Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2013 - XII ZB 115/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Das Amtsgericht hat den Antragsgegner zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verpflichtet. Gegen den - seiner Verfahrensbevollmächtigten am 19. Oktober 2012 zugestellten - Beschluss hat der Antragsgegner am 19. November 2012 beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 21. Dezember 2012 (Freitag) beim Oberlandesgericht auf dem Postwege eingegangen. Nach gerichtlichem Hinweis auf die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist hat der Antragsgegner am 2. Januar 2013 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist beantragt. Das Beschwerdegericht hat diesen Antrag zurückgewiesen und die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
- 2
- Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4, 112 Nr. 1 FamFG in Verbindung mit §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist indes nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist entgegen der Rechtsauffassung des Antragsgegners zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.
- 3
- Zu Recht hat das Beschwerdegericht dem Antragsgegner die begehrte Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist verwehrt und seine Beschwerde als unzulässig verworfen.
- 4
- Die Begründung der Beschwerde ist erst am 21. Dezember 2012 und damit nach Fristablauf am 19. Dezember 2012 beim Oberlandesgericht eingegangen.
- 5
- Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht vor. Danach hat der Antragsgegner die Beschwerdebegründungsfrist nicht unverschuldet versäumt. Das Versäumnis beruht auf einem Organisationsverschulden seiner Verfahrensbevollmächtigten , das er sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Zutreffend hat das Beschwerdegericht unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darauf abgestellt, dass die Ausgangskontrolle hinsichtlich der per Telefax versendeten fristgebundenen Schriftsätze bei den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners unzureichend organisiert ist.
- 6
- 1. Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Rechtsanwalt in seinem Büro eine Ausgangskontrolle zu schaffen, durch die gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Bei der Übermittlung per Telefax kommt der Rechtsanwalt dieser Verpflichtung nur dann nach, wenn er seinen Büroangestellten die Weisung erteilt, sich einen Sendebericht ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen. Diese Ausgangskontrolle dient nicht nur dazu, Fehler bei der Übermittlung auszuschließen. Vielmehr soll damit ebenso die Feststellung ermöglicht werden, ob der Schriftsatz überhaupt übermittelt worden ist (Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10 - NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12 und 14; siehe auch Senatsbeschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10 - NJW 2011, 2367 Rn. 13).
- 7
- 2. Zu Recht hat das Beschwerdegericht ausgeführt, dass die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners eine entsprechende Kanzleiorganisation nicht dargetan hat. Sie hat zwar in ihrem Wiedereinsetzungsantrag vorgetragen , sie habe ihrer Büroangestellten die generelle Anweisung erteilt, alle Schriftsätze zur Rechtsmitteleinlegung und zur Rechtsmittelbegründung an die entsprechenden Gerichte vorab per Fax und darüber hinaus auch per Post zu übermitteln. Daneben habe sie die Büroangestellte am 19. Dezember 2012 (also dem Tag des Fristablaufs) konkret angewiesen, die Beschwerdebegründung noch am selben Tag an das Oberlandesgericht zu faxen, da ihr aufgefallen sei, dass die Beschwerdebegründungsschrift über der Anschriftenzeile nicht den Vermerk aufgewiesen habe: "Vorab per Telefax: 0681/5015351".
- 8
- Eine Ausgangskontrolle anhand des Sendeberichts lässt sich indes weder ihrem Wiedereinsetzungsantrag noch der von ihrer Kanzleimitarbeiterin zur Akte gereichten eidesstattlichen Versicherung entnehmen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde reicht der Hinweis darauf, dass vor Büroschluss kontrolliert werde, ob alle Fristsachen erledigt seien und erst dann die Frist gestrichen werde, nicht aus, um eine Wiedereinsetzung zu rechtfertigen. Danach bleibt offen, wie die Kontrolle bei Versendung eines Telefaxes wirkungsvoll durchgeführt werden kann. Denn sofern es an einer Anweisung fehlt, die Frist im Kalender erst nach Vorlage und Prüfung des Sendeberichts zu streichen, besteht die Gefahr, die sich hier auch realisiert hat, dass die Frist hinsichtlich eines per Telefax zu übersendenden Schriftsatzes im Kalender gestrichen wird, ohne dass das Schriftstück tatsächlich in der entsprechenden Weise abgesandt worden ist. Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - dem zu übersendenden Schriftsatz der sonst übliche Aufdruck "vorab per Telefax" fehlt.
- 9
- 3. Soweit der Antragsgegner erstmals mit seiner Rechtsbeschwerde eine Arbeitsanweisung zur Fristenkontrolle aus der entsprechenden Kanzlei vorlegt, der zufolge nach Versendung per Telefax nochmals kontrolliert werde, ob die richtige Fax-Nummer eingegeben worden sei und der Sendebericht "o.k." ausweise , kann dieser Vortrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht mehr berücksichtigt werden. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war das Beschwerdegericht nicht gehalten, den Antragsgegner auf einen unzureichenden Vortrag hinzuweisen und ihm ergänzenden Sachvortrag zu ermöglichen. Wenn der insoweit darlegungspflichtige Beteiligte nicht zur Ausgangskontrolle vorgetragen hat, ist das Gericht nicht verpflichtet, auf den notwendigen Vortrag hinzuweisen (Senatsbeschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10 - NJW 2011, 2367 Rn. 15).
- 10
- So liegt der Fall auch hier. Ausweislich der Begründung des Wiedereinsetzungsantrages bestand kein Anhaltspunkt dafür, dass die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Versendung eines Telefaxes geforderte Ausgangskontrolle in der Kanzlei angeordnet war. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner auf die Erwiderung der Gegenseite zu seinem Wiedereinset- zungsgesuch, wonach im Rahmen der Ausgangskontrolle eine Eingangsbestätigung erforderlich sei, nicht eingegangen ist. Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
AG Homburg, Entscheidung vom 05.10.2012 - 9 F 367/10 UE -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 25.02.2013 - 6 UF 426/12 -
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.
(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.
(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.
(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.