Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2018 - XI ZR 141/17
published on 26/06/2018 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2018 - XI ZR 141/17
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Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XI ZR 141/17
vom
26. Juni 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:260618BXIZR141.17.0 Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juni 2018 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 24. Januar 2017 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 50.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des vom Kläger erklärten Widerrufs seiner auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.
- 2
- Die Parteien schlossen im Februar 2010 einen Darlehensvertrag über ein endfälliges Darlehen in Höhe von 230.000 € mit einem bis zum 31. Dezember 2019 festen Zinssatz von 4,32% p.a. Zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten dienten zwei Grundschulden sowie Ansprüche aus einem Bauspar- und einem Versicherungsvertrag. Außerdem war vereinbart, das Darlehen solle mit Mitteln aus dem Bausparvertrag zurückgezahlt werden.
- 3
- Bei Vertragsschluss, der nicht mittels Fernkommunikationsmitteln erfolgte , belehrte die Beklagte den Kläger über sein Widerrufsrecht wie folgt:
- 4
- Der Kläger erbrachte Zinsleistungen. Unter dem 30. Dezember 2014 widerrief er seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
- 5
- Auf seine Klage festzustellen, "dass der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag vom 11. Februar 2010 mit der Darlehensnummer […] aufgrund der klägerischen Widerrufserklärung vom 30. Dezember 2014 unwirksam und rückabzuwickeln" sei, hat das Landgericht dahin erkannt, es werde festgestellt, "dass sich der Darlehensvertrag zwischen den Parteien mit der Nr. […] durch die mit Schreiben vom 30. Dezember 2014 erfolgteWider- rufserklärung in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis gewandelt" habe. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es - soweit im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren noch von Interesse - ausgeführt:
- 6
- Die Beklagte habe den Kläger fehlerhaft über das ihm zukommende Widerrufsrecht belehrt, weil die Formulierungen der Beklagten zur Widerrufsfrist ("Vertragsurkunde") nahelegten, die Widerrufsfrist könne schon mit Eingang des Vertragsangebots der Beklagten beim Kläger anlaufen. Auch die Wendung "[…], nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrags" suggeriere im Verein mit der Einleitung des so endenden Satzes eine gesetzeswidrige Verkürzung des Widerrufsrechts. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht berufen. Das Widerrufsrecht des Klägers sei weder verwirkt noch von ihm sonst rechtsmissbräuchlich ausgeübt.
- 7
- Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.
II.
- 8
- Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist unbegründet, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 9
- 1. Das gilt zum einen, soweit die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) geltend macht, das Berufungsgericht habe sich mit seiner (impliziten ) Annahme, die Feststellungsklage sei zulässig, in Widerspruch zur Recht- sprechung des Senats (Senatsurteile vom 24. Januar 2017 - XI ZR 183/15, WM 2017, 766 Rn. 10 ff., vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rn. 13 ff. und vom 14. März 2017 - XI ZR 442/16, WM 2017, 849 Rn. 19) gesetzt. Dieses Vorbringen ergibt keinen Zulassungsgrund:
- 10
- Das Berufungsgericht hat einen von der am Tag seiner Entscheidung (24. Januar 2017) etablierten höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Obersatz nicht aufgestellt. Es hat sich vielmehr überhaupt nicht mit der Frage der Zulässigkeit der Feststellungsklage befasst, sondern deren Zulässigkeit ohne weitere Prüfung unterstellt. Argumente, die das Berufungsgericht in anderen Fällen gebraucht hat, um die Zulässigkeit einer positiven Feststellungsklage auf Umwandlung eines Darlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis zu begründen, können dem Berufungsurteil nicht einfach unterlegt werden. Damit fällt dem Berufungsgericht höchstens ein Rechtsfehler im Einzelfall zur Last.
- 11
- Weil das Berufungsgericht die Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom selben Tag noch nicht kennen konnte, greift im Übrigen der Grundsatz, dass eine für eine Zulassung der Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderliche Wiederholungsgefahr nicht gegeben ist, wenn das Tatgericht eine noch nicht veröffentlichte höchstrichterliche Rechtsprechung in nicht vorwerfbarer Weise nicht beachtet hat (Senatsbeschluss vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02, WM 2003, 1346, 1347 f.; BGH, Beschluss vom 23. September 2003 - VI ZA 16/03, NJW 2003, 3781, 3782). Anhaltspunkte dafür , das Berufungsgericht wolle sich künftig an die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht halten, trägt die Beklagte weder vor noch sind sie sonst ersichtlich.
- 12
- 2. Zum anderen besteht entgegen der Rechtsmeinung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) kein Anlass, die Revision zuzulassen, weil das Berufungsgericht symptomatisch fehlerhaft die Angaben zur Wider- rufsfrist für unzureichend deutlich erachtet habe. Die Einschätzung des Berufungsgerichts trifft im Gegenteil im Ergebnis zu.
- 13
- Zwar entsprachen die Angaben der Beklagten in dem mit den Worten "Die Frist beginnt einen Tag, nachdem […]" beginnenden ersten Satzteil bis zu den Worten "zur Verfügung gestellt wurden" den gesetzlichen Vorgaben und waren entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts auch nicht wegen der Verwendung des Worts "Vertragsurkunde" undeutlich (dazu Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 381/16, WM 2017, 806 Rn. 14).
- 14
- Durch den außerhalb des Anwendungsbereichs fernabsatzrechtlicher Vorschriften (dazu Senatsurteile vom 24. Januar 2017 - XI ZR 183/15, WM 2017, 766 Rn. 26 und vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rn. 47) verwandten Zusatz "[…], nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrags" verunklarte die Beklagte indessen die Belehrung zum Fristbeginn. Der über interne Abläufe bei dem Darlehensgeber nicht informierte Darlehensnehmer blieb je nach der Reihenfolge der Vertragserklärungen der Parteien über den Zeitpunkt des Anlaufens der Widerrufsfrist im Ungewissen (Senatsurteile vom 16. Mai 2017 - XI ZR 586/15, WM 2017, 1258 Rn. 24 und vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 443/16, WM 2017, 2248 Rn. 24 sowie - XI ZR 450/16, juris Rn. 17). Damit lag, was der Senat lange vor Erlass des Berufungsurteils grundsätzlich geklärt hat, in dem Zusatz auch keine - ihrerseits am Deutlichkeitsgebot zu messende - zulässige Erschwerung des Fristlaufs zulasten des Darlehensgebers (so schon Senatsurteil vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 14).
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 18.03.2016 - 8 O 384/15 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 24.01.2017 - 6 U 68/16 -
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Lastenausgleichsgesetz - LAG
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)