Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2015 - V ZR 107/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Senat hat mit Urteil vom 23. Januar 2015 unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils und Änderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage auf Zahlung von Zinsen auf einen Nachzahlungsbetrag abgewiesen, den die Beklagten auf Grund einer in einem im Dezember 1990 zur Abwendung einer Enteignung geschlossenen Kaufvertrag vereinbarten Preisangleichungsklausel schuldeten. Die Kläger sehen sich dadurch, dass der Senat die Sache nicht an das Berufungsgericht zurückverwiesen, sondern eine Endentscheidung nach § 563 Abs. 3 ZPO getroffen hat, in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt und haben eine Anhörungsrüge erhoben.
II.
- 2
- Die statthafte (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 321a Abs. 2 ZPO) Anhörungsrüge ist unbegründet.
- 3
- 1. Die Fortsetzung des Verfahrens nach § 321a Abs. 5 ZPO kann zwar auch dann beschlossen werden, wenn das Revisionsgericht die Rechtsfrage, ob die Sache nach § 563 Abs. 3 ZPO entscheidungsreif oder zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO) auf Grund der Anhörungsrüge anders als in seinem Urteil beurteilt. So liegt es hier aber nicht. Der Senat hält auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Anhörungsrüge an seiner im Urteil begründeten Rechtsauffassung fest, dass der Rechtsstreit für das Revisionsgericht nach § 563 Abs. 3 ZPO entscheidungsreif ist, wenn der eingeklagte Anspruch bei richtiger Rechtsanwendung - ohne weitere Aufklärung und Hinweise - bereits durch das Berufungsgericht hätte abgewiesen werden müssen (näher dazu im Urteil Rn. 26).
- 4
- 2. Die Kläger sind in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör auch nicht dadurch verletzt worden, dass der Senat - unabhängig von dem Vorstehenden - die Erheblichkeit des neuen Vorbringens der Kläger in der Revisionsinstanz geprüft und verneint hat.
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- a) Das Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gibt dem Revisionsbeklagten keinen Anspruch darauf, dass das Revisionsgericht sich einer rechtlichen Prüfung der Schlüssigkeit seines Vortrags enthält. Denn das Revisionsgericht hat nach § 563 Abs. 3 ZPO eine Endentscheidung zu treffen, wenn bei einer Zurückverweisung der Sache ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1978 - VI ZR 68/76, NJW 1978, 2031, 2032; Urteil vom 29. September 1993 - VIII ZR 107/93, NJWRR 1994, 175, 176). Vor diesem Hintergrund darf das Revisionsgericht den nach Hinweis auf seine von dem Berufungsgericht abweichende Rechtsauffassung erfolgten neuen Vortrag eines Klägers selbst daraufhin prüfen, ob der Mangel der Schlüssigkeit seiner Klage nunmehr behoben worden ist oder nicht.
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- b) Das Grundrecht der Kläger auf rechtliches Gehör ist nicht dadurch verletzt , dass der Senat die Erheblichkeit der neu vorgetragenen Indiztatsachen verneint hat. Bei einem Indizienbeweis darf und muss der Richter vor einer Beweiserhebung prüfen, ob der Indizienbeweis schlüssig ist, ob also die Gesamtheit der vorgetragenen Indizien - ihre Richtigkeit unterstellt - ihn von der Wahrheit der zu beweisenden Haupttatsache überzeugen würde (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 261; Urteil vom 25. November 1992 - XII ZR 179/91, NJW-RR 1993, 443, 444; Urteil vom 25. Oktober 2012 - I ZR 167/11, NJW-RR 2013, 743 Rn. 26). Die vor der Beweisaufnahme liegende Prüfung der Schlüssigkeit der Indizien ist Sache des Tatrichters, wenn der Indizienbeweis ihm angeboten wird; sie obliegt dem Revisionsgericht , wenn es - wie hier - über neuen Vortrag in der Revisionsinstanz zu befinden hat. Der Senat hat bei der Prüfung der Schlüssigkeit der Indizien nicht von den Klägern vorgetragene Umstände ausgeblendet, sondern diese im Hinblick auf den Vortrag zu den Vertragsverhandlungen und den dabei von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 eingenommenen Standpunkt (Rn. 19 des Revisionsurteils) für nicht erheblich erachtet.
Vorinstanzen:
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 09.09.2010 - 10 O 65/10 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 18.03.2013 - 18 U 40/10 -
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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.