Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2012 - X ZR 11/10
published on 13/08/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2012 - X ZR 11/10
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X ZR 11/10
vom
13. August 2012
in dem Patentnichtigkeitsverfahren
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. August 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Keukenschrijver,
die Richterin Mühlens, den Richter Dr. Grabinski und die Richterin Schuster
beschlossen:
Die Vergütung des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Chem. I. N. für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens wird unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Sachverständigen auf 19.820,64 € einschließlich Umsatzsteuer festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Der gerichtliche Sachverständige hat sein schriftliches Gutachten zunächst pauschal mit 20.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer abgerechnet. Hiergegen hat die Beklagte Einwendungen erhoben. Auf Aufforderung der Berichterstatterin hat der gerichtliche Sachverständige folgende aufgeschlüsselte Honorarabrechnung erteilt: Vorbereitung 8 h à 110 € 880,00 € Schriftverkehr 3 h 330,00 € Durchsicht der Unterlagen 87 h 9.570,00 € Literaturrecherche 20 h 2.200,00 € Abfassung und Diktat Gutachten 85 h 9.350,00 € Durchsicht und Fertigstellung Gutachten 15 h 1.650,00 € Sekretariatsarbeiten 25 h à 45 € 1.125,00 € Kopien 484 à 0,65 € 314,60 € Porto, Telefon, Fax 15,00 € 23.454,60 € Mehrwertsteuer 19% 4.456,37 € Endbetrag 27.910,97 €
- 2
- II. Der geltend gemachte Vergütungsanspruch ist im Wesentlichen gerechtfertigt.
- 3
- 1. Vom Gutachten des im Patentnichtigkeitsverfahren beauftragten Sachverständigen wird eine eingehende Auseinandersetzung mit der geschützten Erfindung und dem Stand der Technik erwartet, was voraussetzt, dass der Sachverständige sich mit der Aufbereitung des Streitstoffs in den Gerichtsakten vertraut gemacht und sich in den entgegengehaltenen Stand der Technik und die regelmäßig typisch patentrechtliche Diktion entgegengehaltener Schriften eingearbeitet hat. Die Arbeitsweise bleibt dabei dem gerichtlichen Sachverständigen grundsätzlich selbst überlassen; dem anrechnungsfähigen Zeitaufwand ist lediglich dadurch eine Obergrenze gesetzt, dass ein gerichtlicher Sachverständiger fachliche Kompetenz gerade auf dem technischen Gebiet besitzt und besitzen muss, auf das sich die Begutachtung bezieht und für das er seine Kompetenz aufgrund der entsprechenden Anfrage des Senats vor der Beauftragung mit dem Gutachten bestätigt hat. Deshalb muss zwischen Fachkunde und zeitlichem Aufwand eine plausible Proportionalität gewahrt sein (BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - X ZR 52/05 Rn. 5 ff.; Beschluss vom 2. Dezember 2008 - X ZR 159/05, GRUR-RR 2009, 120 Rn. 4; Beschluss vom 15. Februar 2011 - X ZR 7/09 Rn. 4).
- 4
- 2. Das in französischer Sprache erteilte Streitpatent betrifft einen Fußbodenbelag aus thermoplastischem Material und ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Fußbodenbelags. Es umfasst sieben Patentansprüche. Die Klägerin greift das Streitpatent insgesamt an. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Die Beklagte verteidigt in der Berufungsinstanz das Patent nur noch in einer eingeschränkten Fassung, hilfsweise in der Fassung von acht Hilfsanträgen. Die Klägerin hält den Gegenstand des Streitpatents auch in der nur noch eingeschränkt verteidigten Fassung für nicht patentfähig. Das Urteil des Patentgerichts umfasst 48 Seiten, die Berufungsbegründung 23 Seiten und die Berufungserwiderung 28 Seiten.
- 5
- Nach dem Beweisbeschluss waren die Fragen der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit zu beantworten und in diesem Rahmen neun Veröffentlichungen zu prüfen. Das schriftliche Gutachten des Sachverständigen umfasst insgesamt 44 Seiten, auf 33 Seiten werden die Fragen des Beweisbeschlusses beantwortet.
- 6
- 3. Damit handelt es sich, was den Prüfstoff betrifft, um ein in der Berufungsinstanz eher an der oberen Grenze des Durchschnitts liegendes Verfahren. Die Prozessakten sind, ebenso wie die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, vergleichsweise umfangreich. In derartigen Verfahren hat der Senat mehrfach entschieden, dass die Proportionalität nicht gewahrt ist, wenn ein Aufwand von mehr als 150 Stunden abgerechnet wird (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - X ZR 52/05 Rn. 5; Beschluss vom 1. April 2008 - X ZR 84/05 Rn. 8; Beschluss vom 12. Dezember 2011 - X ZR 116/08 Rn. 6).
- 7
- 4. Die Parteien haben sich auf Anfrage der Berichterstatterin vor Erstellung des schriftlichen Gutachtens mit einem Stundensatz von 110 € einverstanden erklärt. Dem Sachverständigen steht daher ein Leistungshonorar von 16.500 € zu.
- 8
- Diesem Honorar sind die Schreibaufwendungen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JEVG) hinzuzurechnen. Weiter sind die Auslagen für zehn Mehrexemplare des Gutachtens gemäß § 7 Abs. 2 JEVG zu vergüten.
- 9
- Hieraus ergibt sich die folgende Abrechnung: 150 h à 110 € 16.500,00 € Schreibaufwand (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 JEVG) geschätzt 66,00 € Kopien 90,00 € 16.656,00 € Umsatzsteuer 3.164,64 € 19.820,64 € Meier-Beck Mühlens
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 23.12.2009 - 3 Ni 56/07 (EU) -
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}
5 Referenzen - Urteile
moreResultsText
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).
published on 02/12/2008 00:00
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 159/05 vom 2. Dezember 2008 in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin Mühlens sowi
published on 12/12/2011 00:00
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 116/08 vom 12. Dezember 2011 in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Keukenschrijver , die Ric
published on 25/09/2007 00:00
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 52/05 vom 25. September 2007 in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2007 durch die Richter Scharen und Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Asen
published on 01/04/2008 00:00
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 84/05 vom 1. April 2008 in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Scharen, Keukenschrijver, Prof. Dr. MeierBeck und Grönin
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.