Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - XI ZR 468/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. April 2018 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin hat den Rechtsstreit, der die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen des dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld zum Gegenstand hat, nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 InsO wirksam aufgenommen. Dazu war sie ausnahmsweise berechtigt, weil der Insolvenzverwalter das Grundstück durch empfangsbedürftige Erklärung gegenüber der Klägerin als Insolvenzschuldnerin freigegeben hat (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1994 - XII ZR 53/93, BGHZ 127, 156, 163; RGZ 94, 55, 56; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 14. Aufl., § 35 Rn. 73; KKInsO /Hess, 2016, §§ 35, 36 Rn. 113).
- 2
- Grundsätzlich sind zur Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits, der wie hier eine Vollstreckungsabwehrklage des Insolvenzschuldners zum Gegenstand hat, nach § 86 Abs. 1 InsO allein der Insolvenzverwalter und der Gegner befugt. Der Insolvenzschuldner ist nur dann aufnahmebefugt, wenn der Insolvenzverwalter den streitbefangenen Gegenstand aus der Masse freigibt mit der Folge, dass dieser wieder in die Verwaltungs- und Verfügungsgewalt des Insolvenzschuldners fällt. Liegt ein Rechtsstreit um eine Grundschuld vor, ist eine Aufnahme durch den Insolvenzschuldner nur dann möglich, wenn der Insolvenzverwalter das betroffene Grundstück freigibt; allein die Freigabe des Prozesses oder der Grundschuld reicht nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Mai 2016 - XI ZR 46/14, WM 2016, 1070 Rn. 12 f. mwN).
- 3
- Eine solche Freigabeerklärung, die keiner besonderen Form bedarf (K. Schmidt/Büteröwe, InsO, 19. Aufl., § 35 Rn. 38), hat der Insolvenzverwalter hier abgegeben. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 5. April 2018 die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt. Der Schriftsatz, mit dem die Klägerin die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters vorgelegt und die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt hat, ist der Beklagten am 6. April 2018 zugestellt worden (§ 250 ZPO). Damit hat die Unterbrechung des Rechtsstreits geendet.
II.
- 4
- Der Antrag der Klägerin ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für den Erlass einer Anordnung nach § 769 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen.
- 5
- Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Revisionsgericht eine solche Anordnung im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde, in dem nicht die Hauptsache anhängig ist, erlassen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2017 - XI ZR 295/17, juris Rn. 2; BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2007 - V ZA 12/07, juris Rn. 2). Denn die Voraussetzungen für eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung von § 544 Abs. 5 Satz 2, § 719 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, weil die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2017, aaO; BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 2004 - V ZA 4/04, WM 2004, 2370, 2371 und vom 11. April 2002 - V ZR 308/01, NJW-RR 2002, 1090).
- 6
- Von einer näheren Begründung wird in entsprechender Anwendung des § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen. Ellenberger Joeres Matthias Menges Dauber
LG Oldenburg, Entscheidung vom 20.01.2017 - 13 O 1923/15 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 13.06.2017 - 8 U 12/17 -
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Annotations
(1) Rechtsstreitigkeiten, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner anhängig sind, können sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Gegner aufgenommen werden, wenn sie betreffen:
- 1.
die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse, - 2.
die abgesonderte Befriedigung oder - 3.
eine Masseverbindlichkeit.
(2) Erkennt der Verwalter den Anspruch sofort an, so kann der Gegner einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Rechtsstreits nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.
Die Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Verfahrens und die in diesem Titel erwähnten Anzeigen erfolgen durch Zustellung eines bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes.
(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.
(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.
(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.
(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.
(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.