Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - VII ZB 45/18

ECLI: ECLI:DE:BGH:2018:191218BVIIZB45.18.0
published on 19/12/2018 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - VII ZB 45/18
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Amtsgericht Köln, 287 M 6426/17, 14/09/2017
Landgericht Köln, 39 T 226/17, 05/06/2018

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 45/18
vom
19. Dezember 2018
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Lässt der Einzelrichter entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO selbst die Rechtsbeschwerde
wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu, ist diese Entscheidung
wegen Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters
gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aufzuheben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss
vom 18. September 2018 - VI ZB 34/17; Beschluss vom 2. Dezember 2015
- VII ZB 41/15).
BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2018 - VII ZB 45/18 - LG Köln
AG Köln
ECLI:DE:BGH:2018:191218BVIIZB45.18.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Dezember 2018 durch den Vorsitzenden Richter Pamp, den Richter Dr. Kartzke sowie die Richterinnen Graßnack, Borris und Dr. Brenneisen
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 39. Zivilkammer des Landgerichts Köln (Einzelrichter) vom 5. Juni 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Der am 6. Januar 2001 geborene Gläubiger ist der Sohn des Schuldners und betreibt gegen diesen die Zwangsvollstreckung wegen Unterhaltsforderungen aus der Urkunde über die Festsetzung des Unterhalts des Jugendamts Kreis Borken vom 18. Juli 2007.
2
Die Mutter des Gläubigers bevollmächtigte am 16. Mai 2008 den Kreis Borken, aus dieser Jugendamtsurkunde die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner zu betreiben, die gepfändeten Beträge entgegenzunehmen sowie gegen Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts Rechtsmittel einzulegen und sie in den durch die Zwangsvollstreckung eventuell notwendig werdenden Gerichtsverfahren zu vertreten.
3
Am 10. März 2017 beantragte der Gläubiger, vertreten durch den Kreis Borken, den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, mit dem Ansprüche des Schuldners auf Zahlung des gesamten, auch künftig fällig werdenden Arbeitseinkommens gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden sollten.
4
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am 7. April 2017 erlassen. Die Erinnerung des Schuldners hiergegen ist mit Ausnahme der Heraufsetzung seines Selbstbehalts erfolglos geblieben.
5
Seine sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit der vom Beschwerdegericht (Einzelrichter) wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
7
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft. Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums der Einzelrichter entschieden hat.
8
2. Die Einzelrichterentscheidung unterliegt indes der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen ist (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).
9
Der Einzelrichter hat Verfahren, die grundsätzliche Bedeutung haben oder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen, gemäß § 568 Satz 2 ZPO dem Kollegium zu übertragen. Der Einzelrichter, der die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache bejaht, darf über die Zulassung darum nicht selbst entscheiden, sondern muss das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der Kammer übertragen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2018 - VI ZB 34/17 Rn. 5; Beschluss vom 2. Dezember 2015 - VII ZB 41/15 Rn. 7; Beschluss vom 20. Mai 2015 - VII ZB 50/14 Rn. 6, NJW-RR 2015, 1406; Beschluss vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02, MDR 2003, 949, juris Rn. 6; Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, juris Rn. 6 f.).
10
Dem hat der Einzelrichter nicht Rechnung getragen, mit seiner Entscheidung hat er die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung dem Kollegium als dem gesetzlichen Richter entzogen.
11
3. Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter , welcher den angefochtenen Beschluss erlassen hat. Die Zurückverweisung gibt dem Einzelrichter Gelegenheit, die Frage der von ihm bislang angenommenen grundsätzlichen Bedeutung einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen. Sollte er danach bei seiner bisherigen diesbezüglichen Beurteilung ver- bleiben, wird er nach § 568 Satz 2 ZPO zu verfahren haben.

Pamp Kartzke Graßnack Borris Brenneisen
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 14.09.2017 - 287 M 6426/17 -
LG Köln, Entscheidung vom 05.06.2018 - 39 T 226/17 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.
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Annotations

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.