Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2016 - V ZB 31/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Dezember 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Weinland, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf
beschlossen:
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 21. Februar 2014 eine getroffene Unterbringungsanordnung „aus den im Beschluss vom 21. Januar 2014 weiter fortbestehenden Gründen aufrechterhalten“. Das Landgericht hat die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen. Dagegen wendet sich dieser mit der Rechtsbeschwerde.
II.
- 2
- Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
- 3
- 1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben. Das gilt auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 ZPO grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen hat, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Ausführungen des Beschwerdegerichts , die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im verfahrensrechtlichen Sinne. Sie begründen einen Verfahrensmangel , der von Amts wegen zu berücksichtigen ist und die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach sich zieht (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 3/12, juris Rn. 3 mit zahlreichen Nachweisen).
- 4
- So liegt es hier. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts unterliegt die gerichtliche Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Transitaufenthaltes des Betroffenen der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde. Gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG ist eine Rechtsbeschwerde in Freiheitsentziehungssachen ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringung oder die freiheitsentziehende Maßnahme anordnet. Hierzu zählt auch die Entscheidung, dass eine bereits getroffene Unterbringungsanordnung nicht beendet wird, sondern weiterhin aufrechterhalten bleibt. Auch einer solchen Entscheidung kommt eine unmittelbar freiheitsentziehende Wirkung zu (vgl. BT-Drs. 16/12717 S. 60). Daher durfte das Beschwerdegericht nicht von einer Wiedergabe des für seine Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes absehen.
- 5
- 2. Die Zurückverweisung gibt dem Beschwerdegericht Gelegenheit, sich mit der Rüge der Rechtsbeschwerde auseinanderzusetzen, dass das Beschleunigungsgebot verletzt sei, weil die beteiligte Behörde nach der Befragung des Betroffenen vom 8. Januar 2014 die Unterlagen erst am 15. Januar 2014 an die kamerunische Botschaft weitergeleitet habe (vgl. auch Senat, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - V ZB 28/15, juris Rn. 5 f.).
III.
- 6
- Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.
Haberkamp Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 21.02.2014 - 934 XIV 308/14 B -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 23.02.2015 - 2-29 T 52/14 -
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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.
(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.