Antrags auf Genehmigung der Unterbringung.
7
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung auf Eigengefährdung gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB gestützt und sie wie folgt begründet:
8
Nach dem fachärztlichen Gutachten des Sachverständigen und der Anhörung der Betroffenen ergebe sich eindeutig, dass bei ihr eine psychische Erkrankung vorliege. Zwar sei durch die Anhörung nicht bestätigt worden, dass die Betroffene zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die Klinik verwahrlost im Sinne von unterernährt oder ungepflegt gewesen sei. Eine ernstliche Gefahr für Leib oder Leben drohe der Betroffenen aber daraus, dass sie monatlich nur über 900 € verfüge. Selbst wenn sie Aufnahme in eine Mietwohnung finden sollte, was fraglich erscheine, summierten sich monatlich Mietkosten, die von ihrem Einkommen kaum gedeckt werden könnten. Jedenfalls wären keine Geldmittel mehr für ausreichende Beschaffung von Nahrung übrig, zumal die Betroffene eingeräumt habe, dass sie nicht selber koche, sondern sich an Imbissbuden oder an Warmtheken ernähre. Für den Fall, dass sie keine Wohnung mehr fin- de, drohe Obdachlosigkeit und mithin ebenfalls Verwahrlosung. Auch schlage die Betroffene eine Unterbringung in einer städtischen Einrichtung für Wohnsitzlose aus. Nachdem sie im Juli einmal im Freien genächtigt habe, erscheine ihr Tod durch Erfrieren nahe, sollte sie dieses im Winter wiederholen. Eine Besserung des Zustandes der krankheitsuneinsichtigen Betroffenen bedinge jedenfalls auch medikamentöse Behandlung. Andere Maßnahmen als die Unterbringung mit medikamentöser Behandlung seien nicht ersichtlich, die ähnlich geeignet wären, die Gefahr erheblicher Gesundheitsschäden dauerhaft abzuwehren.
9
2. Die angegriffene Entscheidung des Beschwerdegerichts hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die materiellen Voraussetzungen für eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen liegen nicht vor.
10
a) Unbedenklich ist allerdings, dass die Instanzgerichte den Sachverständigen bestellt haben, obgleich dieser die Betroffene zuvor behandelt hatte. Nach § 329 Abs. 2 Satz 2 FamFG soll das Gericht nur bei Unterbringungen mit einer Gesamtdauer von mehr als vier Jahren keinen Sachverständigen bestellen , der den Betroffenen bisher behandelt hat. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass bei einer kürzeren Unterbringungsdauer der behandelnde Arzt zum Sachverständigen bestellt werden kann (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 383/10 - FamRZ 2010, 1726 Rn. 9; Keidel/Budde FamFG 16. Aufl. § 280 Rn. 6).
11
Ebenso wenig steht einer Verwertung des Sachverständigengutachtens entgegen, dass die Betroffene den Sachverständigen als ihren behandelnden Arzt - jedenfalls soweit ersichtlich - nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden hat. Denn soweit ein Sachverständiger von einem ihm kraft Amtes, Standes oder Gewerbes zustehenden Gutachtenverweigerungsrecht gemäß §§ 29 f. FamFG i.V.m. § 408 ZPO keinen Gebrauch macht, setzt selbst der Umstand, dass er sich damit zugleich des Bruchs eines Berufsgeheimnisses schuldig macht, der Verwertung der Begutachtung in der Regel keine Schranke (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 383/10 - FamRZ 2010, 1726 Rn. 11 mwN).
12
b) Nach den getroffenen Feststellungen fehlt es jedoch an den materiellen Voraussetzungen für eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Diese setzt nämlich eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten voraus (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14 mwN). Der Grad der Gefahr ist in Relation zum möglichen Schaden ohne Vornahme der freiheitsentziehenden Maßnahme zu bemessen (Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1906 Rn. 91). Die Gefahr für Leib oder Leben setzt kein zielgerichtetes Verhalten des Betreuten voraus, so dass auch eine völlige Verwahrlosung ausreichen kann, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14 mwN). Das setzt allerdings objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens voraus (Bamberger/Roth/Müller BGB 2. Aufl. § 1906 Rn. 9). Die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB muss zudem erforderlich sein (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866 Rn. 23). Wenn die Gefahr durch andere Mittel als die freiheitsentziehende Unterbringung abgewendet werden kann, kommt eine Unterbringung als unverhältnismäßig nicht in Betracht (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14 mwN).
