Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2015 - V ZB 44/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Dezember 2015 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland, den Richter Dr. Kazele und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Betroffene hat in einem Abschiebungshaftverfahren durch seinen anwaltlichen Bevollmächtigten Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Rechtsbeschwerdebegründung ist der beteiligten Behörde am 13. April 2015 zugestellt worden. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2015 hat der Senat entschieden, dass die Haftanordnung des Amtsgerichts und die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben. Die Entscheidung ist der beteiligten Behörde am 26. Oktober 2015 zugestellt worden.
- 2
- Mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 hat die beteiligte Behörde beanstandet , es sei unverständlich, dass sie von dem Senat während des gesamten Verfahrens nicht um eine Stellungnahme gebeten worden sei; auch die beteiligte Behörde müsse in Rechtsbeschwerdeverfahren die Gelegenheit erhalten, sich zu äußern. Mit Schreiben vom 10. November 2015 hat sie zudem gerügt, dass der Senat nicht vorab auf seine in dem Beschluss vom 1. Oktober 2015 vertretene Rechtsauffassung hinsichtlich der Abschiebungsandrohung hingewiesen habe.
II.
- 3
- Das Schreiben der beteiligten Behörde vom 27. Oktober 2015 ist als Anhörungsrüge auszulegen. Diese ist statthaft (§ 44 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig (§ 44 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Sie ist jedoch unbegründet.
- 4
- 1. Indem der Senat die beteiligte Behörde nicht ausdrücklich aufgefordert hat, zu der ihr zugestellten Rechtsbeschwerdebegründung des Betroffenen Stellung zu nehmen, hat er deren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt. Dass die Stellung der eine Haftanordnung beantragende Behörde als Verfahrensbeteiligte (§ 7 Abs. 1 FamFG) das Recht einschließt , sich zu in den in dem gerichtlichen Verfahren eingereichten Schriftsätzen des Betroffenen zu äußern, ohne dass es hierzu einer ausdrücklichen gerichtlichen Aufforderung bedarf, muss einer mit Ausländer- und Abschiebungsangelegenheiten betrauten Kreisverwaltungsbehörde bekannt sein. Dass es sich im konkreten Fall anders verhielt und sich dies dem Senat hätte aufdrängen müssen, zeigt die beteiligte Behörde nicht auf.
- 5
- 2. Soweit die beteiligte Behörde die Auffassung vertritt, der Senat hätte vor seiner Entscheidung darauf hinweisen müssen, dass er die Abschiebungsandrohung aus rechtlichen Gründen nicht für ausreichend halte, kann die Anhörungsrüge hierauf nicht gestützt werden; denn die behauptete Verletzung der richterlichen Hinweispflicht ist erst nach Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 44 Abs. 2 FamFG gerügt worden. Ebenso wie die Nachholung der gemäß § 44 Abs. 2 Satz 4 FamFG erforderlichen Begründung außerhalb der Einlegungsfrist (§ 44 Abs. 2 Satz 1 FamFG) nicht möglich ist (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 33 Rn. 30), kann die Anhörungsrüge nach Ablauf der Einlegungsfrist nicht durch eine nachgeschobene Begründung auf eine weitere, neue Grundlage gestellt werden. Im Übrigen hätte die Rüge auch bei einer Berücksichtigung des Vorbringens keinen Erfolg. Die rechtliche Problematik hinsichtlich der Abschiebungsandrohung war in der Rechtsbeschwerdebegründung angesprochen worden; dort war beanstandet, dass sich die beteiligte Behörde auf eine Abschiebungsandrohung berufe, die durch die Rückkehr des Betroffenen in sein Heimatland längst erledigt gewesen sei. Eine Verpflichtung des Senats, den Beteiligten vorab mitzuteilen, wie die Einwände anderer Beteiligter rechtlich zu bewerten sind, besteht nicht.
Vorinstanzen:
AG Borken, Entscheidung vom 09.01.2015 - 42 XIV (B) 2/15 -
LG Münster, Entscheidung vom 06.02.2015 - 5 T 44/15 -
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(1) Auf die Rüge eines durch eine Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit der Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung an diesen Beteiligten kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch nicht anfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist.
(1) In Antragsverfahren ist der Antragsteller Beteiligter.
(2) Als Beteiligte sind hinzuzuziehen:
- 1.
diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird, - 2.
diejenigen, die auf Grund dieses oder eines anderen Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu beteiligen sind.
(3) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag weitere Personen als Beteiligte hinzuziehen, soweit dies in diesem oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist.
(4) Diejenigen, die auf ihren Antrag als Beteiligte zu dem Verfahren hinzuzuziehen sind oder hinzugezogen werden können, sind von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen, soweit sie dem Gericht bekannt sind. Sie sind über ihr Antragsrecht zu belehren.
(5) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, wenn es einem Antrag auf Hinzuziehung gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 nicht entspricht. Der Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(6) Wer anzuhören ist oder eine Auskunft zu erteilen hat, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.
(1) Auf die Rüge eines durch eine Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit der Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung an diesen Beteiligten kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch nicht anfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist.