Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Okt. 2009 - V ZB 37/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 90.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Die miteinander verheirateten Schuldner sind als Eigentümer des im Rubrum des Beschlusses bezeichneten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Grundstück ist mit einem Einfamilienhaus bebaut, in welchem die Schuldner wohnen.
- 2
- Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung des Grundstücks an. Im Versteigerungstermin blieb der Beteiligte zu 4 mit einem Gebot von 90.000 € Meistbietender. Durch Beschluss vom 28. Juli 2008 wurde ihm das Grundstück zugeschlagen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldner wurde mit am 21. November 2008 den Schuldnern zugestelltem Beschluss des Landgerichts vom 17. November 2008 zurückgewiesen.
- 3
- Mit Schriftsatz vom 24. November 2008 haben die Schuldner beantragt, die Anordnung der Zwangsversteigerung des Grundstücks gemäß § 765a ZPO aufzuheben, weil der Schuldner lebensbedrohlich erkrankt sei und das laufende Verfahren die Chancen seiner Heilung beeinträchtigen könne.
- 4
- Das Amtsgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen. Die sofortige Beschwerde der Schuldner hiergegen ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen sie ihren Antrag weiter.
II.
- 5
- Das Beschwerdegericht meint, die ernsthafte Gefährdung des Lebens des Schuldners könne im Zuschlagsverfahren zwar erstmals geltend gemacht werden und zur Aufhebung und Versagung des Zuschlags führen. Nach Eintritt der Rechtskraft des Zuschlags komme die Aufhebung des Versteigerungsverfahrens jedoch nicht mehr in Betracht.
III.
- 6
- Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 7
- Der Antrag der Schuldner ist auf eine Entscheidung gerichtet, die das Vollstreckungsgericht nicht treffen darf. Er ist unzulässig.
- 8
- Eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung kann nach § 765a Abs. 1 ZPO aufzuheben sein, wenn sie unter voller Würdigung der Schutzbedürfnisse des Gläubigers wegen besonderer Umstände für den Schuldner eine Härte bedeutet , die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Ob die Vorschrift es ermöglicht, ein angeordnetes Zwangsversteigerungsverfahren insgesamt aufzuheben, kann dahingestellt bleiben. Die beantragte Entscheidung müsste die Aufhebung des rechtskräftigen Beschlusses vom 28. Juli 2008 umfassen. Dies wäre nur möglich , wenn das Verfahrensrecht die Aufhebung zuließe. Daran fehlt es. Die Entscheidung über den Zuschlag ist der Rechtskraft fähig (BGH, Urt. v. 10. Oktober 1959, VII ZR 68/58, WM 1960, 25, 26; Urt. v. 15. Mai 1986, IX ZR 2/85, NJWRR 1986, 1115, 1116; Stöber, ZVG, 19. Aufl. § 81 Rdn. 9.1). Die Verkündung der Entscheidung hindert gemäß § 318 ZPO das Vollstreckungsgericht an einer Aufhebung. Ist die Entscheidung rechtskräftig geworden, scheidet ihre Aufhebung auch im Rechtsmittelverfahren aus.
- 9
- Der Zuschlagsbeschluss ist eine hoheitliche Maßnahme, die in der Person des Zuschlagsbegünstigten Eigentum schafft und das Recht, aus dem die Zwangsversteigerung betrieben wird, und die diesem nachgehenden Rechte als Rechte an dem Grundstück erlöschen lässt, §§ 52 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZVG. Einen Wegfall dieser Wirkungen nach Eintritt der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses sieht das Zwangsversteigerungsgesetz nicht vor. Sie würde eine Enteignung des Zuschlagbegünstigten bedeuten, für die es an einer Grundlage fehlt.
III.
- 10
- Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da sich die Beteiligten in einem Verfahren, in dem es um die Aufhebung des Zuschlags eines Grundstücks geht, in der Regel nicht als Parteien im Sinne von §§ 91 ff. ZPO gegenüberstehen (Senat, BGHZ 170, 378, 381 Rdn. 7). Der Gegenstandswert des Verfahrens ist gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG nach dem Meistgebot des Erstehers zu bestimmen. Krüger Klein Stresemann Roth Czub
AG Potsdam, Entscheidung vom 09.12.2008 - 2 K 4/07 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 18.02.2009 - 5 T 58/09 -
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(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.
(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.
(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.
(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.
(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.
Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.
(1) Ein Recht bleibt insoweit bestehen, als es bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt und nicht durch Zahlung zu decken ist. Im übrigen erlöschen die Rechte.
(2) Das Recht auf eine der in den §§ 912 bis 917 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Renten bleibt auch dann bestehen, wenn es bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt ist. Satz 1 ist entsprechend anzuwenden auf
- a)
den Erbbauzins, wenn nach § 9 Abs. 3 des Erbbaurechtsgesetzes das Bestehenbleiben des Erbbauzinses als Inhalt der Reallast vereinbart worden ist; - b)
Grunddienstbarkeiten und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, die auf dem Grundstück als Ganzem lasten, wenn in ein Wohnungseigentum mit dem Rang nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 vollstreckt wird und diesen kein anderes Recht der Rangklasse 4 vorgeht, aus dem die Versteigerung betrieben werden kann.
(1) Bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken sind die Gebühren für das Verfahren im Allgemeinen und für die Abhaltung des Versteigerungstermins nach dem gemäß § 74a Absatz 5 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung festgesetzten Wert zu berechnen. Ist ein solcher Wert nicht festgesetzt, ist der Einheitswert maßgebend. Weicht der Gegenstand des Verfahrens vom Gegenstand der Einheitsbewertung wesentlich ab oder hat sich der Wert infolge bestimmter Umstände, die nach dem Feststellungszeitpunkt des Einheitswerts eingetreten sind, wesentlich verändert oder ist ein Einheitswert noch nicht festgestellt, ist der nach den Grundsätzen der Einheitsbewertung geschätzte Wert maßgebend. Wird der Einheitswert nicht nachgewiesen, ist das Finanzamt um Auskunft über die Höhe des Einheitswerts zu ersuchen; § 30 der Abgabenordnung steht der Auskunft nicht entgegen.
(2) Die Gebühr für die Erteilung des Zuschlags bestimmt sich nach dem Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte zuzüglich des Betrags, in dessen Höhe der Ersteher nach § 114a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung als aus dem Grundstück befriedigt gilt. Im Fall der Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft vermindert sich der Wert nach Satz 1 um den Anteil des Erstehers an dem Gegenstand des Verfahrens; bei Gesamthandeigentum ist jeder Mitberechtigte wie ein Eigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils anzusehen.
(3) Die Gebühr für das Verteilungsverfahren bestimmt sich nach dem Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte. Der Erlös aus einer gesonderten Versteigerung oder sonstigen Verwertung (§ 65 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung) wird hinzugerechnet.
(4) Sind mehrere Gegenstände betroffen, ist der Gesamtwert maßgebend.
(5) Bei Zuschlägen an verschiedene Ersteher wird die Gebühr für die Erteilung des Zuschlags von jedem Ersteher nach dem Wert der auf ihn entfallenden Gegenstände erhoben. Eine Bietergemeinschaft gilt als ein Ersteher.