Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2016 - VII ZR 277/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Borris
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig, aber unbegründet.
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- Die Voraussetzungen des § 233 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, denn die Klägerin war nicht ohne Verschulden gehindert, die zweiwöchige Notfrist zur Einlegung der Anhörungsrüge nach § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO einzuhalten.
- 3
- Die Frist beginnt im Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Möglichkeit der Verletzung rechtlichen Gehörs zu laufen. Bei schriftlichen Entscheidungen fällt der Zeitpunkt der Kenntniserlangung regelmäßig mit der Zustellung der Entscheidung zusammen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2006 - IX ZR 171/03, FamRZ 2006, 1029, juris Rn. 2; vom 11. Februar 2013 - IX ZB 101/12 Rn. 1).
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- Die Notfrist begann deshalb mit Zustellung an den Prozessbevollmächtigten am 31. August 2016 zu laufen, denn ab diesem Zeitpunkt bestand Gelegenheit , Gehörsverletzungen im Senatsbeschluss - so sie vorgelegen hätten - zur Kenntnis zu nehmen.
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- Entgegen der Auffassung der Klägerin ist irrelevant, zu welchem Zeitpunkt sie persönlich oder der zweitinstanzlich für sie tätige Prozessbevollmächtigte den Senatsbeschluss übermittelt erhielt. Maßgeblich für die Berechnung der Zweiwochenfrist ist der Zeitpunkt, an dem der Prozessbevollmächtigte, der sie im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vertrat, von dem Umstand einer etwaigen Gehörsverletzung im Senatsbeschluss Kenntnis erlangt hat (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2006 - IX ZR 171/03, aaO; BFH, Beschluss vom 4. Mai 2011 - X S 8/11 Rn. 7).
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- Die Klägerin hat sich das Wissen ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen zu lassen (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2006 - IX ZR 171/03, aaO).
II.
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- Die Anhörungsrüge der Klägerin nach § 321a ZPO ist wegen Verfristung als unzulässig zu verwerfen. Die zweiwöchige Notfrist des § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO begann mit Zustellung des Senatsbeschlusses am 31. August 2016 zu laufen und endete am 14. September 2016. Die Frist war bei Eingang der Anhörungsrüge am 14. Oktober 2016 abgelaufen.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 31.01.2014 - 24 O 1922/11 -
OLG München, Entscheidung vom 13.10.2014 - 9 U 1023/14 Bau -
Annotations
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.