Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2015 - V ZR 153/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Zu Lasten des dem Beklagten gehörenden Grundstücks und zugunsten des im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücks besteht eine Grunddienstbarkeit („Recht zur Abstellung von Kraftfahrzeugen“), die im Oktober 1955 in das Grundbuch eingetragen worden ist. In einem Lageplan aus dem Jahr 1956 sind acht Stellplätze ausgewiesen. Nachdem der Beklagte sein Grundstück 2010 erworben hatte, entspann sich ein Streit der Parteien über die Grunddienstbarkeit und deren Wirksamkeit. In der Folge entfernte der Kläger Sträucher und Felsbrocken von der im Lageplan ausgewiesenen Fläche. Der Beklagte ließ seinerseits die Stellfläche aufhacken. Mit der Klage hat der Kläger die Wiederherstellung der Fläche durch Einwalzen und Einschlämmen des aufgehackten Erdreichs und des zutage getretenen Schotters begehrt. Der Beklagte hat widerklagend Zahlung von Schadensersatz wegen der Zerstörung der Bepflanzung verlangt. Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und sie lediglich in Bezug auf die Ausführungsweise der begehrten Wiederherstellung der Parkfläche teilweise abgewiesen. Die Widerklage hat es abgewiesen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Kammergericht den Beklagten verurteilt, auf der Hoffläche seines Grundstücks die dort bisher befindliche Parkfläche nach näherer, gegenüber der Entscheidung des Landgerichts leicht modifizierter Maßgabe in dem aufgebrochenen Streifen entlang der Grundstücksgrenze wiederherzustellen , allerdings nur auf einer Tiefe von vier Metern und einer Breite von 20 Metern. Die Stellplätze seien deshalb in der Tiefe um einen Meter zur Grundstücksgrenze hin zu verlegen, weil der Kläger den entlang der Grundstücksgrenze auf dem Grundstück des Beklagten befindlichen betonierten Fußweg als Parkfläche nutzen könne.
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- Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
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- Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig, weil er nicht dargelegt hat, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
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- 1. Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Der Wert einer Klage auf Unterlassung der Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit bestimmt sich, wenn der Umfang des Rechts streitig ist, nach § 7 ZPO; er ist nach § 3 ZPO zu schätzen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 18. September 2013 - V ZR 296/12, juris Rn. 5 und vom 12. Juli 2012 - V ZR 19/12, juris Rn. 4). Nichts anderes gilt für eine Beseitigungsklage oder eine Klage auf Wiederherstellung des früheren Zustands des mit der Grunddienstbarkeit belasteten Grundstücks, wenn die Parteien wie hier - jedenfalls auch - über die Reichweite der Grunddienstbarkeit streiten. Bei der Abweisung einer solchen Klage kommt es deshalb auf den Wert an, den die Grunddienstbarkeit für das herrschende Grundstück hat. Dieser entspricht dem Wert der vergeblich angestrebten Wertsteigerung dieses Grundstücks (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 7 Rn. 4; vgl. auch Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - V ZR 52/13, MDR 2014, 461 Rn. 6 und 8 zu einer Klage auf Duldung der Schaffung eines Notwegs ). Wird die Klage nicht vollständig abgewiesen, sondern lediglich der Ausübungsbereich gegenüber dem von dem Kläger beanspruchten Bereich eingeschränkt , ist der Wert entscheidend, den die Grunddienstbarkeit mit dem beanspruchten Ausübungsbereich abzüglich des Werts mit dem von dem Gericht festgelegten Ausübungsbereich für das Grundstück des Klägers hat. Hinzuzu- addieren ist gegebenenfalls ein zusätzliches, nach § 3 ZPO zu schätzendes Interesse des Klägers an der Beseitigung des beanstandeten bzw. der Wiederherstellung des bisherigen Zustands (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZR 19/12, juris Rn. 4 f.).
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- 2. Dass der Kläger infolge der teilweisen Abweisung seiner Klage durch das Berufungsgericht, insbesondere durch die Einschränkung des Ausübungsbereichs der Grunddienstbarkeit um einen Meter in der Tiefe auf einen Raum von vier Metern anstelle von fünf Metern mit mehr als 20.000 € beschwert ist, hat er nicht - wie geboten (siehe nur Senat, Beschluss vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, NJW 2002, 3180) - glaubhaft gemacht.
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- a) Dies gilt zunächst für seine Behauptung, er müsse einen Ausgleichsbetrag von mindestens 3.000 € pro Stellplatz und damit bei acht Stellplätzen insgesamt 24.000 € an eine Behörde zahlen, weil die Parkflächen aufgrund der Entscheidung des Berufungsgerichts überhaupt nicht mehr genutzt werden könnten und unbrauchbar geworden seien. Eine unterbliebene Werterhöhung des Grundstücks des Klägers um 24.000 € folgt hieraus nicht, weil nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Behauptungen des Klägers zutreffen. Er verweist zum Beleg dafür, dass durch das Vorrücken der Stellplatzfläche um die Breite des Gehweges die Fahrgasse in einem Umfang reduziert würde, dass ein Einparken auf der Stellplatzfläche ausgeschlossen werde, lediglich auf einen im Berufungsrechtzug vorgelegten Schriftsatz vom 14. März 2014 und eine diesem Schriftsatz beigefügte Skizze sowie einen Auszug aus der „Entwurfsleh- re Neufert“.Dies genügt vor dem Hintergrund, dass der Beklagte dieses Vorbringen im Schriftsatz vom 20. Mai 2014 unter Vorlage von Fotografien substantiiert bestritten hat, zur Glaubhaftmachung nicht. Auch die weitere Behauptung des Klägers, dass an eine Behörde mindestens 3.000 € pro Stellplatz zu zahlen seien, ist nicht näher belegt.
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- b) Da die Behauptung des Klägers, die Parkflächen könnten aufgrund der Beschränkung des Ausübungsbereichs durch das Berufungsgericht überhaupt nicht mehr genutzt werden, nicht tragfähig ist, lässt sich das Erreichen der Mindestbeschwer auch nicht mit seinem weiteren Vorbringen begründen, der Verkehrswert der Stellplatzflächen in der Gesamtgröße von 100 qm (8 x 2,50 m x 5,00 m) betrage 60.000 €. Vielmehr ist mangels gegenteiliger Glaubhaftmachung durch den Kläger davon auszugehen, dass er die Parkflächen unter Einbeziehung des Gehweges nutzen kann und er lediglich in dem Umfang beschwert ist, in dem das Berufungsgericht den Ausübungsbereich der Grunddienstbarkeit eingeschränkt hat und ihm deshalb eine entsprechende Erhöhung des Verkehrswerts des eigenen Grundstücks entgangen ist. Dass hierdurch die Zulässigkeitsgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO überschritten wird, ist weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden.
- 8
- 3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 565 und § 516 Abs. 3 ZPO analog. Die Verlustigkeitserklärung betreffend die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten folgt aus §§ 565, 516 Abs. 3 ZPO analog.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 19.10.2012 - 8 O 404/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.05.2014 - 25 U 46/12 -
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Der Wert einer Grunddienstbarkeit wird durch den Wert, den sie für das herrschende Grundstück hat, und wenn der Betrag, um den sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist, durch diesen Betrag bestimmt.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.
(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.
(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.
Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.
(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.
(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.