Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2019 - XI ZR 202/18

published on 15/01/2019 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2019 - XI ZR 202/18
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Landgericht Wiesbaden, 3 O 83/16, 27/04/2017
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 23 U 37/17, 23/03/2018

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 202/18
vom
15. Januar 2019
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2019:150119BXIZR202.18.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2019 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt

beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. März 2018 in der Fassung des Beschlusses vom 15. Mai 2018 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 68.799,73 €.

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unbegründet, weil der Kläger bereits nicht dargelegt hat, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2
Im Übrigen ist die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts auch rechtsfehlerfrei. Bei einem Verbraucherdarlehensvertrag in Form einer - wie hier - unechten Abschnittsfinanzierung finden die Vorschriften über Fern- absatzverträge auf die Konditionenanpassungen keine Anwendung (§ 312b Abs. 4 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 22. Februar 2011 geltenden Fassung). Bei einer unechten Abschnittsfinanzierung handelt es sich um Kredite, bei denen dem Verbraucher bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird, die Zinsvereinbarung jedoch nicht für den gesamten Zeitraum, sondern zunächst nur für eine bestimmte Festzinsperiode getroffen wird. Anders als bei einer echten Abschnittsfinanzierung, einer Novation oder einer Prolongation nach Ablauf der Gesamtlaufzeit wird dem Verbraucher mithin bei einer unechten Abschnittsfinanzierung kein neues Kapitalnutzungsrecht gewährt, wenn nach Ablauf der Zinsbindungsfrist lediglich neue Konditionen für die Zukunft vereinbart werden und die Konditionenvereinbarung entsprechend dem ursprünglichen Darlehensvertrag vollzogen wird (Senatsurteil vom 28. Mai 2013 - XI ZR 6/12, WM 2013, 1314 Rn. 22 mwN). Aufgrund dessen ist das Darlehensverhältnis bestehend aus "Grundvertrag" und gegebenenfalls anschließenden Prolongationsvereinbarungen als Einheit anzusehen, so dass dem Darlehensnehmer nur bei Abschluss des Darlehensvertrags ein Widerrufsrecht nach verbraucherdarlehensrechtlichen Vorschriften zusteht, nicht aber bei Abschluss einer Konditionenanpassung (Senatsurteil aaO Rn. 24). Im Anwendungsbereich des § 495 BGB hat der Gesetzgeber das Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 1 BGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 3. August 2009 geltenden Fassung nach dem Wortlaut und der Systematik des § 312d Abs. 5 Satz 1 BGB aF ausgeschlossen (Senatsurteil vom 3. Juli 2018 - XI ZR 702/16, WM 2018, 1601 Rn. 11). Dies gilt erst recht für etwaige Konditionenanpassungen , die bei der unechten Abschnittsfinanzierung von vornherein vertraglich vorgesehen sind (§ 312b Abs. 4 Satz 1 BGB aF).
3
Diese Auslegung des nationalen Rechts wird durch Art. 1 Abs. 2 Satz 1 und die Erwägungsgründe 14, 16 und 17 der Richtlinie 2002/65/EG des Euro- päischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. Nr. L 271 S. 16) bestätigt. Danach soll ein Widerrufsrecht - soweit ein solches nicht aufgrund besonderer gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen besteht - nur für den ersten einer Reihe von aufeinander folgenden oder getrennten Vorgängen der gleichen Art oder die "erste Dienstleistungsvereinbarung" wie beispielsweise eine Kontoeröffnung bestehen. Dies muss dann erst recht bei einer bloßen Konditionenanpassung im Rahmen einer unechten Abschnittsfinanzierung gelten, weil bei dieser spätere Konditionenanpassungen von vornherein angelegt und von den Vertragsparteien beabsichtigt sind. Diese Auslegung des Unionsrechts ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (vgl. EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 und Slg. 2005, I-8151 Rn. 33; Senatsurteil vom 3. Juli 2018 - XI ZR 520/16, WM 2018, 1596 Rn. 20 mwN). Etwas anderes folgt auch nicht aus den Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts München I vom 29. Juni 2018 (22 O 12332/17, juris; inzwischen nach einem Vergleich zurückgezogen) und des Landgerichts Kiel vom 7. September 2018 (12 O 92/18, juris), weil die dortigen Vorlagefragen die Einheit des Darlehensvertrags bei der unechten Abschnittsfinanzierung außer Acht lassen und damit bereits im Ausgangspunkt von einer rechtlichen unzutreffenden Annahme ausgehen.
4
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Ellenberger Grüneberg Maihold
Menges Derstadt

Vorinstanzen:
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 27.04.2017 - 3 O 83/16 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 23.03.2018 - 23 U 37/17 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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Annotations

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,

1.
die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,
2.
für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,
3.
die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder
4.
die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.
Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln.

(2) Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

(1) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren. Die in Erfüllung dieser Pflicht gemachten Angaben des Unternehmers werden Inhalt des Vertrags, es sei denn, die Vertragsparteien haben ausdrücklich etwas anderes vereinbart.

(2) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen ist der Unternehmer abweichend von Absatz 1 verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren.

(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,

1.
die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,
2.
für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,
3.
die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder
4.
die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.
Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln.

(2) Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich.