Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2013 - VII ZR 165/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ein mit der Widerklage geltend gemachter Vorschussanspruch des Beklagten zur Beseitigung von Mängeln.
- 2
- Der Beklagte beauftragte die Klägerin mit Innenputzarbeiten für sein Haus. Streitig ist insbesondere der Umfang des erteilten Auftrags. Der Beklagte behauptet, die Klägerin sei damit beauftragt gewesen, eine tapezierfähige Putzoberfläche im gesamten Haus herzustellen; der Altputz habe abgeschlagen und erneuert werden sollen. Die Klägerin behauptet, sie habe nur die unverputzten Wände verputzen sollen; den Altputz habe sie nur an bestimmten Stellen ausbessern sollen. Streitig ist auch der Tapezierungszustand der Räume bei Auftragsvergabe. Der Beklagte behauptet dazu, dass vor Angebotserstellung nicht eine Wand tapeziert gewesen sei.
- 3
- Mit der Widerklage hat der Beklagte einen Kostenvorschuss für die Beseitigung nicht tragfähigen Altputzes sowie für das Neuaufbringen von Putz verlangt , zunächst für das Obergeschoss in Höhe von 7.768,44 €. Der Beklagte hat die Widerklage später in Höhe von 23.479,63 € im Hinblick auf das Erdgeschoss erweitert.
- 4
- Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass sich die Klägerin zur Erneuerung des vorhandenen Altputzes verpflichtet habe. Das Landgericht hat unter anderem darauf abgestellt, dass sich die Aussagen der vom Beklagten benannten Zeugin F. und des von der Klägerin benannten Zeugen Sch. entgegenstünden. Die Aussage der Zeugin F. decke sich auch nicht mit den Bekundungen des von der Klägerin beauftragten Nachunternehmers, des Zeugen G.
- 5
- Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt er sein Zahlungsverlangen weiter.
II.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse , im Wesentlichen ausgeführt: Dem Beklagten stehe kein Vorschussanspruch gemäß § 637 Abs. 3 BGB zu. Er habe nicht bewiesen, dass die Klägerin den gesamten Altputz habe erneuern sollen. Durch die Zeugenvernehmung sei keine Klärung erzielt worden. Die erstinstanzliche Beweiswürdigung sei nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf das Erdgeschoss habe der Beklagte nicht dargelegt , dass der von der Klägerin aufgebrachte Putz mangelhaft sei.
- 7
- 2. Der Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ist teilweise, nämlich soweit es Putzarbeiten im Obergeschoss betrifft, stattzugeben, weil insoweit die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2, § 544 Abs. 6 und 7 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in zweifacher Weise verletzt, weil es entscheidungserhebliches Beweisanerbieten des Beklagten unberücksichtigt gelassen hat.
- 8
- a) Die Beschwerde macht zu Recht geltend, dass das Berufungsgericht einen Berufungsangriff des Beklagten übergangen hat, der sich gegen die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen Sch. und G. bzw. deren persönliche Glaubwürdigkeit richtete. Zum Tapezierungszustand bei Auftragsvergabe haben die Zeugen Sch. und G. bekundet, dass das Haus zum Zeitpunkt der Vergabeverhandlungen überwiegend tapeziert gewesen sei (so der Zeuge Sch.) bzw. ganz oder teilweise, er sei sich aber nicht sicher (so der Zeuge G.).
- 9
- Die Zeugin F. hat hingegen bekundet, es sei nicht eine Wand tapeziert gewesen. Dazu hat der Beklagte bereits in erster Instanz zwei weitere Zeugen angeboten, die Zeugen Fr. und L. Auf diese Beweisangebote hat der Beklagte in der Berufungsbegründung Bezug genommen. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die Zeugen Fr. und L. nicht gehört hat, die der Beklagte zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen Sch. und G. bzw. zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen benannt hat.
- 10
- b) Zudem hat das Berufungsgericht das Verfahrensgrundrecht des Beklagten auf rechtliches Gehör unter einem weiteren Gesichtspunkt verletzt. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16. März 2009 Lichtbilder vorgelegt und behauptet , aus ihnen ergebe sich, dass vor Beginn der Arbeiten der Klägerin keine Tapete angebracht gewesen sei. Die Richtigkeit des Aufnahmedatums hat der Beklagte durch die Zeugin F. unter Beweis gestellt. Dem ist das Berufungsgericht nicht nachgegangen.
- 11
- 3. Die Gehörsverstöße sind entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat nicht nachvollziehbar ausgeführt, dass die Beweisangebote aus seiner Sicht nicht geeignet sind, die Glaubwürdigkeit der Zeugen Sch. und G. und die Glaubhaftigkeit ihrer Bekundungen zu erschüttern. Es ist daher nicht auszuschließen , dass das Berufungsgericht den Nachweis des vom Beklagten behaupteten Auftragsumfangs bei Erhebung des Zeugenbeweises und Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen Sch. und G. als geführt an- sehen und den geltend gemachten Vorschussanspruch für dasObergeschoss zusprechen wird.
III.
- 12
- Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die erstinstanzlich gehörten Zeugen Sch. und G. unter Umständen vom Berufungsgericht erneut zu vernehmen sind, § 398 ZPO. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Berufungsgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen (d.h. seine Glaubwürdigkeit) noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit (d.h. die Glaubhaftigkeit ) seiner Aussage betreffen (BGH, Beschluss vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 7; siehe auch Urteil vom 29. September 2011 - VII ZR 87/11, BauR 2012, 115 = NZBau 2011, 746 Rn. 16; Beschluss vom 14. Mai 2013 - XI ZR 274/12, juris Rn. 14). Danach ist es dem Berufungsgericht verwehrt, ohne erneute Vernehmung der Zeugen Sch. und G. von ihrer Unglaubwürdigkeit bzw. von der Unglaubhaftigkeit ihrer Aussagen oder von der Verlässlichkeit der Aussage der Zeugin F. auszugehen.
- 13
- Im Hinblick auf den vom Beklagten behaupteten Vertragsumfang wird zu beachten sein, dass der vereinbarte Werklohn dafür nach den Feststellungen des Berufungsgerichts viel zu niedrig war und dass das Alter des Putzes nach dem Befund des Sachverständigen keinen Anlass gab, diesen abzuschlagen.
Vorinstanzen:
LG Kleve, Entscheidung vom 24.05.2011 - 3 O 33/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.05.2012 - I-23 U 77/11 -
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.
(2) § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Der Bestimmung einer Frist bedarf es auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.
(3) Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.
(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.
(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.