Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2013 - V ZR 269/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 21.248,42 €.
Gründe:
I.
- 1
- Die beiden Beklagten und ihr Sohn bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnungen unterliegen einem im Grundbuch eingetragenen Vorbehalt, nach der für eine Veräußerung die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erforderlich ist. Die Klägerin betreibt die Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum des Sohnes der Beklagten aus einer Buchgrundschuld über 150.000 DM. Am 4. September 2008 ordnete das Vollstreckungsgericht die Zwangsversteigerung an. Im Versteigerungstermin vom 26. November 2009 gaben die Streithelfer der Klägerin als Meistbietende ein Bargebot von 50.000 € ab. Eine Entscheidung über den Zuschlag erging bisher noch nicht, da die Beklagten ihre Zustimmung zu dessen Erteilung verweigern.
- 2
- Die von der Klägerin gegen die Beklagten erhobene Klage auf Zustimmung zur Erteilung des Zuschlags und auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten ist vor dem Amtsgericht erfolgreich gewesen. Das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.
II.
- 3
- Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klägerin als Gläubigerin des Zwangsversteigerungsverfahrens zur Geltendmachung des Anspruchs gemäß § 12 WEG auf Erteilung der Zustimmung berechtigt, ohne dass es einer vorherigen Pfändung und Überweisung des Zustimmungsanspruchs bedarf. Die Interessenlage sei die gleiche wie bei einem die Zwangsversteigerung eines Erbbaurechts betreibenden Gläubigers; für diesen sei höchstrichterlich entschieden , dass er berechtigt sei, den Anspruch auf Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts geltend zu machen. Die Klage sei auch begründet, da ein wichtiger Grund, der die Verweigerung der Zustimmung gemäß § 12 WEG rechtfertigen könnte, nicht vorliege.
III.
- 4
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 62 Abs. 2 WEG nicht statthaft , da es sich um eine Wohnungseigentumssache gemäß § 43 Nr. 1 WEG handelt.
- 5
- Bei der Geltendmachung des Zustimmungsanspruchs eines Wohnungseigentümers nach § 12 WEG gegen die übrigen Wohnungseigentümer liegt ei- ne Streitigkeit über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechten und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander vor (Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 12 Rn. 31; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, 3. Aufl., § 12 Rn. 152; Weitnauer/Lüke, WEG, 9. Aufl., § 12 Rn. 12). Der Annahme einer gemeinschaftsbezogenen Streitigkeit im Sinne von § 43 Nr. 1 WEG steht nicht entgegen, dass die Klage hier nicht von dem von der Zwangsversteigerung betroffenen Wohnungseigentümer, sondern von der Vollstreckungsgläubigerin erhoben wurde. Denn es kommt auf den Gegenstand der Streitigkeit und nicht darauf an, wer die Klage erhoben hat (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Juni 2012 - V ZB 56/12, NJW-RR 2012, 1359 Rn. 6).
- 6
- Demgemäß handelt es sich auch dann um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 1 WEG, wenn ein unter diese Vorschrift fallendes Recht von einem Rechtsnachfolger geltend gemacht wird (vgl. Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 43 Rn. 46). Gleiches gilt bei einem selbständigen Antragsrecht, wie es der Gläubigerin hier zusteht. Ebenso wie der die Zwangsversteigerung eines Erbbaurechts betreibende Gläubiger berechtigt ist, einen Anspruch aus § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbBauRG auf Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts geltend zu machen (Senat, Beschluss vom 26. Februar 1987 - V ZB 10/86, BGHZ 100, 107, 111 f.), ist - angesichts der Vergleichbarkeit der Lage - der die Zwangsversteigerung einer Eigentumswohnung betreibende Gläubiger befugt, den dem Wohnungseigentümer zustehenden Anspruch aus § 12 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 WEG auf Zustimmung selbständig auszuüben (Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 12 Rn. 41; Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl., § 12 WEG, Rn. 13; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, 3. Aufl., § 12 Rn. 76; Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 12 Rn. 11; BeckOK-WEG/Hogenschurz, Ed. 17, § 12 Rn. 37; Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 14. Aufl., Vor § 15 Rn. 74, 91). Der Gegenstand der Streitigkeit - der Anspruch auf Zustimmung zur Veräußerung gemäß § 12 Abs. 2 WEG - ändert sich dadurch nicht.
IV.
- 7
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Roth Brückner
AG Rosenheim, Entscheidung vom 25.01.2011 - 12 C 49/10 -
LG München I, Entscheidung vom 27.09.2012 - 36 S 2777/11 -
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(1) Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf.
(2) Die Zustimmung darf nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Durch Vereinbarung gemäß Absatz 1 kann dem Wohnungseigentümer darüber hinaus für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden.
(3) Ist eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 getroffen, so ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt ist. Einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung steht eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter gleich.
(4) Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung gemäß Absatz 1 aufgehoben wird. Ist ein Beschluss gemäß Satz 1 gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden. § 7 Absatz 2 gilt entsprechend.
(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.
(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für
- 1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander, - 2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern, - 3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie - 4.
Beschlussklagen gemäß § 44.
(1) Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf.
(2) Die Zustimmung darf nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Durch Vereinbarung gemäß Absatz 1 kann dem Wohnungseigentümer darüber hinaus für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden.
(3) Ist eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 getroffen, so ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt ist. Einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung steht eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter gleich.
(4) Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung gemäß Absatz 1 aufgehoben wird. Ist ein Beschluss gemäß Satz 1 gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden. § 7 Absatz 2 gilt entsprechend.
(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.
(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für
- 1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander, - 2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern, - 3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie - 4.
Beschlussklagen gemäß § 44.
(1) Ist anzunehmen, daß durch die Veräußerung (§ 5 Abs. 1) der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet wird, und daß die Persönlichkeit des Erwerbers Gewähr für eine ordnungsmäßige Erfüllung der sich aus dem Erbbaurechtsinhalt ergebenden Verpflichtungen bietet, so kann der Erbbauberechtigte verlangen, daß der Grundstückseigentümer die Zustimmung zur Veräußerung erteilt. Dem Erbbauberechtigten kann auch für weitere Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden.
(2) Ist eine Belastung (§ 5 Abs. 2) mit den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft vereinbar, und wird der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet, so kann der Erbbauberechtigte verlangen, daß der Grundstückseigentümer die Zustimmung zu der Belastung erteilt.
(3) Wird die Zustimmung des Grundstückseigentümers ohne ausreichenden Grund verweigert, so kann sie auf Antrag des Erbbauberechtigten durch das Amtsgericht ersetzt werden, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist. § 40 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1, 3 und 4 und § 63 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten entsprechend.
(1) Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf.
(2) Die Zustimmung darf nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Durch Vereinbarung gemäß Absatz 1 kann dem Wohnungseigentümer darüber hinaus für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden.
(3) Ist eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 getroffen, so ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt ist. Einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung steht eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter gleich.
(4) Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung gemäß Absatz 1 aufgehoben wird. Ist ein Beschluss gemäß Satz 1 gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden. § 7 Absatz 2 gilt entsprechend.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)