Bundesgerichtshof Beschluss, 06. März 2012 - VI ZR 167/11

published on 06/03/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. März 2012 - VI ZR 167/11
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Amtsgericht Siegburg, 118 C 101/10, 29/09/2010
Landgericht Bonn, 8 S 33/11, 17/05/2011

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 167/11
vom
6. März 2012
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. März 2012 durch den Vorsitzenden
Richter Galke und den Richter Zoll, die Richterin Diederichsen, den
Richter Stöhr sowie die Richterin von Pentz

beschlossen:
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger ¼ und die Beklagte ¾ zu tragen.
Streitwert: bis 600 €

Gründe:


I.


1
Der Kläger hat die Beklagte auf Ersatz materiellen Schadens aus einem Verkehrsunfall vom 5. Dezember 2009 in Anspruch genommen. Nachdem der Kläger in der Klageschrift zunächst beantragt hatte festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den bei dem Verkehrsunfall entstandenen Schaden in vollem Umfang zu ersetzen, hat er auf Hinweis des Amtsgerichts Leistungsklage auf Zahlung der Unkostenpauschale in Höhe von 25 € erhoben und seinen bisherigen Antrag zum Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage gemacht. Das Amtsgericht hat der Leistungsklage stattgegeben und den Zwischenfeststellungsantrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat der Kläger seinen Zwischenfeststellungsantrag weiterverfolgt. Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2011 hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Erledigungserklärung nach Belehrung über die Rechtsfolgen eines unterlassenen Widerspruchs gemäß § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht widersprochen.

II.

2
Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 91a Abs. 1 ZPO zu ¼ dem Kläger und zu ¾ der Beklagten aufzuerlegen. Dies entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands.
3
1. Ohne die Erledigungserklärung wäre das Berufungsurteil auf die Revision des Klägers aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen gewesen. Denn die Zwischenfeststellungsklage war zulässig. Ihre Erhebung war insbesondere nicht rechtsmissbräuchlich. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts diente die Erhebung der Zwischenfeststellungsklage nicht dem Zweck, die besonderen Prozessvoraussetzungen einer Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zu umgehen. Die Klage war nämlich bereits als allgemeine Feststellungsklage zulässig. Das rechtliche Interesse des Klägers an einer alsbaldigen Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ergab sich daraus , dass sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zur Zeit der Klageerhebung noch in der Entwicklung befand. Bei Klageerhebung war erst ein Teil des Schadens entstanden. Die Entstehung weiteren Schadens - nämlich des Nutzungsausfallschadens bei Reparatur des Fahrzeuges - war nach dem Vorbringen des Klägers noch zu erwarten. In einer derartigen Fallgestaltung ist die Feststellungsklage nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insgesamt zulässig. Der Kläger ist nicht gehalten, seine Klage in eine Leistungs - und eine Feststellungsklage aufzuspalten (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 2003 - VI ZR 304/02, VersR 2003, 1256; vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98, VersR 1999, 1555, 1556; BGH, Urteil vom 21. Februar 1991 - III ZR 204/89, VersR 1991, 788, 789).
4
2. Es lässt sich nicht absehen, ob die zulässige Klage auch in vollem Umfang begründet gewesen wäre. Aufgrund der Feststellungen des Amtsgerichts wäre zwar jedenfalls von einer hälftigen Haftung der Beklagten auszugehen gewesen, weil der Unfallhergang aus der Sicht des Sachverständigen unaufklärbar war. Ob der Klägerin trotzdem der Nachweis gelungen wäre, dass die Beklagte den Unfall verursacht hat, lässt sich nicht abschließend beurteilen, weil das Amtsgericht diese Frage offen gelassen hat. Ihre Beurteilung hängt von einer tatrichterlichen Würdigung des Inbegriffs der mündlichen Verhandlung , insbesondere der Aussage der Zeugin S. ab, von der das Amtsgericht abgesehen hat und die das Revisionsgericht nicht nachholen kann.
Galke Zoll Diederichsen
Stöhr von Pentz

Vorinstanzen:
AG Siegburg, Entscheidung vom 29.09.2010 - 118 C 101/10 -
LG Bonn, Entscheidung vom 17.05.2011 - 8 S 33/11 -
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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich
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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich
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published on 08/07/2003 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 304/02 Verkündet am: 8. Juli 2003 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: nein
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published on 21/02/2017 00:00

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. September 2015 aufgehoben.
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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.