Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juni 2019 - VIII ZB 76/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juni 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Bünger, Kosziol und Dr. Schmidt
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beklagten haben mit ihrer Widerklage im Berufungsrechtszug unter anderem den Antrag angekündigt, festzustellen, dass sie der Klägerin vom 1. August 2014 bis zum 1. Juli 2015 eine Bruttomiete unter 574,16 € schulden. Die Klägerin hält hingegen in dem betreffenden Zeitraum eine Bruttomiete von 604,92 € für geschuldet.
- 2
- Das Berufungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass die Beklagten insoweit einen negativen Feststellungsantrag gestellt hätten. Bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstands hat das Berufungsgericht einen Feststellungsabschlag von 20 % vorgenommen und ge- meint, die Beklagten seien durch die Abweisung dieses Antrags nicht mit dem Jahresbetrag von 369,24 € der Differenz, sondern nur mit 295,39 € beschwert. Unter Berücksichtigung einer weiteren - nicht im Streit befindlichen - Beschwer von 299,85 € sei die Mindestbeschwer von 600 € nicht überschritten,sondern betrage nur 595,24 €. Daher sei die Berufung der Beklagten als unzulässig zu verwerfen.
- 3
- Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
- 5
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die Entscheidung des Berufungsgerichts , die Berufungssumme sei aufgrund des von ihm vorgenommenen Feststellungsabschlags von 20 % nicht erreicht und die Berufung deshalb als unzulässig zu verwerfen, verletzt die Beklagten in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ), das es den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren.
- 6
- Eine solche unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu der an sich gegebenen Berufung kann in einem Fehler bei der Bewertung des Beschwerdegegenstands liegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. September 2013 - II ZB 6/12, NZG 2013, 1258 Rn. 8; vom 14. Juni 2016 - VIII ZB 4/16, WuM 2016, 501 Rn. 3 ff.; vom 3. April 2019 - VII ZB 59/18, juris Rn. 11).
- 7
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen. Der angefochtene Verwerfungsbeschluss beruht auf einem Rechtsfehler des Berufungsgerichts bei der Bemessung des Wertes des von der Beklagten geltend gemachten Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Das insoweit maßgebliche Interesse der Beklagten an der Abänderung des angefochtenen Urteils übersteigt entgegen der Annahme des Berufungsge- richts die Wertgrenze von 600 €.
- 8
- Zwar hat das Berufungsgericht in dem angefochtenen Beschluss erkannt , dass die Beklagten im Streitfall ein negatives Feststellungsbegehren verfolgen. Maßgeblich ist insoweit das Feststellungsbegehren der Beklagten, in dem betreffenden Zeitraum eine monatliche Bruttomiete nicht in Höhe von 604,92 €, sondern von 574,16 € zu schulden. Rechtsfehlerhaft hat das Beru- fungsgericht bei der Bewertung des Feststellungsinteresses der Beklagten jedoch - wie bei einer positiven Feststellungsklage - einen Abzug von 20 % vorgenommen. Ein solcher ist jedoch bei einer negativen Feststellungsklage nicht zu berücksichtigen (st. Rspr.; siehe nur BGH, Beschlüsse vom 7. November 2018 - IV ZR 238/17, juris Rn. 7; vom 9. Juni 2015 - IX ZR 257/14, juris Rn. 3; jeweils mwN). Der für die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten notwendige Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 600 € ist daher erreicht (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Bünger Kosziol Dr. Schmidt
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 04.02.2018 - 5 C 136/15 -
LG Berlin, Entscheidung vom 19.07.2018 - 66 S 40/18 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.