Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2019 - XI ZR 38/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. März 2019 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Dr. Matthias, die Richterin Dr. Derstadt sowie den Richter Dr. Tolkmitt
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger verlangt von der Beklagten, einer Bank, Schadensersatz wegen Beratungsfehlern bei Abschluss zweier Zinssatz-Swap-Verträge.
- 2
- Der Kläger, ein Immobilienentwickler, plante im Jahr 2005, mehrere in seinem Eigentum stehende Anwesen in Eigentumswohnungen umzuwandeln, um die so entstehenden Wohneinheiten anschließend zu veräußern. Ein entsprechendes Vorhaben plante er auch in Bezug auf ein im Eigentum seiner Mutter stehendes Anwesen.
- 3
- Der Kläger wandte sich zwecks Finanzierung dieser Vorhaben im Oktober 2005 an die Beklagte. In der Folgezeit schloss er sowohl für sich als auch für seine Mutter am 14. und am 18. Oktober 2005 Rahmenverträge für Finanztermingeschäfte mit der Beklagten ab.
- 4
- Am 18. Oktober 2005 vereinbarte der Kläger mit der Beklagten zudem ein Zinssatz-Swap-Geschäft, das eine Laufzeit vom 30. November 2005 bis zum 30. November 2015 vorsah. Die Beklagte sollte als Zins auf den jeweiligen Bezugsbetrag vierteljährlich den 3-Monats-EURIBOR zahlen, während der Kläger sich verpflichtete, auf denselben Bezugsbetrag 3,46% p.a. Zinsen zu zahlen. Als anfänglicher Bezugsbetrag war ein Betrag in Höhe von 566.000 € vereinbart, der sich vierteljährlich um 7.100 € verminderte. Mit Datum vom selben Tag schloss der Kläger auch für seine Mutter einen Zinssatz-SwapVertrag ab, der eine Laufzeit vom 31. Oktober 2005 bis zum 30. Oktober 2015 vorsah. Die Beklagte sollte als Zins vierteljährlich auf den jeweiligen Bezugsbetrag den 3-Monats-EURIBOR zahlen,während sich die Mutter des Klägers verpflichtete, auf denselben Bezugsbetrag 3,45% p.a. Zinsen zu entrichten. Als anfänglicher Bezugsbetrag war ein Betrag in Höhe von 817.000 € vereinbart, der sich vierteljährlich um 10.249 € reduzierte.
- 5
- Mit Vereinbarung vom 9./10. November 2005 schlossen die Parteien sodann einen Darlehensvertrag über einen Nominalbetrag von 566.000 €. Vereinbart war ein variabler Zinssatz in Höhe des 3-Monats-EURIBOR zuzüglich eines Aufschlags von 0,87% p.a. sowie eine vierteljährliche Tilgung in Höhe von 7.100 €. Die Schlussrate war am 30. November 2015 in Höhe von 289.100 € fällig. Mit Datum vom 31. Oktober und 10. November 2005 schloss der Kläger - im Namen seiner Mutter - mit der Beklagten eine "Vereinbarung über Konditionenänderung für das Hypothekendarlehen Nr. 03101, Umstellung auf EURIBOR-Konditionen". Dabei vereinbarten die Parteien mit Wirkung zum 31. Oktober 2005 einen neuen Nominalbetrag in Höhe von 817.000 € sowie einen variablen Zinssatz in Höhe des 3-Monats-EURIBOR zuzüglich eines Aufschlages in Höhe von 0,87% p.a. Die Mutter des Klägers hatte vierteljährlich Tilgungen in Höhe von 10.249 € und eine am 30. Oktober 2015 fällige Schlussrate von 417.289 € zu leisten. Der Kläger beerbte seine Mutter mit deren Tod im November 2006.
- 6
- Seine Klage auf Zahlung sowie auf Freistellung von Zahlungspflichten aus den beiden Zinssatz-Swap-Verträgen hat das Landgericht abgewiesen. Das Berufungsgericht hat nach teilweiser übereinstimmender Erledigungserklärung die Berufung des Klägers durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der nach Zulassung der Revision sein Begehren weiterverfolgen will.
II.
- 7
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zurückzuweisen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 8
- 1. Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Senatsrechtsprechung erkannt, dass die Beklagte vorliegend nicht verpflichtet war, den Kläger über den anfänglichen negativen Marktwert der hier in Rede stehenden ZinssatzSwap -Verträge aufzuklären. Bei den zwischen den Parteien abgeschlossenen Darlehensverträgen handelte es sich nach der zutreffenden Annahme des Be- rufungsgerichts um konnexe Grundgeschäfte für die zuvor vereinbarten SwapVerträge.
- 9
- a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist über die Einpreisung eines anfänglichen negativen Marktwerts ausnahmsweise dann nicht aufzuklären, wenn es den Parteien bei der im Vordergrund stehenden wirtschaftlichen Betrachtung ausschließlich darum geht, die Parameter eines konkreten Kreditverhältnisses abzuändern, mithin zumindest partiell entweder ein variabel verzinsliches Darlehen als konnexes Grundgeschäft in ein synthetisches Festzinsdarlehen oder ein Festzinsdarlehen als ein ebensolches Grundgeschäft in ein synthetisch variabel verzinsliches Darlehen umzuwandeln (vgl. Senatsurteile vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 42 und vom 22. März 2016 - XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 28).
- 10
- Nach diesen Grundsätzen ist ein konnexes Grundgeschäft dann gegeben , wenn der Zinssatz-Swap-Vertrag einen bei der beratenden Bank unterhaltenen , bestehenden oder zeitgleich abgeschlossenen Darlehensvertrag und dessen Bedingungen abändert. Daraus folgt nicht, dass der Darlehensvertrag taggleich mit dem Swap-Vertrag abgeschlossen werden muss. Es genügt, wenn - wie hier - bei Abschluss des Zinssatz-Swap-Vertrages der Abschluss eines Darlehensvertrags, der auch im Übrigen den inhaltlichen Anforderungen an die Konnexität entspricht (vgl. dazu Senatsurteile vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 43 und vom 22. März 2016 - XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 28), bereits von den Parteien so konkret in Aussicht genommen worden ist, dass die wesentlichen Bedingungen des Darlehensvertrages bereits feststehen und die Parteien durch den nachfolgenden Abschluss des Darlehensvertrages die Wirkung eines synthetischen Darlehens erzeugen.
- 11
- b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht in zulassungsrelevanter Weise angegriffen werden, stand bereits von vornherein fest, dass für die beiden ins Auge gefassten EURIBOR-Darlehensverträge jeweils ein Zinssatz-Swap-Vertrag abgeschlossen werden würde, weil die Bezugsbeträge der Zinssatz-Swap-Verträge mit den Darlehenssummen übereinstimmten, die Swap-Verträge zudem die in den Darlehensverträgen vereinbarten zukünftigen Tilgungsleistungen exakt reflektierten und darüber hinaus sämtliche Verträge eine übereinstimmende Laufzeit aufwiesen.
- 12
- c) Die Bank schuldet grundsätzlich - ohne Hinzutreten besonderer Umstände - auch nicht deswegen Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert, weil sich im Falle einer - dem Zweck der in Aussicht genommenen Erzeugung eines synthetischen Darlehens gerade zuwiderlaufenden - vorzeitigen Beendigung des Darlehensvertrages der Swap-Vertrag zu einem Spekulationsgeschäft wandeln könnte.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 25.01.2016 - 35 O 25608/14 -
OLG München, Entscheidung vom 02.12.2016 - 5 U 852/16 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.