13
Nach den Feststellungen, die das Landgericht getroffen hat, ist eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen nach diesen Maßstäben nicht zu rechtfertigen. Zwar hat das Landgericht in Übereinstimmung mit den Ausführungen des schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 10. September 2010 festgestellt, dass die Betroffene unter einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis leidet. Auch hatte der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten zunächst eine einjährige Unterbringung der Betroffenen empfohlen, da diese die notwendigen Dinge des täglichen Lebens nicht mehr regeln könne und deshalb nicht mehr in der Lage sei, Gesundheitsgefahren bzw. ihre körperliche Verelendung aufzuhalten.
14
Das Landgericht hat jedoch verfahrensfehlerhaft nicht die weitere Entwicklung und den darauf beruhenden weiteren Erkenntnisfortschritt des Sachverständigen zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Im Rahmen der Anhörung vor dem Landgericht am 7. Dezember 2010 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die geschlossene Unterbringung mangels Kooperation der Betroffenen nicht den beabsichtigten Erfolg gebracht habe und jene deshalb bereits nach wenigen Tagen in die offene Station verlegt worden sei. Dort habe sie sich eingepasst und eingegliedert. Auf die Angabe der Betroffenen, dass sie inzwischen eine Wohnung zur Warmmiete von 340 € angemietet habe, sind die Betroffene und der Sachverständige übereingekommen, dass die Betroffene noch im Krankenhaus bleiben solle, bis ihre Wohnung in voraussichtlich der darauf folgenden Woche fertig renoviert sei, und sie in dieser Zeit nicht medikamentiert werde, sondern nur Psychotherapie stattfinde.
15
Nach diesen ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen und der mit der Betroffenen erzielten Übereinkunft über das weitere Vorgehen war jegliche Grundlage für die dem angefochtenen Beschluss zugrunde gelegte Annahme entfallen, eine Besserung des Zustandes der Betroffenen bedinge in jedem Fall auch eine medikamentöse Behandlung, und andere Maßnahmen als die Unterbringung mit medikamentöser Behandlung seien nicht ähnlich geeignet , die Gefahr erheblicher Gesundheitsschäden dauerhaft abzuwehren. Im Zeitpunkt der Anhörung vor dem Landgericht ging nämlich bereits der Sachverständige offensichtlich nicht mehr von der Notwendigkeit einer geschlossenen Unterbringung aus, sondern hielt sowohl die gesprächstherapeutische Behandlung in der offenen Station (ohne Medikation) für ausreichend als auch einen Wechsel der Betroffenen in eine eigene Wohnungssituation für vertretbar.
16
Das Gericht dürfte aber die Unterbringung eines Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung schon dann nicht mehr genehmigen, wenn die Freiheitsentziehung als solche nicht notwendig ist und die Genehmigung letztlich nur eine Rechtsgrundlage abgeben soll, den Betroffenen in einer offenen Abteilung der Einrichtung einer erforderlichen Behandlung zu unterziehen - wie es hier in der Zeit seit dem 1. Oktober 2010 geschah (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866). Erst recht darf die Unterbringung nicht angeordnet und aufrechterhalten werden, wenn der Wechsel in eine häusliche Wohnsituation - wie hier vom Sachverständigen ausdrücklich befürwortet und unterstützt - vertretbar ist. Das hat das Landgericht nicht bedacht.
17
3. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, da diese zur Entscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 FamFG). Die Entscheidung des Landgerichts ist aufzuheben, die Entscheidung des Amtsgerichts abzuändern und der Antrag des Betreuers, die geschlossene Unterbringung zu genehmigen, zurückzuweisen.
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Sigmaringen, Entscheidung vom 22.09.2010 - 4 XVII 126/10 -
LG Hechingen, Entscheidung vom 14.12.2010 - 3 T 93/10 -
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Annotations

