Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juli 2014 - X ZR 61/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Das Landgericht hat die Beklagten wegen Verletzung des europäischen Patents 1 304 891 (Klagepatent) zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Vernichtung und Rückruf verurteilt sowie die Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 25. April 2013 zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen hat die Beklagte zu 1 (nachfolgend: die Beklagte) Beschwerde erhoben. Auf die Nichtigkeitsklage der Beklagten hat das Bundespatentgericht das Klagepatent aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2014 für nichtig erklärt, und zwar - nach dem Vortrag der Beklagten - wegen fehlender Neuheit. Die Beklag- te beantragt, die Zwangsvollstreckung einstweilen gegen Sicherheitsleistung einzustellen.
- 2
- II. Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
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- 1. Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil, in dem die Revision nicht zugelassen worden ist, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, ordnet das Revisionsgericht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO an, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und kein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings grundsätzlich nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 Abs. 1 ZPO zu stellen (BGH, Beschluss vom 4. Juni 2008 - XII ZR 55/08, NJW-RR 2008, 1038 Rn. 5; Beschluss vom 20. März 2012 - V ZR 275/11, NJW 2012, 1292 Rn. 5). Einen solchen Antrag hat die Beklagte nicht gestellt.
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- Unter diesen Umständen kommt die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn es dem Schuldner aus besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar war, einen Vollstreckungsschutzantrag zu stellen (BGH, NJW 2012, 1292 Rn. 5). Einen in diesem Sinne hinreichenden Grund dafür, die Zwangsvollstreckung ohne vorherigen Antrag nach § 712 Abs. 1 ZPO einzustellen, hat die Beklagte nicht dargetan.
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- 2. Der Beklagten sind nach ihrem Vorbringen durch die Zwangsvollstreckung aus den Urteilen der vorinstanzlichen Gerichte dadurch erhebliche Nachteile erwachsen, dass sie unter hohem personellen und finanziellen Aufwand eine alternative Softwarevariante permanent vorhalten und dafür sorgen muss, dass bei den von dritter Seite regelmäßig durchgeführten Updates der Basisversion der Gerätesoftware der Softwarecode der Abwandlung aufwändig in den Code der Basisversion eingearbeitet und der Gesamtcode getestet wird. Ob das den Tatbestand eines nicht zu ersetzenden Nachteils im Sinne von § 712 Abs. 1, § 719 Abs. 2 ZPO ausfüllen könnte, was tatrichterlicher Würdigung bedurft und deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Antrag nach § 712 Abs. 1 ZPO erfordert hätte, kann dahinstehen, weil die Beklagte sich hierauf für die Begründetheit ihres Antrags nach § 719 Abs. 2 ZPO nicht stützt.
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- Der nicht zu ersetzende Nachteil liegt nach ihrem Vorbringen vielmehr darin, dass sie sich verpflichtet sieht, sich an ein gerichtliches Verbot zu halten, dessen Grundlage mit der Nichtigerklärung des Klagepatents durch das Patentgericht entfallen sei. Dem kann nicht beigetreten werden. Der Umstand, dass das Klagepatent erstinstanzlich für nichtig erklärt worden ist, rechtfertigt für sich allein genommen und ohne weitere Umstände, für die hier nichts geltend gemacht und ersichtlich ist, nicht die Annahme, dass die (weitere) Zwangsvollstreckung einen für den Schuldner nicht zu ersetzenden Nachteil im Sinne von § 719 Abs. 2 ZPO darstellt. Die auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Erfindung zum Schutzrecht zurückwirkende Gestaltungswirkung der Nichtigerklärung eines Patents tritt erst mit der Rechtskraft des Nichtigkeitsurteils ein (BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 167/03, GRUR 2005, 935, 936 - Vergleichsempfehlung II). Dass das Urteil des Patentgerichts vom 7. Mai 2014 bereits in Rechtskraft erwachsen wäre, macht die Beklagte selbst nicht geltend und dafür ist auch nichts ersichtlich. Dem im Verletzungsprozess ausgesprochenen Unter- lassungsgebot ist dementsprechend gegenwärtig nicht die materiell-rechtliche Grundlage entzogen. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung kann der Erlass eines der Nichtigkeitsklage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils im Nichtigkeitsverfahren für sich allein nicht als eine so gravierende Zäsur angesehen werden, dass deshalb ohne Weiteres die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO gerechtfertigt wäre.
Hoffmann Ri'inBGH Schuster ist infolge urlaubsbedingter Ortsabwesenheit an der Beifügung ihrer Unterschrift gehindert. Gröning
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 25.05.2012 - 7 O 19334/11 -
OLG München, Entscheidung vom 25.04.2013 - 6 U 2420/12 -
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(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.
(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.
(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.
(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.
(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.
(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.
(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.
(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.
(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.
(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.
(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.
(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.
(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.
(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.