Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2017 - VII ZB 9/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit sowie die Richterinnen Graßnack und Borris
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts F. Auf Antrag der Gläubigerin erließ das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - W. einen Pfändungs - und Überweisungsbeschluss betreffend den "Anspruch der Schuldnerin gegen die Gläubigerin auf Auszahlung der gesamten sich aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Amtsgerichts B. vom 13. Mai 2013 ergebenden Kostenerstattungsansprüchen".
- 2
- Gegen diesen Beschluss hat die Schuldnerin Beschwerde eingelegt. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Schuldnerin zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
- 3
- Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Schuldnerin die Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts, die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts W. und die Zurückweisung des Antrags auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
II.
- 4
- Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Schuldnerin hat keinen Erfolg.
- 5
- 1. Das Beschwerdegericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Die von der Gläubigerin beantragte Pfändung in eigene Schuld sei jedenfalls dann zulässig, wenn sie dazu diene, dem Gläubiger die Verrechnung in den Fällen zu ermöglichen, in denen die allgemeinen Aufrechnungsvoraussetzungen nicht vorlägen oder die Aufrechnung aus prozessualen Gründen unstatthaft sei (BGH, Urteil vom 10. März 2011 - IX ZR 82/10, NJW 2011, 2649 Rn. 14). Jedoch selbst dann, wenn derartige Hinderungsgründe für eine Aufrechnung nicht vorlägen, sei die Pfändung der Gegenforderung zulässig. Dies ergebe sich daraus, dass die Pfändung gegenüber der Aufrechnung aufgrund der unterschiedlichen Wirkungen erhebliche Vorteile habe. Auf jeden Fall bringe die Pfändung als staatlicher Hoheitsakt dem Gläubiger häufig größere Klarheit und Rechtssicherheit, denn der Streit und die Zweifel über die Wirksamkeit einer außergerichtlichen Aufrechnung könnten vermieden werden.
- 7
- Die Rechtsbeschwerde sei zuzulassen, da der Bundesgerichtshof noch nicht die Frage entschieden habe, ob die Pfändung in eigene Schuld auch dann zulässig sei, wenn die Möglichkeit der Aufrechnung bestehe.
- 8
- 2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
- 9
- Die vom Beschwerdegericht aufgeworfene Rechtsfrage hat der erkennende Senat bereits im Beschluss vom 5. Mai 2011 - VII ZB 17/10, MDR 2011, 882, juris Rn. 7, entschieden. Danach hat der Gläubiger grundsätzlich die Möglichkeit , eine dem Schuldner gegen ihn zustehende Forderung zu pfänden. Der Senat hat nur die - hier nicht einschlägige - Frage offen gelassen, ob dies auch möglich ist, wenn der Gläubiger ohne die Pfändung und Überweisung wegen eines materiellen Aufrechnungsverbots nicht aufrechnen kann. Auf dieser Grundlage hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zu Recht den beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen. Aufrechnungsverbote sind nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht ersichtlich und werden von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht.
- 10
- Im Übrigen wird von einer Begründung abgesehen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).
- 11
- 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
AG Wiesbaden, Entscheidung vom 16.12.2013 - 65 M 8444/13 -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 12.02.2014 - 4 T 12/14 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)