Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - VIII ZR 127/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. April 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, den Richter Prof. Dr. Achilles, die Richterin Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger ist auf die Widerklage der Beklagten zu 1 durch Teilurteil des Amtsgerichts München zur Räumung und Herausgabe der von ihm gemieteten Doppelhaushälfte in U. verurteilt worden. Das Landgericht München I hat die von ihm eingelegte Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückgewiesen. Im Rahmen der hiergegen erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 4. Juli 2017 (VIII ZR 127/17, WuM 2017, 542) eine Einstellung der Zwangsvollstreckung mangels Erfolgsaussicht abgelehnt. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers sein Mandat niedergelegt hatte, hat der Kläger die Beiordnung eines Notanwalts beantragt , was der Senat durch Beschluss vom 26. September 2017 unter anderem wegen Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung ebenfalls abgelehnt hat.
- 2
- Mit seinem Ablehnungsgesuch wendet sich der Kläger gegen die Mitwirkung des Richters Dr. S. bei diesen Entscheidungen. Diesem war jeweils die vorbereitende Bearbeitung der Sache als Berichterstatter zugewiesen.
II.
- 3
- Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet.
- 4
- Nach § 42 Abs. 2 ZPO kann ein Richter von den Parteien wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dabei kommen aber nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit des abgelehnten Richters aufkommen lassen, während rein subjektive Vorstellungen oder Gedankengänge des Ablehnenden als Ablehnungsgründe ausscheiden (BGH, Beschlüsse vom 18. Februar 2014 - VIII ZR 271/13, juris Rn. 7; vom 10. Oktober 2017 - III ZA 12/17, juris Rn. 3; vom 20. November 2017 - IX ZR 80/15, juris Rn. 3; jeweils mwN).
- 5
- Die erforderlichen objektiven Gründe liegen im Streitfall nicht vor. Der Kläger stützt sein Ablehnungsgesuch nur auf subjektive Mutmaßungen, die keine objektive Grundlage haben. Soweit der Kläger dem abgelehnten Richter vorwirft, in gehörsverletzender Weise gegenüber dem Senat unvollständige und unrichtige Voten erstattet sowie dabei in der Beurteilung der Entscheidungen der Vorinstanzen willkürlich von bestehender höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen zu sein und auf diese Weise eine unrichtige Beurteilung der Sache herbeigeführt zu haben, verkennt der Kläger bereits grundlegend die arbeitsteilige Beratungsvorbereitung des Senats und die den einzelnen Senatsmitgliedern zur Ermöglichung einer eigenständigen Überzeugungsbildung zur Verfügung stehenden Beurteilungsgrundlagen für die von ihnen zu treffende Entscheidung. In gleicher Weise ohne jeglichen objektiven Anhalt ist der Vorwurf des Klägers, der abgelehnte Richter habe aufgrund seiner Herkunft aus der Münchner Justiz die dort in den Instanzen mit der Sache befassten Richter zu decken beabsichtigt.
- 6
- In ihrem objektivierbaren Kern zielen die vom Kläger erhobenen Vorwürfe im Wesentlichen darauf ab, dass er die in den genannten Senatsbeschlüssen zu seinem Nachteil geäußerte Rechtsauffassung für verfehlt hält. Die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der einer Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsanwendung ist jedoch - von im Streitfall noch nicht einmal ansatzweise erkennbaren Fallgestaltungen einer offensichtlichen Unhaltbarkeit abgesehen - nicht geeignet , eine Ablehnung wegen Befangenheit zu begründen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 2011 - V ZR 8/10, NJW-RR 2012, 61 Rn. 7; vom 1. Juni 2017 - I ZB 4/16, juris Rn. 15; vom 20. November 2017 - IX ZR 80/15, aaO Rn. 5; BVerwG, Beschluss vom 20. November 2017 - 6 B 47/17, juris Rn. 8; jeweils mwN). Insbesondere hat der Kläger bei seinen Angriffen außer Betracht gelassen, dass zum einen das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von einem durch § 543 ZPO vorgegebenen besonderen Prüfungsmaßstab beherrscht wird. Zum anderen handelt es sich - wie im Senatsbeschluss vom 4. Juli 2017 (VIII ZR 127/17, aaO Rn. 15) eigens hervorgehoben - um einen durch besondere Umstände des Einzelfalls geprägten und angesichts der Höhe der aufgelaufenen Mietrückstände zudem auch in der Sache von den
- 7
- Vorinstanzen materiell handgreiflich richtig entschiedenen Rechtsstreit, welcher erst recht nach keinem der im Gesetz genannten Zulassungsgründe eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 14.12.2016 - 452 C 23314/15 -
LG München I, Entscheidung vom 04.05.2017 - 14 S 22108/16 -
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.