(1) Das Gericht erhebt die erforderlichen Beweise in geeigneter Form. Es ist hierbei an das Vorbringen der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Vernehmung bei Amtsverschwiegenheit und das Recht zur Zeugnisverweigerung gelten für die Befragung von Auskunftspersonen entsprechend.

(3) Das Gericht hat die Ergebnisse der Beweiserhebung aktenkundig zu machen.

(1) Das Gericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob es die entscheidungserheblichen Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme entsprechend der Zivilprozessordnung feststellt.

(2) Eine förmliche Beweisaufnahme hat stattzufinden, wenn es in diesem Gesetz vorgesehen ist.

(3) Eine förmliche Beweisaufnahme über die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung soll stattfinden, wenn das Gericht seine Entscheidung maßgeblich auf die Feststellung dieser Tatsache stützen will und die Richtigkeit von einem Beteiligten ausdrücklich bestritten wird.

(4) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis einer förmlichen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich ist.

(1) Die Unterbringungsmaßnahme endet spätestens mit Ablauf eines Jahres, bei offensichtlich langer Unterbringungsbedürftigkeit spätestens mit Ablauf von zwei Jahren, wenn sie nicht vorher verlängert wird. Die Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten, wenn sie nicht vorher verlängert wird.

(2) Für die Verlängerung der Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme gelten die Vorschriften für die erstmalige Anordnung oder Genehmigung entsprechend. Bei Unterbringungen mit einer Gesamtdauer von mehr als vier Jahren soll das Gericht keinen Sachverständigen bestellen, der den Betroffenen bisher behandelt oder begutachtet hat oder in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist.

(3) Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung mit einer Gesamtdauer von mehr als zwölf Wochen soll das Gericht keinen Sachverständigen bestellen, der den Betroffenen bisher behandelt oder begutachtet hat oder in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) In Unterbringungssachen kann das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn eine Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 1 bis 3 abgelehnt, als ungerechtfertigt aufgehoben, eingeschränkt oder das Verfahren ohne Entscheidung über eine Maßnahme beendet wird.

(2) Wird ein Antrag auf eine Unterbringungsmaßnahme nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker nach § 312 Nummer 4 abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass für die zuständige Verwaltungsbehörde ein begründeter Anlass, den Antrag zu stellen, nicht vorgelegen hat, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Die Unterbringungsmaßnahme endet spätestens mit Ablauf eines Jahres, bei offensichtlich langer Unterbringungsbedürftigkeit spätestens mit Ablauf von zwei Jahren, wenn sie nicht vorher verlängert wird. Die Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten, wenn sie nicht vorher verlängert wird.

(2) Für die Verlängerung der Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme gelten die Vorschriften für die erstmalige Anordnung oder Genehmigung entsprechend. Bei Unterbringungen mit einer Gesamtdauer von mehr als vier Jahren soll das Gericht keinen Sachverständigen bestellen, der den Betroffenen bisher behandelt oder begutachtet hat oder in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist.

(3) Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung mit einer Gesamtdauer von mehr als zwölf Wochen soll das Gericht keinen Sachverständigen bestellen, der den Betroffenen bisher behandelt oder begutachtet hat oder in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist.

(1) Dieselben Gründe, die einen Zeugen berechtigen, das Zeugnis zu verweigern, berechtigen einen Sachverständigen zur Verweigerung des Gutachtens. Das Gericht kann auch aus anderen Gründen einen Sachverständigen von der Verpflichtung zur Erstattung des Gutachtens entbinden.

(2) Für die Vernehmung eines Richters, Beamten oder einer anderen Person des öffentlichen Dienstes als Sachverständigen gelten die besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften. Für die Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung gelten die für sie maßgebenden besonderen Vorschriften.

(3) Wer bei einer richterlichen Entscheidung mitgewirkt hat, soll über Fragen, die den Gegenstand der Entscheidung gebildet haben, nicht als Sachverständiger vernommen werden.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.