Bundesgerichtshof Beschluss, 06. März 2007 - VIII ZB 102/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Rechtsmittel des Beklagten hat Erfolg.
- 2
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO auch zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert.
- 3
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Es kann dahingestellt bleiben , ob das Berufungsgericht ohne weitere Sachaufklärung annehmen durfte, der Beklagte habe die Berufungsfrist nicht gewahrt. Denn dem Beklagten ist jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er glaub- haft gemacht hat, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten (§§ 233, 236 ZPO). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs muss der Rechtsanwalt bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze für eine wirksame Ausgangskontrolle sorgen. Hierzu gehört bei einer Übermittlung per Telefax die Anordnung, dass die Frist erst dann gelöscht werden darf, wenn sich der Absender anhand des ausgedruckten Sendeberichts von der erfolgreichen Übermittlung des Schriftsatzes überzeugt hat (BGH, Beschluss vom 17. November 1992 – X ZB 20/92, NJW 1993, 732, unter II 1; Beschluss vom 24. März 1993 – XII ZB 12/93, NJW 1993, 1655, unter II 2 b). Dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten diesen Anforderungen gerecht geworden ist, ist durch die eidesstattliche Versicherung der Büroangestellten und den vorlegten Sendebericht belegt.
- 4
- Die Kanzleiangestellte F. B. hat eidesstattlich versichert, dass sie am 16. Juni 2006 von der Berufungsschrift eine Kopie zur Versendung per Fax gefertigt und die Kopie gegen 17.55 Uhr korrekt in das Faxgerät eingelegt habe, was sie auch dem Umstand entnehme, dass der Sendebericht wie üblich auf der Rückseite der ersten Seite ausgedruckt sei. Sie habe die Berufungsfrist in der Akte erst nach dem Ausdruck des Sendeberichts, der die erfolgreiche Übermittlung der Berufungsschrift an das Landgericht bestätigt habe, gestrichen.
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- Sollte gleichwohl nicht feststellbar sein, dass die Berufungsschrift vom Gerät des Berufungsgerichts empfangen und ausgedruckt worden ist, ist die Versäumung der Berufungsfrist vom Beklagten jedenfalls nicht zu vertreten und ihm deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Vorinstanzen:
AG Pinneberg, Entscheidung vom 07.04.2006 - 63 C 269/05 -
LG Itzehoe, Entscheidung vom 04.09.2006 - 9 S 70/06 -
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Annotations
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.
(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.