Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2018 - XI ZR 423/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Mai 2018 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
- 2
- Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf das Schreiben des Vorsitzenden vom 6. März 2018 (§ 552a Satz 2, § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Das Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 26. März 2018 führt zu keiner abweichenden Beurteilung.
- 3
- 1. Der Senat hält daran fest, dass im vorliegenden Fall keine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 2 GG erforderlich war.
- 4
- Nach dieser Vorschrift hat ein Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, wenn in einem Rechtsstreit zweifelhaft ist, "ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25)". Ernstzunehmende Zweifel an dem Bestehen oder der Tragweite einer allgemeinen Regel des Völkerrechts bestehen dann, wenn das Gericht von der Meinung eines Verfassungsorgans, von den Entscheidungen hoher deutscher, ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft abweichen würde (BVerfGE 23, 288, 319 mwN; 96, 68, 77; 109, 38, 49; BVerfGK 14, 524, 530).
- 5
- Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. So sind die grundlegenden Fragen zum Umfang der Staatenimmunität durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. die Nachweise im Senatsurteil vom 19. Dezember 2017 - XI ZR 796/16, WM 2018, 223 Rn. 16 f.). Hier stellt sich nur die Frage, ob das im konkreten Fall streitgegenständliche Handeln als hoheitlich einzuordnen ist oder nicht. Das Normenverifikationsverfahren nach Art. 100 Abs. 2 GG ist jedoch ein objektives Zwischenverfahren, während die Anwendung der in Rede stehenden Regel auf einen konkreten Sachverhalt nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist (BVerfGK 13, 246, 251; 14, 524, 533; 19, 122, 126 f.). Insoweit ist für die Beseitigung einer Divergenz zwischen verschiedenen Oberlandesgerichten der Bundesgerichtshof zuständig.
- 6
- 2. Entgegen der Auffassung des Klägers steht der Entscheidung des Senats zum Einwand der Staatenimmunität auch nicht entgegen, dass der österreichische OGH (Beschluss vom 25. April 2017 - 10 Ob 34/16x, RdW 2017/270 S. 405) ein Vorabentscheidungsersuchen zum Begriff des Erfüllungsortes im Sinne von Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet hat und die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nichthoheitlicher Tätigkeit von unmittelbarer Relevanz für den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1215/2012 ist, da diese nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Satz 2 insbesondere nicht für die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte (acta iure imperii) gilt. Denn das Vorliegen der Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität und die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts sind zwei verschiedene Prozessvoraussetzungen und die Verordnung Nr. 1215/2012 einschließlich ihres Art. 1 regelt nur die zweite dieser beiden Voraussetzungen (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 8. November 2006 in der Sache C-292/05 - Lechouritou u.a., Rn. 76 ff.; Dutta, ZZPInt 11 (2006), 208, 217 ff.; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Rn. 643 f.; Geimer IPRax 2008, 225, 226; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Vor Art. 33 EuGVO Rn. 5; Schlosser/Hess, EU-Zivilprozessrecht, 4. Aufl., Vor Art. 4-35 EuGVVO Rn. 2; Wagner, RIW 2014, 260 f.; Rohner/Lerch in Basler Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, 2. Aufl., Art. 1 Rn. 10 f.; Acocella in Schnyder, Lugano-Übereinkommen, 2011, Art. 1 Rn. 31, Vorbem. Art. 2 Rn. 2; Watt/Pataut, Rev.crit.DIP 97 (2008), 61, 68 f.; Pataut, Rev.crit.DIP 102 (2013), 223, 226 f.).
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 06.12.2016 - 3 O 3217/15 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 26.05.2017 - 6 U 1/17 -
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.